Die Selbstmörder von der SPD

SPD Müntefering hat den Anfang gemacht. Jetzt muss auch Steinmeier weg. Die SPD braucht einen Neuanfang und endlich das Bekenntnis zur Linkspartei

Manchmal hilft ein Blick auf die Karte. Die Bildzeitung präsentiert ihren Lesern heute auf einer ganzen Seite die deutschen Wahlkreise und ihre Ergebnisse. Die Verluste der SPD prägen das Bild. Weite Landstriche, beinahe ganze Bundesländer fielen an konservative Kandidaten während die SPD-Bewerber in Scharen durchfielen, niedersanken, hingemäht von ihren eigenen verheerenden Parteiführern. Was braucht es mehr als einen kurzen Blick auf dieses Schlachtfeld um zu wissen, was zu tun ist: Steinmeier und Müntefering sind verantwortlich. Sie müssen weg. Münteferings Ankündigung, den Parteivorsitz niederzulegen ist der erste Schritt. Steinmeier muss ihm folgen. Je schneller, desto besser. Die beiden sind persönlich verantwortlich für das größte Desaster der deutschen Sozialdemokratie. Ihr Auftritt am Wahlabend, den Michael Hanfeld heute in der FAZ wegen seiner Würde lobt, war ein surreales Stück aus dem sozialdemokratischen Irrenhaus. Sie zeigten Stolz, wo Demut angebracht gewesen wäre. Sie zeigten Führungsanspruch, wo Schuldeingeständnis gefordert gewesen wäre. Und sie gaben vor, für die deutsche Sozialdemokratie zu sprechen, die sie gerade an den Rand es Todes geführt hatten. Wieviel soll die SPD noch aushalten, bevor sie vollkommen zerbricht? Das ist, der Blick nach Italien und Frankreich lehrt es, nicht ausgeschlossen. Davor schützt auch die 146jährige Geschichte nicht, auf die Steinmeier nach der Niederlage die Chuzpe hatte sich zu berufen.

Die Zukunft ist links

Jetzt, da das konservative Lager die Wahlen gewonnen hat, wird man die Wähler nicht länger vor den Folgen der Krise abschirmen. Der Schleier, der über diesem Wahlkampf lag, lüftet sich bereits. Bis Ende des Jahres, das wurde heute bekannt, wollen viele Großunternehmen ihre Kurzarbeiter entlassen. Die Krise, vor der die Deutschen sich mithilfe ihrer Kanzlerin und deren Helfershelfern bislang wegducken konnten, wird kommen. Die SPD hätte das wissen und das verlogene Merkel-Idyll aufdecken müssen. Sie hat darauf verzichtet. Und verloren.

Kandidat und Parteivorsitzender haben die Entscheidung gefällt, in diesen Wahlkampf zu ziehen, ohne ihn gewinnen zu wollen. Im Ernst konnten sie ja selber nicht an eine Ampel-Option glauben. Mit Westerwelles FDP? Sie haben die Partei einfach in ihrer ganzen sozialdemokratischen Gradheit ins Feuer der feindlichen Linien laufen lassen. Ohne Möglichkeit der Gegenwehr. Ohne Plan. Ohne Hoffnung auf Sieg. Die Wähler haben also einem politischen Selbstmord beigewohnt. Einem angekündigten. Und am Sonntag abend sahen wir die beiden Suizidanten mit rauchenden Pistolen in der Hand lachend in die Kamera winken. Man muss dem Berliner Landesverband danken, dass er den Anfang gemacht hat, dieses unwürdige Ritual sinnloser Solidarität zu beenden und den Rücktritt der gesamten SPD-Führung zu verlangen. Das tut schon aus parteihygienischen Gründen not.

Die SPD hat eine Machtoption nur noch gemeinsam mit der Linkspartei. Das ist die einfache Lehre aus dieser Wahl. Sie hat jetzt vier Jahre Zeit, diese Lehre zu beherzigen.


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Geschrieben von

Jakob Augstein

Journalist und Gärtner in Berlin

Jakob Augstein

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