Krise, welche Krise?

Buchmarkt Die Verleger von morgen haben keine Angst vor der Zukunft. Über eine neue Generation von Büchermachern
Ausgabe 11/2013

Man kann den Kollegen in den Buchverlagen jetzt die Hand reichen: Nachdem es in den vergangenen Jahren nur um die Zeitungskrise ging, wurde durch die Amazon-Affäre nun einer breiteren Öffentlichkeit kurz vor Beginn der Leipziger Buchmesse klar: Auch die deutsche Verlagsbranche ist in der Krise. Die Umsätze gehen zurück. Große Buchhandelsfilialen müssen schließen, weil Vertrieb und Verkauf ins Internet abgewandert sind. Bei den Printmedien war es seinerzeit das Anzeigengeschäft.

Parallel zu dieser technologischen Entwicklung aber vollzieht sich in den Verlagshäusern gerade ein Generationswechsel, der hoffen lässt. Jüngere Verleger übernehmen in wichtigen Häusern die Verantwortung. Und ergreifen, ja, das klingt abgedroschen, in der Krise ihre Chance.

Die 41-jährige Birgit Schmitz leitet seit dem Jahr 2011 den Berlin Verlag. Und erzählt ohne Bedenken, schon seit fünf Jahren Texte nur noch am E-Reader zu lesen. So ein Satz aus dem Mund einer Ulla Berkéwicz: unvorstellbar. Der 44-jährige Jo Lendle wird ab kommendem Jahr Chef des bedeutenden Hanser Verlages sein. Das Internet werde den Lesern eine völlig neue Orientierung schaffen und den gut informierten Buchhändler um die Ecke wenn nicht gleich ersetzen, so doch ergänzen. Warum auch nicht? „Man muss nicht ständig über die sozialen Netzwerke reden, sondern einfach mal darin leben,“ sagt Lendle. Sein Vorgänger Michael Krüger hatte im Spiegel gerade geklagt, dass „die schöne Zeit des Verlegens irgendwie vorbei“ ist.

Und Tom Kraushaar, 37, der seit mehr als fünf Jahren Klett-Cotta vorsteht, konnte den Umsatz des Verlages im Vergleich zum Vorjahr um sagenhafte 66 Prozent steigern. Mit kapitalismuskritischen Büchern von David Graeber und John Lanchester wohlgemerkt! Kraushaar aber legt dennoch Wert darauf, dass Markt und Bücher keine Gegensätze sind. Im Gegenteil, nur ein „gut funktionierendes Unternehmen kann auch gute Literatur machen und nicht umgekehrt“, sagt er. Auch bei diesem Satz muss man wieder an Suhrkamp denken und das Gebahren seiner Autoren in den letzten Wochen. War Hans Barlach, der Miteigentümer, in deren Augen nicht zu einer Heuschrecke mutiert?

Also, die neuen Verleger haben mit Kulturkritik, Elfenbeinturm und verstaubter Leseecke nichts im Sinn. Sie sind realistisch und pragmatisch. Und bleiben dennoch Romantiker. Denn Schmitz, Lendle und Kraushaar sagen auch, dass die Autoren und deren Kreativität noch immer das Wichtigste sei. Egal, in welchem Format deren Texte in Zukunft gelesen werden. „Ich arbeite nicht für die Papeterie, sondern für die Autoren, für Texte, für Geschichten“, sagt Jo Lendle.

Zurück zu den Zeitungen: Hier wird ja inzwischen viel mit neuen Formen des Konzeptjournalismus experimentiert. Karten, Infografiken, überraschend aussehende Layouts werden immer mehr zu festen Bestandteilen. Natürlich reagieren die Redaktionen damit auf das gefräßige Internet, in dem Texte bisher oft einfach nur Texte sind. Die Zeitung hingegen muss ein anderes, neues Lesegefühl vermitteln, eher Gesamtkunstwerk sein. Bei den Büchern passiert das im Moment auch, erzählt Birgit Schmitz. Mehrfarbig gedruckte Bücher, aufwendige Typografien, ebenfalls Infografiken, damit experimentieren junge Autoren, damit spielt die visuelle Generation. Und stärkt überraschenderweise das alte Medium Buch. Denn all das lässt sich im E-Book nicht umsetzen. Noch nicht.

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