Des Sommers letzte Rose

Koch oder Gärtner? Diese Woche erklärt der Gärtner Jakob Augstein, wieso der Katalog der Firma Albrecht Hoch unverzichtbar ist, und warum man die Zwiebeln ruhig dutzendweise verbuddeln soll

Liebe Gartenfreunde, vor wenigen Tagen fand ich in meinem Briefkasten den neuen Zwiebelkatalog der Firma Albrecht Hoch, Berlin. Im regelmäßigen, dem Verlauf der Jahreszeiten folgenden Gang des gärtnerischen ­Lebens, ist dies immer wieder ein besonderer Moment. Er erinnert mitten im Sommer an den Herbst. Daran, dass die Tage ­wieder kürzer werden. Dass auch dieses Jahr zu Ende gehen wird. Kurz: Der Katalog der Firma ­Albrecht Hoch, Berlin, versetzt den Empfänger in melancholische Stimmung, ähnlich der aus Hebbels Gedicht: Ich sah des Sommers letzte Rose stehen / Sie war, als ob sie bluten könne, rot; / Da sprach ich schaudernd im Vorübergehen: / So weit im ­Leben, ist zu nah am Tod!

Das war offenbar vor der Zeit der zuverlässig remontierenden Rosen. Die blühen nämlich heute einfach immer weiter, bis in den November und Dezember hinein und hören eigentlich erst auf, wenn der Frost des Januars ihnen wirklich den Garaus macht.

Andererseits macht der Katalog der Firma Albrecht Hoch, Berlin, Mut fürs neue Jahr. Den kann man brauchen. (Übrigens – das hier ist keine Schleichwerbung. Hoch ist ohne Zweifel eines der besten Zwiebelgeschäfte im Land, und Rabatt habe ich weder bekommen noch verlangt.)

Also, die Zwiebelpflanzen, Sie ­erinnern sich, stammen aus den trockenen Steppen Zentralasiens, wurden 1593 nach Holland ­gebracht und trieben hier reiche Blüte: Sie erfreuten sich bald großer Beliebtheit bei den Bürgersleuten in Holland und darüber hinaus und gaben bald gleich ein Lehrbeispiel für den einerseits ästhetisch-schöpferischen, andererseits leicht wahnsinnigen ­Charakter des Kapitalismus ab – der jedenfalls nichts mit dem Ideal vom rationalen Homo ­Oeconomicus aus den Lehr­büchern von heute gemein hat: Tulpenzwiebeln waren so begehrt, dass an den Terminbörsen phantastische Preise gezahlt wurden, bis die Blase 1637 platzte, der erste Crash der Geschichte.

Die Zwiebeln treiben im Frühjahr aus, erfüllen ihre pflanzliche Bestimmung und ziehen sich dann in den trockenen Sommerboden zurück. Da man in seinem Garten ungern zentralasiatische Verhältnisse hat, bekommen Zwiebeln bei uns fast immer zu viel Wasser und halten darum meist nur ein Jahr. Man kann sie ausgraben und im Keller einlagern. Oder man pflanzt – und kauft – jedes Jahr neue.

Ich bestelle jährlich zwischen 800 und 1.500 Zwiebeln. Große und kleine. Ein, zwei Wochenenden muss man dafür einplanen.Lassen Sie uns einen kleinen Vorgeschmack auf den kommenden Frühling nehmen. In meinem Garten pflanze ich Allium, Krokusse, Hyazinthen, Narzissen, Tulpen – und eine Sorte Hundszahn, der ich schon lange die Treue halte und die für mich etwas ganz besonderes ist: Erythronium Dens Canis Hybride Kondo, eine wunderbare gelbe Blume mit sehr eigener Form. Es reicht, wenn Sie drei oder vier Exemplare an Ihrer liebsten Stelle pflanzen und hin und wieder danach sehen.

Die ersten Blüten des Jahres zeigen bekanntlich die Schneeglöckchen. Aber in Wahrheit sind sie eher Pflanzen fürs Herz als fürs Auge. Die meisten Frühblüher sind niedrig und unscheinbar, weshalb es gar nicht so einfach ist, einen winterlichen Garten zu färben. Zu den schönsten Krokussen zählt der Chrysanthus Blue Pearl, der ein wenig nach Seerose aussieht. Er verliert sich aber leicht im Grau-Braun des Spätwinters. Ich pflanze darum viel von den blauen Zwanenburg, und den gelben Ancyrensis. Sie können davon nicht genug nehmen. Machen Sie nicht den Fehler, hier träge oder sparsam zu sein! Graben Sie ­kleine Mulden und werfen Sie die Zwiebeln zu Dutzenden hinein. Im Februar und März werden Sie mit wunderbaren bunten Polstern belohnt. (Fortsetzung folgt)

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Geschrieben von

Jakob Augstein

Journalist und Gärtner in Berlin

Jakob Augstein

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