Darauf erstmal ein "Mythos"

Werbekritik Wie reagiert die griechische Werbung auf die Krise des Landes? Die "Mythos"-Brauerei versucht es mit Gute-Laune-Party-Spots. Ein bisschen Traumwelt muss schon sein

Wie wirbt man in der Krise? Die Frage stellen sich griechische Agenturen zurzeit wohl besonders vehement. Prinzipiell gibt es ja zwei Möglichkeiten: Entweder man nimmt die Krise in die Werbe-Erzählungen auf und begründet, warum trotz unsicherer Aussichten der Kauf dieses oder jenes Produkts unverzichtbar ist – oder man macht einfach weiter, als wäre nichts.

Für Letzteres hat sich die zweitgrößte Brauerei des Landes entschieden, deren Bier bescheiden "Mythos" heißt. Ein Spot der zur Carlsberg-Gruppe gehörenden Brauerei sticht mit besonders guter Laune heraus. In Griechenland-Klischee-Kulisse – eine überdachte Restaurant-Terrasse vor idyllischer Bucht mit blauem Meer – unterhält sich eine Gruppe von Freunden. Ein junger Mann verkündet stolz, er werde Vater. Es werde sicher ein hübscher Knabe und später ein begnadeter Fußballer. Ja, sein Sohn werde mal für den FC Barcelona kicken, sagt er noch, bevor eine junge Frau am Tisch einwirft: "Und wenn es ein Mädchen wird?" Stille. Bis ein bärtiger Mann anmerkt: "Dann geht er halt nicht nach Barcelona." Worauf alle lachend mit Bier anstoßen und eine Off-Stimme verspricht, wer Mythos trinke, habe keine Probleme.

Der Spot passt perfekt zum Klischee der feierwütigen Griechen. Von dieser Traumwelt auf die Wirklichkeit zu schließen, wäre aber in etwa so seriös, wie aus dem Kurs des Beck’s-Schiffs etwas über die Lage Deutschlands erfahren zu wollen. Und trotzdem erzählt der Spot auch etwas über die Krise: Er zeigt, wie hartnäckig Werbung ihr Reich des Eskapismus verteidigt.

Vielen Dank für die Übersetzung der Dialoge ins Deutsche an Ilias Iefas.

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