"Lustig lustig, ihr lieben Brüder ..."

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Nicht nur der Ausspruch August des Starken, wonach in Sachsen die schönsten Mädchen wachsen, wird über die Jahrhunderte ungebrochen im Lande kolportiert, auch der Glaube an Sachsens Glanz und Gloria erfreut sich bis heute insbesondere landesherrlicher Beliebtheit. Und um diesen im ohnehin von diversen Leuchttürmen gekrönten Freistaat weiter zu befördern, hat sich die derzeitige schwarz-gelbe Landesregierung nicht lumpen lassen ...

Ein Sächsisches Nationalmuseum soll es sein, in dem die Geschichte Sachsens von der Besiedlung bis zur Friedlichen Revolution vermittelt werden kann, so steht es im 2009 geschlossenem Koalitionsvertrag zwischen CDU und FDP. Zwar hat man es seitens der Staatsregierung verabsäumt, Mittel für dieses Projekt in den Doppelhaushalt einzustellen (es stehen lediglich einige Hunderttausend Euro für eine Studie bereit), doch das ist für dessen vielleicht engagiertesten Verfechter, den Fraktionsvorsitzenden Holger Zastrow (FDP) kein Hindernis, lautstark die Trommel für diese bestechende Idee zu rühren.

In der Ausgabe der Chemnitzer Freien Presse vom 22. Dezember definiert Zastrow gelegentlich eines Interviews zum Thema den Begriff der Nation gleich mal nach Gutdünken um. Die Deutschen hätten mit diesem Begriff ihre Probleme, so Zastrow, er indes möchte gern modern damit umgehen und die Sache nicht den Rechten überlassen: "Eine Nation ist für mich nicht zuerst ein Gebiet oder ein Staat, sondern eine Gruppe von Menschen mit gemeinsamer Geschichte."

Zuletzt war es die DDR-Staatsführung, die in der ersten Hälfte der 70er Jahre das Konstrukt einer sozialistischen Nation ins Spiel brachte. Durchgesetzt hat sich das bekanntlich nicht ... In den 90ern versuchte man eine Sachsenhymne im Freistaat zu implementieren, woraus bis heute zum Glück nichts geworden ist. Sollte es jemals Wirklichkeit werden, so werd' ich wohl emigrieren ...

Es hat den Anschein, als hätte die sächsische Staatsregierung keine anderen Sorgen, als sich auf den Feldern Leuchtturmpolitik, Extremismustheorie und nun Nationalmuseum auszutoben, nichts da von den existierenden Schieflagen im sozialen und Schulbereich, in der Kultur oder bei den Zuwendungen für den Öffentlichen Nahverkehr - sich darum zu kümmern, überläßt man gern der Opposition. Die Koalition jedenfalls fühlt sich zu Größerem berufen ...

Geld dürfte auch in den kommenden Jahren kaum für ein solches Vorhaben zur Verfügung stehen, es sei denn, man knappst es anderen kulturellen Einrichtungen ab. Denn zuvörderst bedarf der Aufbau des Landesarchäologie-Museums in Chemnitz des Einsatzes umfangreicher Mittel, und daneben noch ein anderes derart anspruchsvolles Projekt in Angriff zu nehmen, grenzt an Größenwahn. Zastrow denkt, daß das Japanische Palais in der Landeshauptstadt, in dem bisher das Völkerkunde-Museum und das Museum für Vorgeschichte untergebracht waren, der geeignete Ort für das Nationalmuseum sein könnte. Aber auch dieses Haus müßte aufwendig umgebaut werden ...

Und sollte wider Erwarten der Coup doch gelingen, schlage ich die Einrichtung eines Wachsfigurenkabinetts vor, in dem dann all die landesherrlichen Größen zu besichtigen sind, die lebenden inbegriffen ...

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Geschrieben von

jayne

beobachterin des (medien-) alltags

jayne

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