Freitag Fest

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Gestern abend Freitag Fest im Grünen Salon der Freien Volksbühne.

Sehr beeindruckend das Gespräch mit unseren Freunden vom Guardian. Colin Hughes erzählte davon, wie er 1986 bei der Gründung des Independent dabei war. Er war voller Begeisterung über seine Erinnerung und über unser Projekt. Ich habe versucht mir einen Manager eines deutschen Verlages in ähnlicher Begeisterung vorzustellen. Und habe den Versuch dann ohne Ergebnis abgebrochen. Aber Colin ist eigentlich Journalist. Er sagte, es gebe im Leben eines Journalisten kein großartigeres Erlebnis als an einer solchen Gründung - oder in unserem Fall Neugründung - teilzunehmen und dass wir uns das klarmachen sollten. Das war in der Tat berührend. Er ist ein alter Gewerkschafter, der voller Verachtung über das sprach, was die Thatcher-Jahre aus Großbritannien und der Gewerkschaftsbewegung dort gemacht haben. Der Guardian ist ja die einzige größere Zeitung im UK - so habe ich ihn wenigstens verstanden - in der die Gewerkschaft noch eine Rolle spielt.
Colin ist für das internationale Geschäft zuständig. Und er seine Leute haben sich vorgenommen, den Guardian zur "liberal voice of the world" zu machen. Nicht schlecht, wenn man sich so etwas vornehmen kann. Wobei man ja wissen muss, dass "liberal" auf Englisch nicht liberal heisst. In den USA etwa ist das Wort geradezu verboten. Weil es nichts anderes bedeutet, als bei uns links. Der Guardian hat jetzt 30 Millionen Unique Users im Netz. 30 Millionen.

Sonderbarer Moment als dann vier Männer und eine Frau die Treppe heraufkommen, die deutlich nicht zu den Gästen gehörten. Dick verpackt gegen die Kälte und vermutlich gegen jederzeit erwartete Angriffe von Außen. Sie wiesen sich als Kriminalbeamte aus, die nach einem Bewaffneten Ausschau hielten. Damit konnten wir nicht dienen. Aber die Gesichter dieser Beamten bleiben im Gedächtnis hängen. Weil sie ganz und gar unverbeamtet aussahen. Typologisch am besten einem modernen Computer-Spiel zuzuordnen. Grand Theft Auto am Rosa-Luxemburg-Platz, mit eigenartig gefrästen Schneisen in der Frisur und silbrigen Piercings und tief sitzenden Mützen und gedrungener Gestalt und sehr, sehr ernsten Gesichtern. Weil es offenbar kein Spaß ist in Berlin bei der Kriminalpolizei zu sein. Zweifellos ein alltäglicher Moment in der großen Stadt. Und doch tatsächlich ein Besuch aus einer anderen Welt.

Gut. Alle waren fröhlich und froh, dass wir den Freitag bis zum Ende der Startbahn und dann sicher in die Luft bekommen haben. Eine gewisse Anspannung in den letzten Tagen war nicht zu vermeiden. Jetzt sind wir sicher in der Luft. Und fliegen.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Jakob Augstein

Journalist und Gärtner in Berlin

Jakob Augstein

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