An einem dieser Morgen

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Auch so eine abgedrehte Alte, wird vielleicht der eine oder andere denken, eine Alte, die von Bäumen, Blumen und Vögeln schreibt, während die Welt ... Doch wenn man das alltäglich vor der Nase hat, selbst hier in der Stadt, und es einen Teil des Erfahrungsraumes bildet, gegenwärtig wie auch in der Kindheit, und wie später, als ich an der städtischen A-ha-Straße in L. wohnte, oder in der H.-Straße, die eher eine Flucht als ein Straßenzug, hatte es das – an der einen die Platanen, deren Stämme mit Tarnstoff überzogen, und an der anderen jene Birke mit hängendem Gefieder ...

Hier, wo ich jetzt zuhause, witschte gerade ein Grünfink über den Turm, auf dessen Plateau ich allmorgendlich sitze, so es die Witterung zuläßt, witschte in geringer Höhe darüber, über die Zinnen, als wäre ich gar nicht vorhanden oder gäbe so etwas wie einen geodätischen Punkt ab, weil es immer dieselbe Ecke, in der ich hocke, was selbst auf Satellitenaufnahmen dokumentiert: ich in dieser Ecke, als Schatten wahrnehmbar, namenlos, wie sicher auch den Vögeln als Namenlose ein Begriff: das ist die, die immer da sitzt, von der ist nichts zu holen, aber auch nichts zu befürchten ...

Schatten von einem dunkleren Stein, flügellos, immer ein Gefäß dabei, in dem es funkelt ... Also Finken, die flink und frech genug, aber auch Ringeltauben haben es schon gewagt, in niedriger Höhe den Turm zu schneiden, und vergeblich die Mühe, ihnen nachzurufen: Flughöhe beachten! Da hat der Luftzug mein Gesicht bereits gestreift, und müßte ich mich nicht eher geadelt fühlen, abgefahrene Alte, deren Kopf fast schon in die Laubkrone des Ahorns ragt, völlig abwesend, in deren Höhlungen hinein starrend ... Was gibt es da zu sehen, in diesem Dickicht? Altbekannte Frage, die nur stellt, wer die Antwort schon zu wissen glaubt. Noch einen Schluck aus der Tasse, einen Blick in die Himmel, dann fort ...

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

jayne

beobachterin des (medien-) alltags

jayne

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden