Machtkampf in Washington vertagt

US-Haushaltesstreit Die vorläufige Einigung im US-Haushaltsstreit hat den Konflikt nur vertagt. Dahinter steckt eine Krise des amerikanischen Parteiensystems.

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In letzter Minute wurde Zahlungsunfähigkeit vermieden. In der Zeit des Machtkampfs gingen nicht nur Regierungsangestellten das Geld aus. Auch viele Bürger waren betroffen: Zum Beispiel mußten Bundesprogramme für benachteiligte Schüler ihre Zahlungen einstellen. Die Republikaner klammerten sich an ihre letzte Trumpfkarte um das neue Krankenversicherungsgesetz zu verhindern: die Zahlungsfähigkeit der USA. Doch außer ein paar kleinen Korrekturen der Krankenversicherung sind die Ergebnisse minimal. Man kann aber nicht von einem Sieg Obamas sprechen, denn die tiefe Krise des amerikanischen Parteiensystems bleibt ungelöst. Wie kann es sein, daß in einer der ältesten Demokratien der Welt, die Bereitschaft zum politischen Konsens völlig abhanden gekommen ist? Ein Faktor ist sicherlich, daß Ende der klassischen Volksparteien. Die Republikaner in ihrer neuen Form sind keine Partei mehr die von allen Teilen der Bevölkerung gewählt wird. Sie wird einerseits stark von den Besserverdienenden gewählt , hat eine zweite starke Basis. Der weiße amerikanische Facharbeiter, dagegen meiden Latinos und Schwarze diese Partei. Die Bevölkerungsgruppe der weißen Facharbeiter wurde stark von der Wirtschaftskrise getroffen. Verschuldung und Arbeitslosigkeit haben Teile dieser Bevölkerung radikalisiert und in Angst versetzt. Die Republikaner nehmen sich dieser Ängste an. Sie schüren Vorbehalte gegen Einwanderer und die Bevormundung durch die Regierung in Washington. Dabei wird wunderbar vereinfacht. Schuld an allem ist der zu große, bevormundende Staat der Steuersenkungen verhindert. Während die Republikaner den halben Sozialstaat den Sparanstrengungen Opfern wollen, sollen die gigantischen Rüstungsprogramme unberührt bleiben. Das macht ihre Sparpolitik wenig glaubwürdig. Demokraten mit ihrem starken Zuspruch bei Einwanderern sind die willkommene Zielscheibe. Während in vielen Demokratien, solche Politikansätze als Populismus entlarvt werden würden, verhallt die Empörung in den USA. Der Grund ist eine zunehmende Verflachungen der journalistischen Berichterstattung. Viele Amerikaner auf dem Lande lesen keine Tageszeitungen mehr. Wichtige Informationskanal sind die extrem konservativen FOX-News. Besonders für viele Anhänger der Tea-Party Bewegung sind dieser Nachrichtenkanal die einzige Informationsquelle. In anderen Ländern würde der Druck der Medien und der Öffentlichkeit die Abgeordneten zum Einlenken zwingen. Doch in den USA gelingt es den Medien nicht die Bereitschaft der Parteien zu Konsens und Kompromiß zu fördern. Wenn die Parteien dazu nicht in der Lage sind, wäre doch die Verbände gefragt. In Deutschland hätten in solch einer Debatte die Gewerkschaften einen großen Einfluß. Deren Stimme hört man kaum im Kampf der Parteien. Schön wäre es, wenn die Krise zu einem Weckruf der amerikanischen Zivilgesellschaft wird.

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Geschrieben von

jan Stephan

Mich interessiert Arbeitsmarkt, Außenpolitik und die Bundeswehr. Doch ich schreibe auch gerne über Film und Fernsehen

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