Geld vom Staat nur für Print?

Journalismus Die Bundesregierung will die Digitalisierung der Zeitungsbranche fördern. Online-Magazine wie „Krautreporter“ würden dabei leer ausgehen
Ausgabe 15/2021
Die insgesamt 220 Millionen fette „Presseförderung“, mit der die Bundesregierung Presseverlage monetär unterstützen will, klang zunächst wie ein feuchter Verleger:innentraum
Die insgesamt 220 Millionen fette „Presseförderung“, mit der die Bundesregierung Presseverlage monetär unterstützen will, klang zunächst wie ein feuchter Verleger:innentraum

Foto: IMAGO/Panthermedia

Förderung ist ein schönes, blumiges Wort. Es verspricht Fairness, Demokratie und Gleichberechtigung: Etwas zu fördern, bedeutet, es wertzuschätzen, eine Ungerechtigkeit auszugleichen. Aus einem „Fördertopf“, der in Illustrationen meist wie ein großer, tönerner Blumentopf aussieht, stammt das Geld, das Menschen und Projekten eigentlich zusteht.

Die insgesamt 220 Millionen fette „Presseförderung“, mit der die Bundesregierung laut einem 2020 gefassten Beschluss Presseverlage monetär unterstützen will, damit diese die „erforderliche digitale Transformation“ leisten können, klang somit zunächst wie ein feuchter Verleger:innentraum: Endlich! Geld für Apps, Onlineshops und Plattformen, damit die behäbigen Verlagsschiffe sich besser digital ausrichten können, damit in Zeiten ohnehin versandender Print-Abos nicht noch mehr Bäume gefällt werden, nicht noch mehr Logistikunternehmen die Straßen verschmutzen, nur damit alles am nächsten Tag im Altpapier landet. Und das, so hieß es aus dem Wirtschaftsministerium, ohne die elementare mediale Unabhängigkeit auch nur anzusägen.

Trotzdem ist das Vorhaben nicht nur ungerecht, sondern verfassungswidrig, behauptet der Anwalt des Onlineportals Krautreporter, das sich ausschließlich über Mitgliedsbeiträge finanziert: Weil Krautreporter:innen nichts „physisch“ zustellen und damit von der Förderung ausgeschlossen sind, andererseits aber bei dem Ziel, Abos zu verkaufen, in direkter Konkurrenz zu den anderen Verlagen stehen, führe die Förderung zu Wettbewerbsverzerrungen. (Dass Anzeigenblätter ebenfalls unterstützt werden sollen, wurde bereits an anderer Stelle mokiert.) Man wolle nicht zuschauen, „wie die ohnehin privilegierten Druckverlage zusätzlich mit Hunderten Millionen von Steuergeldern bedacht werden“, und werde vor Gericht ziehen, wenn das Ganze nicht umgehend abgeblasen werde. Und da muss man bei aller bisheriger Zustimmung doch mal kurz schlucken, weil man noch gar nicht (und erst recht nicht durch seine Honorare) mitbekommen hatte, dass Druckverlage privilegiert sind: Sollte die begrüßenswerte Förderung nicht eher auf Online-Medien ausgeweitet werden? Sollte man, wenn die Print-Kolleg:innen sich schon mal freuen dürfen, die größtenteils eh interdisziplinär arbeiten, denn wer kann schon von Print leben außer den paar Spiegel-Typen, sollte man nicht lieber für ein noch breiteres Gießkannenprinzip inklusive Online plädieren, anstatt das Wasser komplett abzudrehen?

Krautreporter hat sich 2014 zu einer mutigen und unabhängigen Finanzierung entschlossen: Das Geld fließt wie ein Bächlein von den Leser:innnen zum Portal. Den nun als verzerrt wahrgenommenen „Wettbewerb“, den es auf die Palme bringt, konnte Krautreporter bislang ignorieren, lebte aber auch mit geringerer Bandbreite an Aktualität, Themen- und Formatvielfalt. Andere Verlage setzen auf Abos, Werbung und schlechte Bezahlung der Mitarbei-ter:innen. Privilegiert sind sie so nicht.

Und dass das Online-Magazin, wie es behauptet, seit der Gründung „digital und damit zukunftssicher Journalismus produziert“, stimmt ebenfalls nicht. Denn die Zukunftssicherheit von Journalismus gründet sich nicht auf die Darstellungsform. Sondern auf die Inhalte: Wo unabhängiger Journalismus blüht, spielt eine kleinere Rolle als die Tatsache, dass er überhaupt blüht.

P.S. Die erschlagend vielen Gartenanalogien müssen ganz natürlich aus dem Wort „Krautreporter“ gewachsen sein.

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