Die Neupositionierung einer eingeführten Marke ist eine heikle Angelegenheit. Wenn man nicht aufpasst, kann man dabei mehr zerstören als gewinnen. So eine Operation wird ja immer dann unternommen, wenn das alte Image zwar bisher gute Dienste geleistet hat – sonst würde die Marke auch keiner kennen –, nun aber doch als zu bieder-verstaubt für die aufregende Gegenwart und die als immer noch viel aufregender vorgestellte Zukunft angesehen wird.
Was uns direkt zu Hillary Clinton und ihrem Kampagnenstart bringt. Für diesen habe sie – so konnte man lesen – zahlreiche Marketingfachleute verpflichtet, unter anderem von Coca-Cola. Was auf einige Kompetenz bei der schonenden Modernisierung eingeführter Produkte schließen lässt. Sich Knowhow einzukaufen ist ja auch nicht verwerflich, eher professionell. Womit wir aber bei Clintons Imageproblem wären: Sie ist die große Bekannte der US-Politik, die Frau, die immer schon da war – und die immer so hart arbeitete. Die alle Statistiken zur Krankenversicherung kannte, die die globalen Krisenherde im Schlaf aufsagen konnte und die Affären von Bill-I-did-not-have-sexual-relations-with-that-woman-Clinton einfach weglächelte. Kurz, sie gilt als unglaublich kompetent. Und als streberhaft-langweilig.
Das soll jetzt alles anders werden. Das sichtbarste Zeichen ihrer neuen Lässigkeit ist ihr schwarzweißes Kampagnenplakat. Man sieht sie darauf mit großer Sonnenbrille auf ihren Blackberry schauen. Dazu in Pink der dezente Hashtag #ready. Kein protziges #president, kein selbstbezügliches #hillary, nein, sie ist schlicht nur bereit.
Die Bildauswahl signalisiert, dass sie selbstbewusst auch modisch ihren ganz eigenen Stil pflegt (Brosche und Halskette ergeben in Kombination mit der Brille eine, nun ja, interessante Spannung). Zum anderen soll das Bild Clintons Selbstironie und Netzkompetenz zeigen. Denn bevor es auf Plakate gedruckt wurde, war es als Meme, als Internetwitz durch die sozialen Netzwerke gegangen. In immer neuen Kombinationen mit Fotos von Joe Biden, Meryl Streep oder Mark Zuckerberg, die auf ihre Smartphones tippten und Clinton fiktive Spaßnachrichten schrieben.
Wie die New York Times berichtet, hapert es aber noch mit dem Transfer des symbolischen Kapitals, das Clinton als coole Netzhipster-Oma online gewonnen hat, in die Offline-Welt. In einem Burrito-Laden, in dem sie zu Mittag aß, erkannte sie niemand. Weil sie die ganze Zeit ihre Sonnenbrille trug.
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