Entgeltgerechtigkeits-Check

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Der Monat März, zu dessen Beginn die Öffentlichkeit gemeinhin ihren Fokus auf die gesellschaftlich zu bewältigende Aufgabe "Gleichstellung der Geschlechter" zu lenken pflegt, ist fast vorüber, und nur wenige Tage nach dem 8. März, dem Internationalen Frauentag, der dieses Jahr zum 99. Mal begangen wurde, hatte der Alltag wieder Einzug gehalten. Ein Alltag, der z.B. bestimmt ist durch direkte und im höheren Maße indirekte Lohndiskriminierungen der weiblichen Beschäftigten in vielen Bereichen der Wirtschaft und auch im Öffentlichen Dienst.

Kurz vor dem Frauentag war eine OECD-Liste dazu veröffentlicht worden, nach der in der EU die Lohnunterschiede 18% betragen, in Deutschland satte 23%, wobei da in den letzten Jahren noch ein Zuwachs in der Differenz zu verzeichnen war. Seltsamerweise fällt die Lohndifferenz im Macho-Land Italien EU-weit am geringsten aus. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit ist also immer noch ein Traum ...

Die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung hat indes einen Entgeltgerechtigkeits-Check entwickelt, der in einer Testversion heruntergeladen werden kann. Mit diesem Check können Fälle indirekter Lohndiskriminierung aufgedeckt werden, unter der Beobachtung verschiedener Kriterien. So werden z.B. im Kapitel Anforderungsbezogenes Grundgehalt u.a. folgende Kriterien für eine vorliegende Lohndiskriminierung genannt:

  • file:///C:/Users/raja/AppData/Local/Temp/moz-screenshot-2.pngFrauen sind korrekt nach Tarifvertrag eingruppiert, Männer mit gleicher Tätigkeit jedoch eine Gruppe höher.
  • Eine Nachfolgerin auf einer Stelle erhält ein niedrigeres Grundentgelt als ihr Vorgänger.
  • Einzelne Männer erhalten individuelle Zulagen, Frauen bei gleicher Tätigkeit jedoch nur das Grundentgelt.
  • Bei Frauen wird das Grundentgelt (zunächst) unterschritten, während Männer sofort das volle Grundentgelt erhalten.

Neben diesen können viele andere Kriterien, wie etwa die für die Erteilung von Leistungszuschlägen herangezogen, aber auch Rechtfertigungsgründe geprüft werden. Diffiziler wird es, wenn für die Lohnberechnung z.B. Anforderungen an frauendominierte Tätigkeiten nicht bewertet werden (etwa Körperkraft bei Pflegepersonal oder soziale Kompetenz im Umgang mit Menschen), wenn Kriterien der Bewertung nicht geschlechtsneutral definiert sind oder nicht geschlechtsneutral angewendet werden (s. S. 27). Frauen wird zudem auch heute noch gern eine mindere Leistungsfähigkeit wie -bereitschaft unterstellt.

Der Entgeltgerechtigkeits-Check stellt mit seinen Fragestellungen nicht nur ein äußerst sensibles Instrumentarium dar, mit dem Lohndiskriminierungen transparent gemacht werden können, sondieren läßt sich damit auch, wo wir stehen in Diskurs und Praxis in Sachen Gleichstellung der Geschlechter, und wo ihr immer noch Vorurteile im Wege stehen, Vorurteile, die im Übrigen eine lange Geschichte haben.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

jayne

beobachterin des (medien-) alltags

jayne

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