Take your Kids to Work!

Alltagskommentar Nicht nur Fußballprofis zeigen nach einem gewonnen EM-Finale ihren Kindern gern ihren Arbeitsplatz. Auch Diktatoren nehmen den Nachwuchs oft zur Arbeit mit
Kolja und Alexander Lukaschenko bei der Arbeit
Kolja und Alexander Lukaschenko bei der Arbeit

Foto: Nikolai Petrov / AFP / Getty Images

Kinder und Arbeitswelt – sie werden trotz einiger Eltern, die euphorisiert von ihrer Zeit im Home Office berichten, meist weiterhin als sich gegenseitig ausschließende Sphären gedacht. Aufgebrochen wird die Trennung höchstens einmal, wenn dazu aufgerufen wird, einen Tag lang die Kleinen mit an den Arbeitsplatz zu bringen. Es gehe darum, ihnen zu zeigen, was sie später alles werden könnten, heißt es zur Begründung. Der Take-our-Sons-and-Daughters-to-Work-Day findet in den USA traditionell im April statt, kann aber natürlich auch zu anderen Jahreszeiten nachgeholt werden.

Die Spieler der spanischen Fußballnationalmannschaft nutzten etwa den vergangenen Sonntag, um nach dem 4:0-Triumph gegen Italien ihrem Nachwuchs ihren Arbeitsplatz, zufällig das Spielfeld eines vollbesetzten EM-Stadions, zu präsentieren. Die Fernsehkameras zeigten Papa Torres, der eben noch wild entschlossen auf den italienischen Keeper zugestürmt war. Nun erklärte er in aller Seelenruhe Tochter und Sohn, beide in Miniatur-Nationaltrikots, den Aufbau eines Fußballtors aus der Nähe.

In der Paradeuniform

Aber nicht nur Sportler lassen sich gern vom Nachwuchs begleiten. So berichtete die Süddeutsche Zeitung kürzlich, dass der weißrussische Alleinherrscher Alexander Lukaschenko bei vielen dienstlichen Anlässen nur noch zusammen mit seinem siebenjährigen Sohn Kolja auftritt. Was dem Fußballerkind dabei das Nationaltrikot ist, ist dem Präsidentensohn die Paradeuniform. In einer solchen nimmt Kolja neben seinem Vater schon mal eine Militärparade ab, bevor Papa und Sohn zu diplomatischen Gesprächen mit anderen Präsidenten abreisen.

Der Gedanke dahinter, die Kinder möglichst früh in die eigene Arbeitswelt einzuführen, ist jedoch immer derselbe: Sie sollen in die Fußstapfen der Eltern treten, als eine jüngere Kopie des eigenen Ichs das „Werk“ fortführen. Je früher sie darauf vorbereitet werden, so offenbar die Meinung mancher Eltern, desto besser.

Dass das selten gut geht, wurde oft beschrieben. In den Buddenbrooks erzählte Thomas Mann in epischer Länge, was alles schiefgehen kann, wenn die Kinder die Geschäfte der Eltern übernehmen. Mann begründete auf der Geschichte vom Verfall einer Lübecker Kaufmannsdynastie seine literarische Karriere. Und dabei hatte er das Buch nur geschrieben, weil er nicht wie sein Vater Kaufmann werden wollte. So gesehen gibt es durchaus Hoffnung für Kolja Lukaschenko.

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