Ein Jahr #IchbinArmutsbetroffen: Arm, sichtbar, stolz

Meinung Vor einem Jahr ermutigte der Hashtag #IchbinArmutsbetroffen unsere Autorin Janina Lütt, über ihre Armut zu sprechen. Sie hat Mut gewonnen und Scham verloren, sagt sie – und spricht über das, was ihr in der Debatte fehlt
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 18/2023
Durch Inflation und gestiegene Lebensmittelpreise sind in Deutschland immer mehr Menschen von Armut betroffen
Durch Inflation und gestiegene Lebensmittelpreise sind in Deutschland immer mehr Menschen von Armut betroffen

Foto: Ina Fassbender/AFP via Getty Images

Mein Name ist Janina Lütt, ich bin 46 Jahre alt, alleinerziehende Mutter, und ich bin armutsbetroffen. Solch einen Satz hätten Sie vor dem 17. Mai 2022 von mir nicht gelesen. Ich gehöre zu den armen Menschen in Deutschland, aber habe mich für meine lange Armut geschämt. Dann kam der Hashtag #IchBinArmutsbetroffen.

An jenem Maitag vor nun einem Jahr schrieb eine alleinerziehende Mutter aus Nordrhein-Westfalen einen Tweet über ihre Not im Leben mit Hartz IV. Er ging viral. Nur fünf Tage später zeigte auch ich Gesicht im Netz. Ich postete ein Foto von mir und schrieb: „Ich bin chronisch krank, alleinerziehend und seit gut 23 Jahren ‚arm‘. Ich habe Abitur und eine abgeschlossene Berufsausbildung. Armut hat viele Gesichter. Ich bin eins d