Zlatanieren und steinbrücken

Alltagskommentar Die Schweden nehmen "zlatanieren" zu Ehren von Zlatan Ibrahimovic in ihren Wortschatz auf. Welche Namensverben fehlen uns noch im Deutschen?
Hat jetzt sein eigenes Verb: Schwedens Fußballstar Zlatan Ibrahimovic
Hat jetzt sein eigenes Verb: Schwedens Fußballstar Zlatan Ibrahimovic

Foto: Guiseppe Cacace/AFP

Die schwedische Sprache, die für deutsche Ohren nicht wenige eigentümliche Laute und Worte aufweist, ist seit vergangener Woche um ein Verb reicher. Zu Ehren des Fußballstars Zlatan Ibrahimovic wurde „zlatanera“, auf Deutsch wohl „zlatanieren“, ins Wörterbuch aufgenommen. Es stehe für „etwas mit Kraft dominieren“, teilte die schwedische Sprachakademie mit. Einspruch gab es keinen. Spätestens seit seinem 30-Meter-Fallrückzieher-Treffer gegen England im November, den Sportjournalisten als Jahrhunderttor feierten, genießt Ibrahimovic in Schweden einen gottgleichen Status – und wie, bitte, soll man seine Dominanz anders ausdrücken, als durch ein eigenes Wort?

Die Tradition, aus einem Namen ein neues Verb zu bilden, hat aber nicht immer zu positiv besetzten Begriffen geführt. Der Arzt Joseph-Ignace Guillotine fällt einem ein. Er wollte während der Französischen Revolution Hinrichtungen „humanisieren“ und propagierte ein Gerät, an dessen Weiterentwicklung er beteiligt war, das er aber nicht erfand. Dass das „Guillotinieren“ das Töten beschleunigte, führte allerdings nicht gerade zum zurückhaltenden Einsatz der Todesstrafe. Guillotine selbst litt unter der Verwendung seines Namens für Hinrichtungen, seine Nachfahren änderten ihren Nachnamen.

Die doppelte Bedeutung von "hartzen"

Nicht ganz so tragisch, aber ebenfalls negativ belegt sind viele Wortschöpfungen, die im deutschen Sprachraum Namen zu Verben machen. Vor allem Agenda-2010-Protagonisten liegen hier vokabeltechnisch vorn. Walter Riester schenkte der Versicherungsbranche das „Riestern“. Peter Hartz lieh seinen Nachnamen durchnummerierten Reformen. Heute findet man im Duden unter „hartzen“ die Bedeutung „von Hartz IV leben“, allerdings auch den Hinweis, dass das Wort im übertragenen Sinne bedeuten könne, nichts gebacken zu kriegen. (Duden-Beispiel: „Gestern Abend war ich nur am Hartzen.“)

Die Gesellschaft für deutsche Sprache bemerkt, dass mit Politikernamen bisher ausschließlich Negatives bezeichnet wird und nennt: „guttbergen“ fürs Plagiieren, „schrödern“ für rüpelhaftes Auftreten und „merkeln“ für besonders zögerliches Verhalten. So lange kein deutscher Fußballer ein Jahrhunderttor schießt, wird sich an diesem Negativdrall wohl auch nichts ändern. Welches Verb 2013 den deutschen Wortschatz bereichern wird? Eine nicht ganz so gewagte Prognose lautet: Wir werden bald von „steinbrücken“ sprechen, wenn wir jemandem begegnen, der immer wieder laut darüber klagt, dass er einfach zu wenig verdient.

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