Achtung Fake-Profil: Betrüger wollen mit meinen Namen Geld verdienen

Armutsbetroffen Ein betrügerischer Twitter-Account mit dem Namen unserer Autorin versucht, sich Geld zu erschleichen
Betrüger versuchen, mit gefälschten Twitter-Accounts Geld zu verdienen
Betrüger versuchen, mit gefälschten Twitter-Accounts Geld zu verdienen

Foto: Imago/Photothek

Eine richtig dreiste Geschichte ist mir passiert. Ich bin seit 2018 auf Twitter und twittere seit Mai 2022 unter Nini Klein über Armut, Depressionen und meinen Lebensalltag. Da ich auch außerhalb des Netzes aktiv bin, hat sich meine Followerzahl stark erhöht. Mittlerweile folgen mir 1.250 Menschen. Damit bin ich ein größerer Account. Am Montagnachmittag kam ich von einer Schulveranstaltung nach Hause und schaute noch einmal auf Twitter. Jemand hatte mir eine persönliche Nachricht geschrieben und einen Screenshot angehängt.

Darauf war das Profilfoto von meinem Account und mein Name zu sehen, mit folgendem Text: „Ja, jeder Beitrag hilft. Vielen Dank für Ihre Großzügigkeit. Hier ist meine Adresse“: Angefügt war eine Paypal-Adresse. Ich hatte diesen Tweet nicht geschrieben und auch die aufmerksame Followerin, die mir das geschickt hatte, schrieb dazu: „ACHTUNG! Direkter Zweitaccount! Das bist nicht du!“

Ironischerweise kann eine Depression ganz hilfreich sein, um Schocknachrichten zu verkraften. Ich habe mein Profilbild sofort mit einem neuen Foto von mir ausgewechselt und einen Tweet in meinem Originalaccount verfasst: „ACHTUNG! BETRÜGER! Irgendein Honk geht in meinem Namen Geld einkassieren. Bitte den melden. Das bin nicht ich. Ich würde nie eine Paypaladresse öffentlich stellen! Bitte Retweet Danke Nini“

Es war gar nicht leicht, den Fake-Account ausfindig zu machen, da ich natürlich geblockt war, um nicht sehen zu können, was die Person schreibt. Ich habe erst mal Fotos gemacht und das Profil wegen Identitätsdiebstahl und Spendenbetrug bei Twitter gemeldet. Dann hieß es, warten.

Der Vater meiner Tochter war stinkwütend: „Du musst das anzeigen. Identitätsdiebstahl in Deutschland ist strafrechtlich relevant.“ Je nachdem wie es mir gesundheitlich geht, werde ich damit noch zur Polizei gehen müssen. Ich hoffe, dort auf Verständnis zu stoßen. Das letzte Mal als ich eine Anzeige aufgeben habe, hat mich das zwei Besuche bei der Polizei gebraucht, weil man mir nicht glauben wollte und ich ausgelacht wurde. Sexismus ist ein echtes Problem bei diesem Beamten gewesen. Daher meine Unsicherheit.

Viel Solidarität erfahre ich durch meine Follower/innen (m/w/d), die das Fake-Profil auch melden und blocken. Der Vorteil eines größeren Accounts ist die Reichweite. Solche Nachrichten verbreiten sich sehr schnell, besonders wenn es um Betrug geht. Niemand möchte, dass jemand anderes finanziellen und emotionalen Schaden nimmt. Ich weiß das sehr zu schätzen, dass es nicht nur schlechte, sondern vor allem gute Menschen auf Twitter gibt. Soziale Medien haben immer Vor- und Nachteile. Trotz dieses Vorfalls überwiegen bei mir die Vorteile: Solidarität, schnelle Hilfe und Informationsbeschaffung und Vernetzung.

Dass jemand in meinem Namen Geld verdienen wollte, hat mich nicht überrascht, zumal von der gleichen Masche wohl auch schon andere Accounts von #IchbinArmutsbetroffen betroffen waren und man im Internet immer damit rechnen muss, dass irgendein Troll irgendwas gegen dich macht. Es ist besser, ein dickeres Fell zu haben. Ich fühle mich jetzt erst recht unterstützt dank der Welle der Hilfsbreitschaft zum Blocken und Entfernen des Fake-Profils. Und ganz ehrlich, ich bin froh, dass es nur ein Fake-Account ist und keine persönliche Nachricht in meinem Messenger, die da lautet: „(Bitte) bring dich um, dann liegst du dem Staat nicht mehr auf der Tasche!“ Oder „Bring dein/e Kind/er ins Heim, da sind die besser aufgehoben, als bei einer Person, die arm ist und sie nicht ernähren kann.“ Ich habe ähnliches schon mehrmals unter #IchbinArmustbtroffen gelesen.

In den sozialen Medien tun sich manchmal menschliche Abgründe auf, gerade in Bezug auf Minderheiten. Wenn die Bürgergelddebatte schon menschenverachtend war, dann kann ich ihnen sagen, die Menschen, die ihren Hass über Arme ausschütten, sind in den sozialen Medien viel schlimmer! Egal welcher Shitstorm auf #IchbinArmustbtroffen niederregnet. Wir bleiben und wir bleiben laut.

Janina Lütt ist armutsbetroffen, sie bestreitet ihr Leben für sich und ihre Tochter mit Erwerbsminderungsrente auf Bürgergeld-Niveau. In ihrer Kolumne berichtet sie über den Alltag mit zu wenig Geld, über die Sozialpolitik aus der Perspektive von unten, über den Umgang mit ihrer Depression und über das Empowerment durch das Netzwerk #ichbinarmutsbetroffen

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Geschrieben von

Janina Lütt

Kolumnistin

Janina Lütt ist armutsbetroffen, sie bestreitet ihre Leben für sich und ihre Tochter mit Erwerbsminderungsrente auf Bürgergeld-Niveau. In ihrer regelmäßigen Kolumne auf freitag.de berichtet sie über den Alltag mit zu wenig Geld, über die Sozialpolitik aus der Perspektive von unten, über den Umgang mit ihrer Depression und über das Empowerment durch das Netzwerk #ichbinarmutsbetroffen: @armutsbetroffen

Janina Lütt

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