„Von Grosny blieb nichts. Das droht nun der Ukraine“

Interview Osteuropa-Historiker Karl Schlögel war vom Angriff auf die Ukraine überrascht. Jakob Augstein hat er erklärt, warum er Wladimir Putin für einen Imperialisten hält. Und wieso er jetzt, noch nicht über den Ausgang des Krieges nachdenken will
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 09/2022
„Von Grosny blieb nichts. Das droht nun der Ukraine“

Foto: Philipp Plum für der Freitag

In diesen Tagen blickt Karl Schlögel mit Trauer auf die Ukraine und mit Wut gen Moskau. Bei Anne Will sagte er, wir müssten sogar auf einen dritten Weltkrieg gefasst sein. „Endlich, endlich“ werde Klartext über Russland gesprochen, „irgendwie ist die Wirklichkeit angekommen.“ Im Berliner Ensemble hat er am Montagabend mit Jakob Augstein über diese Wirklichkeit gesprochen: über Putin, der die ganze Last der Sowjetunion auf seinen Schultern trage. Und über ukrainische Männer, die seinetwegen zu den Waffen greifen.

Jakob Augstein: Herr Schlögel, waren Sie von dem Angriff auf die Ukraine überrascht?

Karl Schlögel: Ich war überrascht. Am Vorabend hatte ich mit einem Schriftstellerkollegen in Lemberg telefoniert und wir