Neue Legenden und volkspädagogische Aufgaben

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Wie sehr die Publizistik der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten beigedreht ist, d.h. den politischen Mainstream bedient und mit forciert, konnte man auch am Mittwoch Abend wieder eindrücklich erleben. Beispielsweise in der Sendung Zur Diskussion, die vom Deutschlandfunk ausgestrahlt wird und zu der die Rundfunkredakteurin Sabine Adler als Gäste Ulrike Herrmann von der TAZ, Christoph Schwennicke vom Spiegel und Günter Bannas von der FAZ geladen hatte, aus Düsseldorf war der DLF-Korrespondent Jürgen Zurheide zugeschaltet.

Thema war das Fünfparteiensystem, insbesondere vor dem Hintergrund der Entwicklungen in NRW, des schwächelnden Koalitionspartners FDP und des eben von Roland Koch erklärten Rücktritts von allen politischen Ämtern. Als Konsens in dieser Sache scheint sich mittlerweile die Betrachtungsweise herauszustellen, daß die CDU mit Koch ein wichtiges Korrektiv zu der in Berlin betriebenen Politik dieser Partei verliere. So stellte es Sabine Adler in ihrer Anmoderation dar, sprach vom Wegfall einer wichtigen konservativen Stütze und das die CDU damit noch ein Stückchen mehr nach links gekippt sei.

In der Folge sahen die Diskutanten einen bedeutenden Teil der CDU-Wähler künftig unbehaust - man sprach in diesem Zusammenhang von den heimatlos gewordenen Konservativen, und rechts von der CDU gäbe es halt keine Partei, die sich dieser Klientel annehmen könnte. Also, so wird befürchtet, könnte diese Wählerschaft ins Nichtwählerlager abdriften, und dies wäre folgenreich für die Demokratie. Einer der Journalisten nannte als Zahl 40%, aber genau dieser Prozentsatz ist ja auch der letzten NRW-Wahl ferngeblieben.

Man zählte an einer Hand auf, wer nun den Part des konservativen Korrektivs zur Kanzlerin übernehmen könnte, Rüttgers, Röttgen oder Wulff ... Rüttgers komme aber eher nicht in Frage, in seiner Rolle als Arbeiterführer. Teilweise gestaltete sich die Sendung zu einem politischen Nachruf für Roland Koch, man hob dessen Rolle bei der Diskussion um die bevorstehenden und als unumgänglich bezeichneten Sparmaßnahmen des Bundes hervor. Koch sei der einzige gewesen, der ohne Scheuklappen, ohne Tabu alle Ressorts in ein zu entwickelndes Sparkonzept einbezogen hätte, eben auch Bildung und Kitas. Leider habe man ihn da ein wenig allein gelassen und auf die eine Sparaussage reduziert.

In diesem Zusammenhang thematisierte nur Ulrike Herrmann die steuerliche Seite des Bundeshaushalts und fragte, warum man denn nicht die Steuern ins Gespräch bringe - sie halte z.B. die steuerliche Begünstigung der Hoteliers für einen Fehler, der unverzüglich rückgängig gemacht werden sollte, ehe man über Sparmaßnahmen berate.

Zu Beginn der Sendung hatten die Gesprächsteilnehmer noch ein wenig die jetzt möglichen Koalitionen in NRW abgecheckt und waren zu dem Ergebnis gekommen, daß Schwarz-Rot die wahrscheinlichste und auch günstigste darstelle. Es gäbe genügend Schnittmengen, außer vielleicht im Bereich Bildung, und als problematisch erwiesen sich noch personelle Fragen. Was RotRotGrün betrifft, waren sich alle einig: Ulrike Herrmann äußerte, die SPD hätte diese Konstellation nicht überlebt, Jürgen Zurheide betonte, das Scheitern der Gespräche mit der Linken sei von vornherein klar gewesen, und man habe es vielleicht seitens Hannelore Kraft als volkspädagogische Aufgabe gesehen, dies auch öffentlich vorzuführen ...

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Geschrieben von

jayne

beobachterin des (medien-) alltags

jayne

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