Seit wir das Schätzen gelernt ...

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ab und an denke ich an die Zukunft, und dies geht kaum noch, ohne sich der Frage zu stellen, was die Menschheit wohl anfangen mag, wenn die Erde ausgeschatzt, das Innere nach außen gekehrt, die Taschen leer, oder ob man schon eher die Umkehr schafft - Aber noch gestaltet sich die Suche, das Sondieren, Finden, Erschließen expansiv, in alter Manier, ausbeuterisch, geht die Kunde dahin, wo noch Bodenschätze in unabschätzbarem Umfange, in Regionen, die bislang tabu ...

Der Mensch gleicht in Manchem einem Trüffelschwein, er wendet das Gegebene, die Verhältnisse um und um, zurück bleibt das Aufgewühlte, bleiben mühsam geglättete Flächen, Lachen ... Die Steinbrüche zuerst, die Sandgruben, Kohlenschächte, und dann alles andere, die Nase im Dreck, tief in die Erde gesteckt und los, davon zehren wir noch, alltäglich, die Kompaßnadel steckt im Fleisch und zeigt in ein und dieselbe Richtung, seit wir sie kennen, und wir laufen drauflos, sind noch nie zur Ruhe gekommen ...

All die Umwälzungen vermochten nichts zu ändern an der Orientierung, die uns vom Grunde her scheinbar auferlegt, die Schätze zu heben, nichts auf sich beruhen zu lassen, Schatzhauser, Ausschatzer seit Menschengedenken, suchen wir alles heim, widmen es um, segnen es aus oder ein, kümmern uns drum und stellen uns vor, wie gut es wäre, es zu schützen, kommen aber nicht davon los, hängen an der Kompaßnadel wie an unserem Glauben, daß die Welt das uns Gegebene ...

Und so stellen wir das Begriffsbarometer einfach auf den Kopf und machen weiter, und rascher seit der Zeit, da die Rede vom Schätzen ging, vom Ab- und vom Einschätzen, wir das Schätzen gelernt, und da das Risiko, dieses Häufchen Unglück, uns jeweils nur für kurze Zeit ver- oder aufgestört, oder das Gewissen, schwanzwedelnd hinter oder neben uns her, selten voraus - allein das Gewissen ist eine Erfindung, das hat es allem anderen voraus ...

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Geschrieben von

jayne

beobachterin des (medien-) alltags

jayne

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