Warum ist die moderne Rose plüschig und sexy?

Koch oder Gärtner Es ist soweit: Auch der Garten wird nun als ein Höhepunkt zeitgemäßen Lifestyles verhandelt. Wie soll sich der Gärtner dazu verhalten? Ganz einfach: weitermachen

Liebe Gartenfreunde, da wir uns schon wieder dem Herbst nähern ist es Zeit, an Hebbel zu erinnen: „Ich sah des Sommers letzte Rose stehen“, und sich mit der Rose zu befassen. Genauer gesagt mit dem Pfarrer Georg Schöner aus dem thüringischen Steinach, der in der Geschichte der Kirche und der Pflanzenzucht einen kleinen Platz als „Rosenpfarrer aus Steinach“ innehat. Ihm soll es gelungen sein, eine schwarze Rose zu züchten.

Schöner hatte Thüringen hinter sich gelassen und war nach Amerika aufgebrochen. In Oregon, später in Kalifornien, suchte er die Vollkommenheit des göttlichen Wirkens in der Zucht der Rosen. Was ist am Ende dieses langen – um nicht zu sagen dornigen – Weges geschehen? Hat Pfarrer Schöner den Sprung von der Botanik zur Alchemie genommen, von der Wissenschaft zur Magie? Hat er also einen schlimmen Preis gezahlt, um das dunkelste Geheimnis der Rose zu lüften? Oder hat er nach vielen Jahren der stillen Versenkung in die Geheimnisse der Weitergabe von Attributen und Akzidentien der Rose, dieser mystischsten aller Pflanzen, das himmlische Jerusalem des Rosenzüchters geschaut, so dass unter seinen Händen die Schwarze Rose erblühen konnte? Er hatte auf jeden Fall eine Pflanze geschaffen, die es nicht geben kann, eine schwarze Rose, deren Blätter unter den Strahlen der Sonne unweigerlich verbrennen müssten.

Es heißt, das einzige Exemplar sei aus seinem Garten gestohlen worden. In seinen Unterlagen fand sich nach seinem Tod kein Hinweis, der erlaubt hätte das Wunder des Rosenpfarrers zu wiederholen. Schöner hat übrigens versucht, durch die Namensgebung dem märchenhaften Charakter seiner Schöpfung entgegenzuwirken. Anders ist kaum zu erklären, warum er diese unwahrscheinlichste aller Züchtungen ausgerechnet nach Oliver Wendell Holmes benannte, der lange Jahre Richter am Supreme Court war und sich durch seine besonnene Urteilsfindung auszeichnete.

Eine schwarze Rose

Auch ohne Schwarze Rose besteht an Rosensorten kein Mangel. Die größte Datenbank, die es im Internet zu dem Thema gibt, hat 41.000 verschiedene Rosen katalogisiert. Und die Zahl wächst unablässig. Man muss kein Kulturpessimist sein, um darin nicht unbedingt einen Fortschritt zu sehen. Die wundersame Vermehrung der Rosen findet ihre Ursache nämlich nicht nur in gärtnerischer Liebe. Sondern auch im Eigennutz der Rosenzüchter. Mit alten Rosen, die jeder pflanzen darf, lässt sich nicht so viel verdienen. Die Züchter haben also ein Interesse daran, ihre neuen Rosen anzupreisen und die Gärtner, sie zu pflanzen. Hören wir mal die Berliner Gärtnerin, oder sagen wir besser Gartenunternehmerin, Gabriella Pape: „Viele alte Parkrosen wie Teehybriden sind längst überholt“, sagt Pape. „Es gibt moderne Rosen, die plüschig, sexy und beständig sind.“ Modern, plüschig und sexy. Das ist die Rose von heute.

Pape hat in Berlin vor ein paar Jahren die „Königliche Gartenakademie“ gegründet. Das ist ja kein geschützter Begriff „königlich“, und in Verbindung mit Garten klingt königlich natürlich gut, irgendwie englisch. Pape sieht in Deutschland noch ungeheures Entwicklungspotential für den Gartensektor: „Heute ist jeder zweite Kunde unter 40, steht in der Mitte seiner Karriere und der Garten ist kein Zukunftstraum mehr, sondern Teil seines Lifestyles und trägt somit in großem Maße zum täglichen Wohl­befinden bei. Dies signalisiert eine völlige Verschiebung der Prioritäten und damit auch die Eröffnung eines noch nicht erkannten Marktes: Garten nicht nur als Höhepunkt der Repräsentation, sondern als alltägliche Ergänzung des persönlichen Lebensstils.“ Wie soll sich der Gärtner dazu bloß verhalten? Lifestyle und Lebensstil? Weitermachen wie bisher, was sonst!

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