Ab und an verfolgt er mich noch, jener Albtraum vom Fernsehgerät, das sich nicht abschalten läßt - ich hatte solch ein Gerät bis weit in die siebziger Jahre hinein besessen, und die Bildröhre sollte erst entgültig verlöschen, wenn ich nach mehrmaliger Betätigung der Taste den Stecker zog ...
Ich denke an die Zeit, als das Fernsehen in der DDR eingeführt wurde, das war 1952, kurz vor meiner Geburt. Und als Fernsehgeräte noch die Namen berühmter Maler trugen, Rembrandt oder Rubens, einen Dürer gab es wohl auch, und dieser hatte mit seinen Zeichnungen und colorierten Holzstichen noch am ehesten mit der Ästhetik des Schwarz-Weiß-Sehens zu tun, trotz Farbe - erinnere mich an Kunstpostkarten mit verschossenen Grün-, Rot- und Brauntönen, die ich in meiner Jugendzeit sammelte.
Die ersten Fernseher, die ich Ende der fünfziger Jahre kennenlernte, hatten winzige Bildröhren, die grünstichige Aufnahmen wiedergaben. Die Bildröhren waren eingefaßt in ein Passepartout, das in eben diesem verschossenen Graugrün schimmerte - Was gesendet wurde, waren Aufnahmen vom Mars, auch das Sandmännchen mußte von weither kommen ...
Anfang April 1961 war es auch für unsere vierköpfige Familie soweit - unser Fernseher, den die Eltern in der Stadt kauften, nannte sich prosaisch Start 2, ein Produkt von RAFENA, wobei die Ziffer sich auf jene geheimnisvolle dritte Taste bezog, die schon eingebaut war, um später einmal das zweite Programm des Deutschen Fernsehfunks zu empfangen. Doch das sollte erst 1969 Realität werden, zusammen mit der schrittweisen Einführung des Farbfernsehens.
Das erste Fernseherlebnis, an das ich mich erinnere, war die vormittägliche Wiederholung eines Spielfilms, unser Gerät gab die Grautöne exakt wieder, übte uns ein in die Ästhetik der Abstufungen des Grau, die mir bald realistischer dünkten als jede Farbphotographie oder die Farben der Filme, die im Kino zu sehen waren. Ihnen eignete, so empfand ich, mehr Authentizität, Differenziertheit und Klarheit, eine Differenziertheit, mit der die Farbdarstellung nicht zu konkurrieren vermochte. Mir war, als sähe ich durch eine millimeterdicke, unbewegte Wasserschicht ...
Und dann sollten wir am 12. April 1961 live Juri Gagarins Erdumkreisung verfolgen, wir empfingen die Signale aus dem Orbit, lauschten der Stimme des Kommentators, der mit Akzent sprach ...
P.S. Fernsehprogramm vom Samstag, den 13. November 1965
Kommentare 14
Die ersten Fernseher hatten wirklich eine Bildröhre, so groß wie eine Postkarte, 33 cm glaube ich diagonal.
Ich bin als Kind damals immer in ein Lokal der Nationalen Front gegangen, dort hatten sie einen Fernseher und es gab alte - sozialistische Filme zu begucken. Da war ich dabei.
Da waren so Sachen wie
"Das Lied von Sibirien"
"Der Fall von Berlin"
Wir hatten erst Ende der 60er Jahre einen Fernseher und nur schwarz-weiß.
Interessante Erinnerungen.
Ich war damals schon beginnend Kino-Film-süchtig.
in den 60er gab es ein sogen. testprogramm, d.h. in der sendepause, die von mittag bis ca. 16.00 uhr dauerte, wurde zumeist ab 14.00 uhr ein spielfilm abgestrahlt - so lange wir zeitig genug schulschluß hatten, sahen wir uns diese filme an, die zumeist nicht speziell für kinder gedacht waren. Ansonsten spielte das fernsehen anfangs für uns nicht so die große rolle ...
Kannst Du Dich noch an eine satiresendung namens "tele-bz" erinnern, lief samstags nach 19.00 uhr, da ging es insbesondere um die politik des westberliner senats, davon mochte ich keine folge versäumen.
Du hast ja schöne Quellen aufgetan! Danke für den Text!
Musste an meine Oma denken, die sich immer weigerte, uns, mir und meinem ältesten Bruder nachmittags den Fernseher einzuschalten (wir selbst durften nicht), weil ihr das Gerät unheimlich war. Sie hat auch nie mit uns etwas angesehen. Sie war für's Vorlesen zuständig. - Und ich musste an den denkwürdigen Abend denken, an dem mein vater meinen Bruder und mich gegen 22 Uhr nochmal aus dem Bett holte, weil ein "Cowboy-Film" lief (was dann immerhin 'High Noon' war), ein unerhörtes Vorkommnis, denn meine Eltern nahmen es mit der Einhaltung der Nachtruhe sonst sehr genau...
Nach der verlorenen Fussballweltmeisterschaft in Schweden im Sommer 1958 druckste mein Vater auf einem Spaziergang im Advent 1958 herum, dass es dieses Mal mit den Weihnachstgeschenken rar sein würde.
Darauf fragte ich ihn, mit Schlimmen rechnend, milde gestimmt:
Warum denn Papa?
"Nachdem wir den alten VW der Baugenossenschaft über Großvater als Mitbegründer in Hamburg übernommen haben, können wir uns für diese Weihnacht nur ein einziges Geschenk für die ganze Familie leisten."
"Was für ein Geschenk denn?
"Ein Fernseher. Ich hoffe ihr drei Kinder seid damit einverstanden. Dein (älterer als treibende Kraft) Bruder hat schon zugestimmt"
"Aber Papa!, das ist doch eine großartige Idee, auch wenn ich dann auf die versprochene Klarinette als Weihnachtsgeschenk verzichten muss. "
Eben.
"Was für ein Fernseher ist das denn?"
" Das ist ein Fernseher Modell Grundig 1959 in Mahagoni Furnier- Holz ohne verschließbare Türen.
Fernsehen wird nur geschaut, wenn ich zuhause bin."
Ja was erinnere ich an Sendungen?
Furie, Bonanza, Blauer Bock, Millowitsch, Ohnsorg- Theater, Peter Frankenfeld, Luu van Burg, Hans- Joachim Kuhlenkampf, die TV- Serie "Soweit die Füsse tragen", den Frühschoppen mit Werner Höfer
"Fünf qualmende wie barzende Journalisten/innen aus sechs Ländernbei Sekt Selters",
Tagesschau, Sport, Armin Harry, Manfred Germar, martin Lauer, Karl Kaufmann bei den Leichtatlethik Europameisterschaften, die Olympiade in Rom, das Wort zum Sonntag, das kleine Fernsehspiel, Live- Theater Übertragungen, der Eichmann- Prozess 1961 in Tel Aviv, im gleichen Jahr der Bau der Berliner Mauer.
Walter Ulbricht in einer anberaumten Pressekonfernez zu internationalen Journalisten/innen am 11. August 1961:
"Verstehe ich Ihre Frage richtig, Sie wollen, dass wir eine Mauer rerrichten?
Niemand will eine Mauer errichten!"-
Der Flugzeugabsturz des UNO- Generalsekrärs Dag Hammerskild auf dem vergeblichen Flug in den Kongo 1962, um die Ermordung von Lumumba im im Kongo zu verhindern.Die Ermordung JFK 1963.................
In der DDR bei Verwandten, ab 1964, neben Sandmännchen die "Ohlsen Bande".
Als Student hatte ich doch tatsächlich auf dem damals Edel Hamburger Sperrmüll um das Jahr 1976 zwei schwarz- weiss Fernseh- Geräte mit einem Mitbewohner ergattert. Auf dem einen Fernseher lief dann bei uns in der WG der Ton, auf dem anderen nur das tonlose Bild.
Was für ein Fernseh Weh Erlebnis als wir dann Live das Kölner Konzert von Wolf Biermann 1976 und dessen punktgenau getimte DDR- Ausbürgerung gemeinsam am Bldschirm erlebten.
tschüss
JP
@goedzak und j.petrick: danke für Eure reminiszenzen, in denen so manches mitschwingt - Das grieselbild, wenn wir auf westempfang gingen, wir hatten nur eine wohnzimmerantenne, die bilder glichen denen jener liveübertragung mit gagarin aus dem kosmos, was die qualität betraf; mitte der 60er jahre begannen mich die übertragungen aus dem deutschen bundestag zu interessieren, das muß oft am nachmittag gewesen sein, und manchmal war das bild fast klar ...
Toller Bericht. Hat mir gut gefallen und habe ich sehr gerne gelesen. Vielen Dank. Auch den Hinweis AUF Gagarins Erdumkreisung fand ich spitze.
Meine West-Pendant war die Mondlandung. Wohl geschriebene Zeilen über das Schwarz-Weiß-Fernsehen, die ich mit dem Lineal und dem Schwarzen Kugelschrreiber sehr gerne schwarz unterstreiche.
Dieser Vergleich farbfernsehen und Schwarzweissfernsehen beschäftigt mich oft in meiner Gedanken welt. Das Schwarz-Weiße Fernseherlebnis hast Du so toll auf den Punkt gebracht. Gestern lief ein DDR-Fim in Schwarz Weiß.
Von 1951. "Der Untertan" von Heinrich Mann. War sehr gut.
Tschüß
rr
ja, die mondlandung habe ich wiederum erst später sehen können, und nicht nur, weil sie im ddr-fernsehen nicht direkt übertragen wurde, war wohl zu dieser zeit gerade im krankenhaus, hatte ein zweibettzimmer für mich allein und blickte im liegen durchs fenster in die unwirklichkeit ...
Das kann sein, dass das diese Spielfilme waren.
Ja, an die Tele-BZ als Sendung erinnere ich mich, aber nicht an Details. Aber war bestimmt ganz klassenkämpferisch. Ich glaube es war eine gewisse Gina Presscot, die da auch mitgewirkt hat und Ellen Tiedtke auch?
Inge Krabbe war dabei, Helga Hahnemann und auch Lutz Stückrath, eine Urte Blankenstein, an die ich mich kaum erinnern kann. Habe folgende Beschreibung für die Tele-Bz gefunden: "Aber die ostdeutsche Offensive war damit noch nicht beendet. Am 29. November 1958 reagierte das DDR-Fernsehen auf die am 1. September des gleichen Jahres gestartete Regionalumschau des Senders Freies Berlin, die „Berliner Abendschau“, mit einer west-konterpropagandistischen Informations- und Unterhaltungssendung, die sich auch vor allem ob ihrer Parodien auf aktuelle westdeutsche Schlager bei der Bevölkerung in der DDR großer Beliebtheit erfreute, der „Tele-BZ“, die sich wöchentlich am frühen Freitagabend in einer Mischung von Kabarett, Feuilleton und Kurzreportage mit aktuellen Fragen der West-Berliner Politik auseinandersetzte. Die Westorientierung im politischen Programm des DDR-Fernsehens deckte innerhalb eines relativ kurzen Zeitraumes ein breites Spektrum von der aktuellen Information über die politische Diskussion und die Magazinsendung bis hin zum Kabarett ab. Die „Tele-BZ“ vereinigte die beiden wichtigsten Anliegen, die im Ziel der Programmreform lagen, nämlich die Propaganda mit der Unterhaltung, auf massenwirksame Weise. Immerhin befand sie sich ja im Konkurrenzkampf mit bundesdeutschen und Westberliner Fernsehsendungen, die ihr eine bestimmte Darbietungsweise vorgaben, die sie aufgreifen und qualitativ überbieten musste, wollte sie in der Konkurrenz bestehen."
In der Luft-Schlacht um Berlin wurden auch "Parodien auf aktuelle westdeutsche Schlager" in's Feld geführt?
Niiiiiiiedlich!
Vielen Dank für die krisseligen Bilder....
in der Sender Wellen Schlacht um die Insulaner von Westberlin, schlug die medienwelt, hüben und drüben, manche wundersame Blüte.
nicht zu vergessen die Filme von Friedrich Wolff:
"Professor Mammelock u. a. "
Übrigens siedelte Wolfgang Kieling 1968, der westdeutsche Film lag darnieder, der neue westdeutsche Autorenfilm lag erst in der Wiege mit Alexander Kluge, Werner Herzog, Rainer Werner Fassbinder, Volker Schlöndorff u. u., nach Babelsberg in Ostberlin...
tschüss
JP
" Professor Mamlock"
Ich glaube, der Kieling drehte lange Zeit in Ost und West. Als er dann in den sechzigern wieder in den Osten kam, drehte er einen mir erinnerlichen Film mit Jessy Rameik und Monika Gabriel, die er dann später heiratete und dann mit ihr wieder in den Westen ging. "Das siebte Jahr" hieß das Filmwerk und behandelte die Probleme einer Herzchirurgin und eines Schauspielers. Wir haben uns darob erheitert, weil wir fanden ,sie sollten mal liebe die Probleme alltäglicher Menschen zeigen...
ich fand Wolfgang Kieling in dem Drama
"Pysiker"
von Dürrenmatt im Fernsehen wunderbar...
tschüss
JP