Warum bekommen die Enten kein richtiges Schloss?

Koch oder Gärtner Des Gärtners Plan, den Laufenten ein Schloss mit barockem Garten anzulegen, gestaltet sich kompliziert: Die Maurer errichten einen Wehrturm anstatt ein zweites Versailles

Liebe Gartenfreunde, eine kurze Schadensaufnahme: Etwa ein Drittel der Rasenfläche hat den Winter nicht überstanden. Wir mussten neu ansäen. Die Über­legung: Weitere Teile des Rasens könnten zugunsten von Beeten aufgegeben werden. Wie der Gärtner bereits in der vergangenen Kolumne ausgeführt hat, kann man auch anderswo hervorragend spielen. Der Frost hat des Weiteren die Kirschlorbeeren versehrt. Der Gärtner wird sich nun von dieser Pflanze trennen und empfiehlt Ihnen dasselbe. Zumindest wenn Sie, wie der bedauernswerte Gärtner, irgendwo kurz vor Sibirien im abgeschlagenen Nordosten leben müssen, wo die Kälte des Winters ohne Mitleid ist.

Für dieses Wetter ist der Prunus laurocerasus offenbar nicht gemacht. Ich habe es jetzt ein paar Jahre lang versucht. Die Lorbeerkirsche kann nämlich ein wunderschöner immergrüner Strauch sein, mit kräftigen, wohlgeformten, schlanken Blättern von frischer Farbe. Sie ist sehr wüchsig, und sie kostet nicht viel. Jedenfalls weniger als der Rhododendron, der im Ganzen ohne Zweifel wertvoller ist, wenn auch ernster, dunkler, schwerer. Aber eben eleganter. Die Lorbeerkirsche wirkt frischer und jünger als der Rhododen­dron. Aber sie ist viel empfindlicher. Jahr für Jahr musste ich die Winterschäden aus den Sträuchern schneiden, in manchem Jahr fiel auf diese Weise mehr als der Zugewinn des Sommers dem Rückschnitt zum Opfer.

Ich mag keine Pflanzen, deren Wachstum derart unberechenbar ist, sodass sie, über die Zeit ge­sehen, vor meinem Fenster auf- und abtanzen. Es sollte mit so einem Strauch schon nach oben gehen. Nun ist Schluss damit. Ich habe am falschen Ende gespart! Das ist eine Sache – man kann es nicht oft genug sagen – vor der unbedingt zu warnen ist.

Wenn Sie eine stattliche, immergrüne Randbepflanzung wollen und sich da nicht an dem Grünstreifen des örtlichen Bezirksamtes orientieren mögen, haben Sie nur eine anständige Wahl: Rhododendren. Immergrün, wohlgemerkt. Wenn Sie mit Wintergrün vorliebnehmen können, gibt es natürlich eine Fülle wunderschöner Hecken- und Randpflanzen: Liguster, den ich über alles schätze, verschiedene Viburnum-Arten, und es gibt eine besondere Eichen-Art, die ihre kleinen, ledrigen Blätter im Herbst nicht abwirft und die sich sehr schön zur Hecke schneiden lässt: Quercus x turneri ‚Pseudoturneri‘. Aber bleiben Sie mir weg mit Ilex, Zypresse, Taxus – das ist alles höchst praktisch und ausgesprochen scheußlich. Das kommt mir nicht in den Garten.

Ohnehin muss der Kirschlorbeer weichen, da auch das Schloss für die Enten bald fertig ist. Und dann brauchen wir natürlich einen Schlosspark. Sie erinnern sich an das Projekt, den noch zu beschaffenden Lauf­enten eine anständige Unterkunft zu errichten? Die ursprüngliche Planung, einen barocken Schlossgarten anzulegen, der sich in Gestalt, wenn schon nicht in Größe, an jenem von Nymphenburg anlehnt, musste ich aufgeben.

Die Bauarbeiten an dem Schloss gestalteten sich komplizierter als erwartet. Wie in Versailles wird es jetzt nicht mehr aussehen, nicht mal wie in Potsdam. Was die freundlichen Maurer, die mir vor Kurzem kopfschüttelnd die Sache aus der Hand genommen haben, stattdessen für die Enten errichten, hat mehr Ähnlichkeit mit dem Wehrturm des Grafen von Anjou, Fulko Nerra, der bekanntlich ein Sohn von Gottfried Graujacke war und sich vor allem mit seinem bretonischen Erzrivalen Conan dem Krummen heftige Kämpfe lieferte. Ach, überschaubares Mittelalter: Ein Hügel und darauf ein Turm, ein paar be­waffnete Männer zu Pferde, und schon liegen einem ganze Landstriche zu Füßen, in denen man nach Herzenslust plündern und brandschatzen kann.

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Geschrieben von

Jakob Augstein

Journalist und Gärtner in Berlin

Jakob Augstein

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