Blick in die Glaskugel

Medienwandel In den USA stirbt eine Zeitung nach der anderen, und auch hierzulande leiden die Print-Medien. Im Netz wird dafür um so energischer über die Zukunft der Medien diskutiert

Das SZ-Magazin hat sein ganzes Heft freigeräumt, um sich mit der aktuellen Medienkrise zu beschäftigen. Und ja, die Lage scheint dringlich. In den USA stirbt eine Traditionszeitung nach der anderen. Zuletzt konnte die Schließung des 137 Jahre alte Boston Globenur verhindert werden, indem die Gewerkschaften Einsparungen bei der Belegschaft in Höhe von 20 Millionen Dollar zustimmten. Medienexperten bezweifeln jedoch, dass dies den Globe dauerhaft retten kann. Die Obama-Regierung ließ unterdessen verlauten, dass man das amerikanische Zeitungssterben zwar "besorgniserregend und traurig" finde, aber anders als etwa in der Auto-Branche hier kein Hilfspaket schnürren könne.

Die Angst in deutschen Verlagen ist groß, dass die Entwicklung in den USA nur vorwegnimmt, was auch hierzulande bevorsteht - ein Strukturwandel, an dessen Ende Zeitungen, wie wir sie bisher kennen, nur noch im Museum zu besichtigen sind. Das SZ-Magazin hat deshalb von A wie Auflage bis Z wie Zwanzigjährige in Kurz-Beiträgen verschiedene Stimmen zur Krise der "klassischen Medien" zusammengetragen. (Wobei Stefan Niggemeier zu Recht darauf hinweist, dass man in München unter den "klassischen Medien" ganz selbstbezüglich nur die Zeitung meint.) Herausgekommen ist dennoch ein interessantes Kaleidoskop zum Medienwandel. Unter P wie Papier feiert Willi Winkler die Zeitungsberge in seiner Wohnung, die noch so viele ungelesene Schätze bergen könnten.

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Als nüchterne Antwort auf Winklers Loblied des Gedruckten kann man unter G wie Google den Ratschlag von Internet-Guru Jeff Jarvis lesen: "Jedes Zeitungshaus sollte sich einen Termin setzen, zu dem es seine Druckerpressen abstellt. Nicht weil ich gegen Printprodukte wäre, sondern weil es die Verantwortlichen zum Nachdenken zwingt: Worin besteht der eigentliche Mehrwert der Arbeit von Journalisten? Wie lässt sich dieser Mehrwert auf das Internet übertragen?"

Für viel Diskussionen im Netz haben bisher die provokanten Thesen von Felix Salmon geführt, der unter B wie Blog zehn Punkte aufgeführt hat, warum "Blogs in Deutschland nicht funktionieren". (Wobei Salmons Text sich im englischen Original mit der Frage beschäftigte, warum es in Deutschland keine Wirtschaftsblogger gibt, was man in der deutschen Übersetzung großzügig zu "Blogs in Deutschland" erweiterte.) Allerdings kommt Salmon bei seinen Erklärungen meist nicht über nationale Stereotypen hinaus ("Die Deutschen nehmen ihre Ferien extrem ernst. Der Blogger kennt keine Ferien."), weshalb manche deutsche Blogger wie etwa Stefan Niggemeier die Thesen für schlicht nicht satisfikationsfähig erklärten.

An der Diskussion um die Zukunft der Medien beteiligt sich auch der Spiegel in seiner aktuellen Print-Ausgabe. Der Freitag und der Guardian werden dort als Beispiele für die weitestgehende Verzahnung von Netz- und Printkultur angeführt. Allerdings bleibt man im Spiegel-Hochhaus eher skeptisch und sorgt sich um den guten Ruf: "Darin könnte eine Gefahr für den Profi-Journalismus liegen. Zeitungen genießen bei den Deutschen eine hohe Glaubwürdigkeit. Laut einer Umfrage von TNS Emnid vertrauen rund 60 Prozent der Bundesbürger der Tageszeitung. Internet-Beiträge dagegen finden nur gut 19 Prozent vertrauenswürdig. Wenn man beides miteinander mischt, dürfte das bald der eigenen Reputation schaden."

Die skeptische Haltung zeigt sich auch daran, dass man den Spiegel-Text noch nicht online lesen kann. Da ist man beim SZ-Magazin dann doch schon einen Schritt weiter im Umgang mit dem Netz. Alle Texte sind frei zugänglich - und als Stefan Niggemeier auf einen Fehler bei der Vorstellung von Blogger Felix Salmon hinwies, korrigierte man diesen online schnell. Für eine Korrektur in der Print-Ausgabe war es da allerdings schon zu spät.

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