Freundschaften zählen nicht

NSA-Affaire Überraschung und Empörung ob der jüngsten Enthüllungen diverser Geheimdienstaktivitäten durch Snowden beweisen nur eines: Das politische Gedächtnis ist kurz.

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Mich überrascht vor allem, daß Vertreterinnen und Vertreter der politischen Klasse angesichts der Nachricht, möglicherweise schon über Jahre ausspioniert worden zu sein, aus allen Wolken fallen, sich wie die Kanzlerin erbost geben und von Verrat sprechen, denn so etwas, wie es sich US-Geheimdienste erlaubt haben, sei unter Freunden nicht akzeptabel. Dabei dürfte doch jedem hinlänglich politisch interessierten Zeitgenossen klar sein: Auf der Ebene und in der Sphäre von Geheimdiensten zählen Freundschaften nicht, auf der politischen Ebene nur bedingt. Und das hat nichts mit Kalten Krieg zu tun, sondern mit der fast ungebrochenen Dominanz nationaler Interessenpolitik, nicht allein seitens der USA ...

Ein Teil dieser Leute, die sich nun erbost und von den Machenschaften des großen Bruders enttäuscht zeigen, zuckten nicht mit der Wimper, als ein gewisser Dr. Schäuble in unserem Lande die Vorratsdatenspeicherung durchzusetzen trachtete. Und sie hielten sich auch zurück, als der Fluggastdatendeal mit den USA über die Bühne ging. Das schien sie persönlich nichts anzugehen, natürlich auch nicht die großangelegte Funkzellenüberwachung während der Blockade des Naziaufmarschs in Dresden. Und schon gar nicht die seitens der Bundesagentur für Arbeit an die Jobcenter ergangene und im Juni 2009 bekanntgewordene interne Anweisung, HARTZ IV-Bezieher mittels nachrichtendienstlicher Mittel zu observieren (in der Folge sollte diese Anweisung zurückgezogen werden).

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Geschrieben von

jayne

beobachterin des (medien-) alltags

jayne

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