Kleiner Presse-Bericht

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt versucht sich seit Mitte April d. J. eine Wochenzeitung im Zeitschriftenhandel zu etablieren, die bisher größtenteils nur im Abonnement zu erhalten war - Ich entdeckte sie heute in einem Presseshop, gleich neben der "Jungen Freiheit", es handelt sich hierbei um die Gesamtdeutsche Wochenzeitung "Der Schlesier", die im 63. Jahrgang erscheint. Gesamtdeutsch bezieht sich natürlich auf Deutschland in den Grenzen von 1937, und das kennzeichnet die Geisteshaltung dieses Blattes hinreichend. So dominiert neben einem aktuell-politischen Teil auch eher eine einschlägige Prosa von Vertreibung und Heimatverlust die Seiten, während die Ursachen dafür ungenannt bleiben.

Der Verleger Dietmar Munier bittet in einem redaktionellen Beitrag nun alle Leser um Hilfe für seine große Offensive in die Öffentlichkeit. Es sei an der Zeit, aus dem Schattendasein herauszutreten. Um sicherzustellen, daß die rund 3.500 Händler die Zeitung auch weiterhin vorhalten und um die Nachfrage zu schüren, soll jeder Leser soviele Exemplare beim örtlichen Händler erwerben, als es ihm finanziell möglich ist. Seit 2009 verantwortet Herr Munier, der in den 70ern Mitglied der Jungnationalen war, übrigens auch eine Monatsschrift, die ebenfalls im National-Trübem fischt und natürlich, wider aller politischen Korrektheit, ganz objektiv berichtet. Das Blatt trägt den Namen ZUERST, der an einen berüchtigten Wahlslogan der NPD erinnert ...

In einem Leser-Kommentar auf der letzten Seite des Schlesier (Ausgabe 18/2011) finden sich dezidiert alle deutschen Todesopfer des 2. Weltkrieges, darunter Opfer von Flucht, Vertreibung und Gefangenschaft zahlenmäßig aufgelistet. Der Autor erwähnt zwar auch die 60 Mio. Kriegsopfer insgesamt, aber kein Wort über den Verursacher dieses Krieges oder darüber, welche Vertreibungen und Deportationen denen der Deutschen aus dem Osten vorausgegangen waren.

Ich blättere einige Seiten vor, überfliege Überschriften, und Bilder, in schwarz-weiß gehalten - es sind Erinnerungen an den Frühling im Schlesischen, an den eigenen Hof, das Arbeitsleben. Auf Seite 2 des Heimatteils dann ein Beitrag zu Fürst Blücher von Wahlstatt, dessen Mausoleum auf dem Gut Krieblowitz zu besichtigen ist - dort heißt es an einer Stelle in Zusammenhang mit dem Einmarsch der Roten Armee im Februar 1945 und der teilweisen Zerstörung der Stätte: So "ehrten" die Asiaten in echter Zerstörungswut den deutschen Marschall ...

Auf Seite 13 des Schlesier wirbt der Buchdienst der Zeitung für Historische Tondokumente - hier kann man alles erwerben, was das Herz begehrt: Marschlieder der Deutschen Wehrmacht, Soldatenlieder, Mitschnitte von Wunschkonzerten für die Wehrmacht, diverse Ansprachen des Führers (unter anderem auch Hitlers Rede vom 30. Januar 1940 im Sportpalast, unter dem Titel "Wer wollte den Krieg?"). Mit einem Vertrieb für historisch und kritisch aufgearbeitete Dokumente der Zeitgeschichte hat das allerdings nichts zu tun ...

Im politischen Teil (Seite 6) kann man sich eine Gruselstory über die Partei Bündnis 90/Die Grünen zu Gemüte ziehen, eine Partei, so die Darstellung, die den demokratischen Staat zerstören wolle und linksradikalen Ideen nachhänge, für das Wohl häufig dubioser "Asylbewerber" und Wirtschaftsflüchtlinge einstehe, nicht aber für die Interessen des deutschen Volkes ... An was erinnert mich das nur? Apostrophiert werden die Grünen im Artikel auch als Partei der Deutschlandhasser, die sich vor allem die Wünsche der Türken an die Fahne geheftet habe ... Und natürlich darf Bruder Sarrazin nicht fehlen, mehrfach findet sich auf den Seiten sein letztes Werk beworben, zudem macht das Blatt mit der unseligen Geschichte des nicht erfolgten Parteiausschlusses auf. Im Kontext der Gesamtdeutschen Wochenzeitung ist er gewiß gut aufgehoben ...

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

jayne

beobachterin des (medien-) alltags

jayne

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden