Gestern Abend durfte ich die letzten paar Minuten der Festlichkeiten anlässlich des Mauerfalls bewundern. Schnell stellte sich heraus, dass es sich dabei nicht um eine Veranstaltung gesellschaftlicher Tragweite, sondern viel mehr um eine Mischung aus "Domino Day" und "Wetten dass" handelte, geschmückt mit einer Szenerie, die Disney nicht besser hätte hinbekommen können. Dazu ein Moderator, dessen Frisur man schmeicheln würde, behauptete man, sie sei so überholt wie der Trabant. Von seiner Art zu moderieren ganz zu schweigen.
Innerhalb von Sekunden überkam mich ein Gefühl des Fremdschams - meine Mitbewohnerin ist Französin-, das auch nicht weichen wollte, als ich pikiert hin und her zu zappen begann. Das ist also, wie "wir Deutsche" den Tag des Mauerfalls feiern? Ernüchternd.
Es ist dennoch interessant zu sehen, mit welcher Inbrunst versucht wird, das Damalige zu verdrängen und in Plüsch zu packen, damit es gut verdaulich über die Bildschirme flimmern und uns der Rest Europas wohlwollend auf die Schultern klopfen kann, während wir brav "aaah" und "oooh" schreien, wenn Dominosteine zu fallen beginnen. Dazu der ständige Hinweis, dass diese auch noch andernorts stehen. In Nordkorea z.B., oder Gaza. Das will erwähnt werden, so viel Zeit muss sein.
Wo aber - auch im Bezug auf die Mauern dieser Welt, ganz abgesehen von der immer noch existenten eigenen - blieben Würde und Haltung? Dieses Spektakel zeigte mitunter nur eins: Deutschland macht sich immer noch zu gern lächerlich, wenn es darum geht, die eigene, jüngere Geschichte zu verarbeiten. Und dies für meinen Geschmack etwas zu bereitwillig.
Wer das Niveau des Abends halten wollte, musste im Anschluss nur auf RTL umschalten. Dort lief "Bauer sucht Frau".
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