"Da war der reflektierte Nichtwähler am Werk"

Im Gespräch Dem Politologen Emanuel Richter macht die niedrige Wahlbeteiligung bei der Europawahl keine Angst. Sie sei kein Zeichen von Demokratiemüdigkeit
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Der Freitag: Herr Richter, haben Sie gestern gewählt?

Emanuel Richter: Selbstverständlich. Wenn der Politologe nicht wählen geht, sieht es düster aus. Der Andrang in meinem Heimatort in Südhessen war allerdings sehr mau.

Die Wahlbeteiligung war so niedrig wie nie. Nur rund 43 Prozent der Wahlberechtigten haben in Deutschland und Europa Ihre Stimme abgegeben. Was ist das Problem: Europaverdrossenheit oder Demokratiemüdigkeit?

Weder das eine, noch das andere. Erstens gibt es ein Strukturproblem: Wir haben überall sinkende Wahlbeteiligung, nicht nur bei Europawahlen. Dieses Strukturproblem weist auf Defizite hin. Die Leute wissen nicht genau, wen sie wählen, es gibt keine richtigen Alternativen, es gibt keine scharfe Trennlinie zwischen Regierung und Oppos