Nacht von Nächten

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An einem der letzten Morgen war es, da ich mich der Zeile schwarze wilde Kohle fiel auf mein Haupt erinnerte, einer Zeile, die zu einem Gedicht gehört, das ich Mitte der 80er verfaßt, in der H.-straße, und irgendetwas in mir verlangte nun danach, sie neu zu schreiben, diese Zeile ...

Gab der Ursprungstext doch von einem ekstatischen Lebensgefühl Kunde, das ich, so befürchte ich, heute kaum noch zu reproduzieren vermag - das Triebmittel dafür bildeten wohl diese Nächte in der heißen Dachkammer, bei geöffnetem Fenster, mit dem Geruch nach Taubenkot, und allem, was vom Grunde der Straße hinaufstob; wieviele dieser Nächte durchlebte ich für eine Zeile wie diese?

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Mir erscheinen sie unzählig, diese Nächte, in denen ich im Bett lag und in die Finsternis hinein-, auf die Straße hinausgelauscht, in die Ferne, jedes ihrer Geräusche registriert habe, und waren es auch unzählige, wiewohl immer dieselben, Kassiber, die die Nacht mir zu zuspielen gedachte, durchs offene Fenster, und schlief oder dämmerte dann doch dahin unter den Lauten der Straße, unter dem Gleichmaß von Schritten, einem Stolpern, einem Rhythmus, der aus den Fugen geraten ...

In solchen Nächten schien sich nichts zu fügen, die Hitze übermächtig, keine Nacht, um am Schreibtisch zu sitzen, schweißglänzig lag der Körper auf dem Laken, mit geöffneten Poren, das Übermächtige drang auf ihn ein, machte, dass er morgens zerschlagen erwachte, obgleich er erst im Morgengrauen weggedämmert, wie er glauben mochte, in der Gesteinshöhle, dem Nist- und Brutkasten, wo er sonstwas auszubrüten im Begriff, wo er den Klang der Nacht erwartet, einen Klang, von dem er kaum eine Vorstellung hatte, oder nur die vage, daß er einem Rausch vergleichbar ...

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Geschrieben von

jayne

beobachterin des (medien-) alltags

jayne

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