Um von einer Sache zu sprechen

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Totemholz – dieser Begriff plötzlich, ohne sichtlichen Anlaß, oder doch, an die Atmosphäre dieses Augenblicks gemahnend, da ich das Vorjahreslaub vor Augen habe, das in Gelb- und Braun- oder noch verworfeneren Tönungen, für die kein begriffliches Pendant zu existieren scheint, wenn denn überhaupt ein Begriff das Gegenüber für eine Sache zu sein vermag …

Für eine Sache, schon dies scheint von Übel, von einer Sache zu sprechen, wie es zu Zeiten des Zeitgenossen üblich, überschießend und nichtssagend gleichermaßen, etwas dingfest machen zu wollen mit diesem Begriff, es zu er- statt zu verklären – Geheime Kommandosache, in der Sache unbeschieden oder verloren, Sachzwang, Verhandlungssache, sachdienliche Hinweise erbeten, Sachzeugen unerwünscht, das ist nicht unsere Sache, nicht Sache der Partei – schon allein diese Sache ein Blendwerk, unter Umständen nicht weiter zu verfolgen, weil in der Sache schon entschieden – ob also Totemholz überhaupt als Sache betrachtet werden kann, der nachgegangen werden muß, ist fraglich …

Und ist dieses Holz im Wald zu finden, oder nicht doch eher in Bibliotheken, in deren knarrenden Gehäusen der Zeitgenosse einige Jahre zugebracht, resp. auf deren Dielenbrettern, von denen nicht die Rede ging, daß sie die Welt bedeuten, obgleich dies nicht ganz unzutreffend, wollte man dem Blickwinkel des Zeitgenossen folgen.

Immer dieses Nachgeben und Federn der Dielen, dies Röhren und Klagen des Totholzes, Preis für das alles; das Totholz, von dem behauptet wird, es lebe noch und erhebe ob unseres Unglaubens seine Stimme in den ungeeignetsten Augenblicken, in Augenblicken, in denen es darauf ankäme, lautlos den Ort zu wechseln, oder auch nur das Standbein …

Flöze von Totholz also in den Bibliotheken. Das alles uns zur Sache anverwandelt, auch das Holz, davon war der Zeitgenosse überzeugt, Einflößer des Urvertrauens, das einzulösen er selbst kaum wagte – daß all das uns zum Besseren diene, tänzelte der Geist des Zeitgenossen, vollführte er seinen Tanz zwischen dem Totholz der Bibliothek, inmitten des Urstoffs, der Ursachen und Wissensasche. Den Bordun des Holzes im Ohr, dessen Einflüsterungen, vor Augen die Signaturen auf den Buchrücken, die allein schon den Kern der Kunde zu verkörpern schienen, glitt er gleich einem Schatten an den Regalen entlang …

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Geschrieben von

jayne

beobachterin des (medien-) alltags

jayne

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