Ein kurzer Einwurf
Heute Mittag ging folgende Meldung zu den Plänen der schwarz-gelben Koalition über den Nachrichtenticker: "Zudem wird erwogen, bei der Pflegeversicherung eine zusätzliche, private Säule einzuführen. Unionsfraktionschef Kauder sagte, zu Einzelheiten ihrer Finanzierung sei noch nichts entschieden. Umstritten sind Pläne für einen Sozialversicherungs-Stabilisierungsfonds. Hiermit würden weitere Kredite an der neu eingerichteten Schuldenbremse vorbei ermöglicht werden, um Defizite in den Sozialversicherungen auszugleichen und höhere Abgaben zu vermeiden."
Im ersten Fall, der angestrebten Reform der Pflegeversicherung: also nichts gelernt aus dem offenkundig gewordenen Debakel von Riester- und Rürup-Rente. Ein Debakel vor allem für all jene, die nicht sonderlich viel verdienen. Diese kapitalgedeckten Versicherungen sind nicht nur riskant, sondern auch, was die Verwaltungskosten betrifft, noch unmäßig teuer. Den größten Nutzen davon trägt die private Versicherungswirtschaft. Man darf gespannt sein, welcher Couleur die Berater in diesem Falle sind, wer für die neue private Zusatzversicherung den Namenspatron abgeben wird. Diese kapitalgedeckte Zusatzversicherung soll der jüngeren Generation angedient werden, und dies zwingend resp. verpflichtend, wie es in einem Beitrag von N24 heute Mittag heißt. Die Beiträge dafür sollen allein von der Arbeitnehmerseite erhoben werden.
Zweiter Fall, die Arbeitslosenversicherung. Der allseits bekannte Experte oder eher doch berüchtigte Direktor des Instituts der Deutschen Wirtschaft in Köln äußerte heute Mittag im DLF: „Was ja das Problem ist, dass wenn wir die Defizite beispielsweise beim Haushalt der Bundesagentur für Arbeit - bis 20 Milliarden werden da kalkuliert fürs nächste Jahr – durchwirken ließen auf die Beitragssatzentwicklung, dann wären alle Steuersenkungen im Grunde wieder kompensiert. Denn wenn man sagt, wir machen Steuersenkungen in Höhe von vielleicht 20, vielleicht 25 Milliarden Euro und dem steht dann diese Belastung bei den Abgaben gegenüber, wäre eigentlich nichts gewonnen.“ Welche Steuersenkungen meint er da? Wohl doch jene für die Unternehmen in den letzten Jahren. Und weiter: „Man kann aber auch argumentieren, dass das, was im Haushalt der Bundesagentur für Arbeit vonstatten geht, nun besonders dieser Krise geschuldet ist, nichts Dauerhaftes ist [...].“ Dabei war es doch die letzte Bundesregierung, die zu einer Zeit, da die Krisenentwicklung schon absehbar war, die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung nahezu halbiert hat. Aber der Interviewer hakt kaum kritisch nach ...
Ich empfehle im Übrigen, sich einmal das gesamte Hüther-Interview zu Gemüte zu führen, in dem es des weiteren um den sogen. Schattenhaushalt geht, die Instrumente liegen jedenfalls wohlgeordnet auf dem Operationstisch dieser Koalition und können besichtigt werden.
Kommentare 8
Danke fürs Aufmerksammachen!
Ebenfalls, danke! Guter Blog! Der neoliberale Dilettantismus geht weiter so! Ich mag es kaum lesen, aber es ist die Realität!
Dem schließe ich mich an. Über die Privatisierung der Pflegeversicherung hatte ich mich gerade auch aufgeregt. :-(
Es passt eins ins Andere. Wenn man sich noch ansieht, wann die Senkung war, wird es noch klarer.
jayne schreibt: "Den größten Nutzen davon trägt die private Versicherungswirtschaft."
Alles andere wäre eine Überraschung. Wem ist da noch zu helfen? Die CDU/CSU/FDP/SPD/Grünen-Wahlkämpfer und die sie unterstützenden Medien haben es geschafft, dass die Mehrheit der Stimmzettelankreuzer die "Eigenverantwortung" gewählt hat. Und "Eigenverantwortung" heißt nun mal in der Sprache der Entstaatlicher, die Solidargemeinschaft aufzulösen, denn die Versicherer wollen ihre pekuniären Quellen sprudeln sehen. Die wissen dann nicht mehr wohin mit der Kohle und suchen sich spekulative Anlagen. Das Spielcasino bleibt geöffnet. Heute genügt doch schon, einem mittelbekannten Politikerdarsteller einen späteren Posten zu offerieren. Lobbyarbeit kann so preiswert sein.
das finde ich gut auf den punkt gebracht - danke, auch allen anderen kommentatoren.
nein, es geht nicht um die Steuersenkungen für die Unternehmen in den letzten Jahren, sondern um die ZUKÜNFTIGEN Steuersenkungen, von denen auch kleinere und mittlere Einkommen profitieren werden. Es macht tatsächlich keinen Sinn,in die linke Tasche Steuernachlässe zu stopfen, um sie aus der rechten Tasche in Form von steigenden Abgaben wieder herauszuziehen wenn man die Konsumausgaben stützen will. Es gibt in dieser Krise eine Renaissance keynesscher Konzepte und vor diesem Hintergrund muß man die sozialen Segnungen der neuen Regierung sehen. Mit ideologischen Scheuklappen versperrt man sich nur selbst den Blick auf die Verhältnisse.
ich würde da sofort zustimmen und sagen, sowohl die steuersenkungen in den letzten jahren, als auch die zukünftigen - denn in diesem interview mit hüther waren die bisher schon großherzig gewährten steuer-geschenke an die wirtschaft völlig ausgeblendet.