Wir wohnen in einem Villenviertel, das Ende des 19. Jahrhunderts am Rande der Dresdner Heide entstanden ist. Wir werden von Etlichen ob unserer Wohnlage beneidet. "Wie still es hier ist!" heißt es oft nach abendlich oder sonntäglich abgestattetem Besuch bei uns draußen ...
Doch wir wissen, daß dies nur ein Trugschluß ist. Denn ringsherum haben die Grundstücks- und Hausbesitzer längst aufgerüstet, was diverse Hausmittelchen gegen Unkraut und vor allem diese Stille betrifft. Laubbläser, motorisierte Rasenmäher und Trimmer gehören ebenso zur Ausrüstung wie handliche Motorsägen, Heckenscheren und die Schleifgeräte der notorischen Heimwerker, die ihre Werkbank bei schönem Wetter auch gleich mal vor die Türe stellen, um die klangliche Einöde vor Ort etwas aufzupuschen.
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Da flüchten wir uns oft in die Heide oder an die Elbe, an Stellen, wo die Stadt zu sehen, aber kaum vernehmbar ist. Letztens verschlug es uns nach Übigau, wo ich Zeit meines Dresden-Lebens noch nie gewesen, und das sind nun auch schon 15 Jahre. In Übigau gehts noch beschaulich zu, obgleich längst eingemeindet. Dort finden sich Fachwerk, Dreiseithöfe und auch ein Schloß.
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Das Schloß fristet seit Anfang der 90er Jahre ein trostloses Dasein. Zwar wurde es 1999 verkauft, aber der neue Eigentümer hat sich seitdem nicht darum geschert. Im Garten allerdings wird ab Beginn des Frühlings eine Sommerwirtschaft betrieben, die auch mit einigen Abendveranstaltungen aufwartet. Da läßt es sich gut sitzen und lauschen, obgleich dieser Tage der Wirt ausgerechnet einen improvisierten Springbrunnen in Betrieb genommen hat. Doch zauberhaft ist die Sicht auf das Ostragehege, das auf einer von Elbe und Hafenbecken umgebenen Halbinsel auf der anderen Flußseite gelegen ist.
Im Ostragehege befand sich früher ein Schlachthof mit angeschlossenem Gewerbe, heuer ist dort vor allem die Messe mit ihren Ausstellungshallen angesiedelt. In Übigau selbst wiederum gab es seit Ende des 19. Jahrhunderts eine Werft (Binnenschiffahrt), dort wurden auch Kessel für die Dampfschiffahrt gebaut. Am Ufer steht noch heute der Kran, inzwischen restauriert und unter Denkmalsschutz, mit dem man die schweren Kessel in die Schiffe hob.
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Kommentare 14
Schöner Bericht. Als Radausflugstipp angenommen!
Ja, schöner Alltagsbericht. Gefällt mir auch gut.
Und die guten Bilder. Übigkau: voll-sächsch der Name.
Gesprochen: Übischgau.
Was störte Sie am improvisierten Springbrunnen, liebe Jayne?
Der stete Drang zu den Örtlichkeiten etwa...;-)...?
schlichtweg das allzu sehr den garten dominierende geräusch ...
Eine woche zuvor war er noch nicht in betrieb gewesen.
Schöner Blog mit Ausflugsmotiven aus Deiner Heimat! Toll!
rr
Danke, jayne! Übigau habe ich gleich gegoogelt, auch die Bilder. Schöne Häuser, und schöne Ausflugstipps. Über sowas freue ich mich immer.
Gefreut habe ich mich auch darüber, dass Du die Kurve geschlagen hast, von den Heimwerkern und Laubbläsern zu andern Orten der Stille. Statt zu lamentieren, habt Ihr einen Ausweg gefunden. Lebenskunst!
Liebe Grüße nach Dresden
Anette, auch an der Elbe zuhause
"Anette, auch an der Elbe zuhause "
Ja, aber beim "Klassenfeind" - hihi.
:D
Ne, ne liebe Magda. Auch der Sachse sagt: Übigau ohne sch.
:-)
Danke Jayne, für diesen Bericht.
Schön das Du es mal geschafft hast, Dir das schöne, weitgehend unbekannte Übigau (also eigentlich nur den alten Dorfkern, den Du hier meinst), mal anzuschauen. Bin so manchen Sonntag, von "meiner" Seite Dresdens, über die Flügelwegbrücke kommend (übrigens der ideale Ort um Wirkung und Lautstärke der Waldschlösschenbrücke vorab einmal zu erfühlen), zum Kran spaziert und zum Schloss natürlich, dass leider gammelt.
Falls Du es nicht schon selbst probiert hast. Gegenüber vom Schloss auf der anderen Elbseite, beginnend auf Höhe Flutrinne, dass Gehege erkunden - auch sehr schön, weitgehend ruhig und ein bisschen morbide.
Und dann im Westen. Mit der Tram Nummer 7 bis Endhaltestelle Pennrich und dann über Schulzenmühle durch den Zschonergrund über die Zschonergrundmühle den Grund weiter zum Zschonergrundbad in Dresden-Briesnitz. Herrlich unentdeckt und trotzdem schön.
liebe Grüße
lieber mahung, vielen dank für die tips, und zumindest den zschonergrund habe ich schon aufgesucht - wirklich sehr schön, zumal man von dort wieder auf andere anhöhen gelangt. Vom ostragehege sah ich bisher nur die messe, das andere steht noch aus ...
Schade, wäre so schön gewesen. Aber - ich habe gelesen: Übigkau. Und da hätte das gepasst .
So aber nicht. :-)
in diese Stille wäre es doch schön wenn in dieser gammeligen Bude eine KITA eingerichtet würde. Sicher ist etwas Garten dabei.
Ja und wenn Handwerker Honorare etwas erträglicher wären gäbe es sicher auch weniger Lärm von Motorsägen, so viel Bäume gibt's doch gar nicht;-O
Sachichma, nu sachmichma:Ist das ein versteckter Ruf nach dem Sozialismus? Kindergärten und Pflegeheime in Schlössern und Gutshäusern hatten wir doch schonmal. ;-)
Ein Gärntnerfreund, der in Berlin arbeitet, hat mir diesen Villengrundstückseffekt übrigens bestätigt. Ein Motor dröhnt immer. Und sei es sein eigener.
Weit und breit keine Stille. Wann habe ich das letzte mal das Rauschen eines Regens, das Sausen eines Windes oder den Gesang der Vögel gehört? Na, vielleicht in zwei Wochen beim UdF-Treffen in Freital. Aber auf dem Weg dahin auch wieder donnernder Zuglärm. Und mit Sicherheit Ohrstöpsel- und Handygefiepe.
Übrigens, jayne, auf einer Faltbootfahrt von Schöna nach Brandenburg habe ich festgestellt, daß das Land und selbst die Städte auf dem Fluß wesentlich leiser waren. Und oft war überhaupt kein Menschengeräusch zu hören. Noch stiller habe ich es nur beim Vipassana in Triebel erlebt.
Danke für die schöne Erinnerung.