Althaus spielt mit Bild

Wahlkampf Skifahrer und Wahlkämpfer Dieter Althaus gibt der "Bild"-Zeitung das erste Interview seit dem Unfall und eröffnet damit den Wahlkampf. Aber wird seine Rechnung aufgehen?

Dieter Althaus ist wieder da und Dieter Althaus kehrt zurück. Diese elliptische Formulierung fand der CDU Politiker Bernhard Vogel am vergangenen Wochenende für den Thüringischen Ministerpräsidenten, als dieser in Abwesenheit zum Spitzenkandidaten seiner Partei für die kommende Landtagswahl gewählt wurde. Vogel hatte Recht. Und wie.

Althaus hat der Bild-Zeitung ein langes Interview gegeben, das die Opposition in Wut und Teile der eigenen Partei in Ratlosigkeit versetzt. Noch am Bodensee, wo er sich von jenem Skiunfall erholt, bei dem am Neujahrstag eine Frau getötet wurde, hat Althaus Bild-Chef Kai Diekmann empfangen und mit ihm, buchstäblich, über Gott und die Welt geredet.

Althaus gibt einige sonderbare Sätze von sich: "Ich brauche deutlich weniger Medikamente" und "Auch die Therapie schlägt hervorragend an", die angesichts der Belastungen eines Spitzenpolitikers nicht eben Mut für die Zukunft machen. Und er gibt auch Sätze von sich, die ein - gelinde gesagt - schales Gefühl zurücklassen. Nach der Toten gefragt sagt Althaus: " Ich glaube, Schuld ist nicht die richtige Kategorie, um ein solch tragisches Unglück zu bewerten. Ich fühle mich aber verantwortlich. ... Es gibt einfach nichts in der Zeit vor dem Unfall, womit ich das Unglück hätte verhindern können. .... Natürlich war ich zutiefst traurig und entsetzt, dass infolge des Unfalls eine junge Frau starb. Deshalb war für mich von Anfang an klar: Ich stehe zu dem, was geschehen ist - auch jenseits aller Schuldfragen. Und unabhängig davon, dass ich keine Erinnerung daran habe." Heribert Prantl hat dazu in der Süddeutschen geschrieben, dass Schuld durchaus die Kategorie sei, mit der Althaus Tat zu messen sei: "Ohne Schuld gibt es keine Strafe. Das folgt aus den rechtlichen Kategorien. Die rechtliche Kategorie ist auch für einen amtierenden Ministerpräsidenten die richtige Kategorie."

Für Bild ist dieses Gespräch ohne Zweifel ein Scoop. Diekmann hat darüber am vergangenen Sonntag in der Bild am Sonntag berichtet, am Montag erschien der erste Teil des Interviews in Bild, am Dienstag der zweite. Für Althaus ist es offenbar der Versuch, Zweifel über seinen Gesundheitszustand auszuräumen und das Heft des Handelns in die Hand zu nehmen. Die Bild-Zeitung ist nun sein erklärter Verbündeter. Indem er sich ihr offenbarte hat er, wie so viele andere Prominente vor ihm, gleichsam einen Pakt mir ihr geschlossen. Der stramme Kommentator Hugo Müller Vogg besiegelte das öffentlich mit der Feststellung: "Inzwischen wissen wir, dass der CDU-Politiker bald wieder Thüringen regieren wird."

Linkspartei und SPD werfen Althaus nun vor, seinen Unfall zum Wahlkampfthema zu machen. Links-Kandidat Bodo Ramelow sagte: "Es trägt den Charakter einer Operette, wenn wir jetzt täglich Meldungen über den Genesungsprozess von Herrn Althaus bekommen" und lenke von den politischen Fragen des Wahlkampfes ab. Thüringens SPD-Chef Christoph Matschie schimpft: "Entweder ist er krank, dann muss er sich zurückhalten. Oder er ist es nicht mehr, dann muss er die Regierungsgeschäfte wieder aufnehmen."

Aber natürlich sind das auch Aussagen aus dem Wahlkampf. Und natürlich ist die Vorstellung irrig, dieser Unfall hätte in den kommenden Wochen keine öffentliche Rolle spielen können. Althaus hat mit seinen Bild-Veröffentlichungen den Wahlkampf selber eröffnet. Und er geht dabei hohes Risiko ein. Wird seine Rechnung aufgehen?




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Geschrieben von

Jakob Augstein

Journalist und Gärtner in Berlin

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