Ein kranker Vergleich

Sachsen Nach homophoben Äußerungen über Guido Westerwelle rudert ein sächsischer CDU-Politiker zurück. Schwulen- und Lesbenverbände halten das für wenig überzeugend

Mehr als eine Woche hat es gedauert, dann reagierte Dieter Blechschmidt doch noch auf die öffentliche Empörung. Ende April hatte der Plauener CDU-Stadtrat mit verwegenen Äußerungen über Homosexualität als Krankheit – auch bezogen auf Außenminister Guido Westerwelle – für Aufsehen gesorgt und seine Partei in Sachsen in Erklärungsnot gebracht. Nun entschuldigte sich Blechschmidt kleinlaut bei denjenigen, die er mit seinen Äußerungen „persönlich angegriffen, beleidigt und verletzt habe“ und kündigte an, sein Amt als Fraktionssprecher der CDU-Stadtratsfraktion ruhen zu lassen. Der sächsische Lesben- und Schwulenverband hält die Entschuldigung allerdings für „halbherzig“, und auch die Initiative Zwei gleich Zwei glaubt, dass die Affäre damit für die Union noch nicht ausgestanden ist.

Angefangen hatte alles mit einem Leserbrief Blechschmidts an die Freie Presse, in dem er sich gegen die Besetzung von Pfarrerstellen durch Homosexuelle ausgesprochen hatte. In einem Facebook-Eintrag führte er aus: "Natürlich können Schwule und Lesben zunächst mal nichts für ihre Krankheit, und niemand darf sie dafür verurteilen, doch eine Krankheit sollte nicht zur gesellschaftlichen Normalität erhoben werden, sondern den Betroffenen sollte Hilfe angeboten werden."

Daraufhin forderte SPD-Stadtrat Benjamin Zabel die sofortige Amtsniederlegung des CDU-Stadtrats und stellvertretenden Kreistagsvorsitzenden, sollte sich Blechschmidt nicht für seine Äußerungen entschuldigen. Der wiederum lehnte die SPD-Rücktrittsforderungen mit Verweis auf die Meinungsfreiheit als „intolerant“ ab. Zugleich legte er nach und verglich Homosexualität mit Alkoholismus. "Schwulsein ist kein körperliches Leiden, sondern hat psychische Ursachen", sagte er dem Vogtland-Anzeiger. Über Außenminister Westerwelle meinte er, dieser sei aufgrund seiner sexuellen Präferenzen "keine gute Wahl" für das Amt – was auch bundesweit einigen Furor verursachte.

Die Flucht ins Private



Erst auf Nachfrage der Freien Presse sprach der Vogtländische CDU-Chef Sören Voigt von einer „Privatmeinung“ Blechschmidts, die nicht Auffassung der CDU sei. Auch andere Parteikollegen suchten in dieser Sprachregelung Zuflucht: Der Plauener CDU-Fraktionschef wollte sich gegenüber dem Vogtland-Anzeiger nur als „Privatperson“ äußern, weil das Thema „keine Frage der politischen Positionierung" sei. Ebenso äußerte sich der CDU-Stadtrat Heiko Grimm: "Wenn es um die Gleichstellung von Homosexuellen mit Ehe und Familie geht, würde ich auch Nein sagen", so seine persönliche Meinung. Der sächsische CDU-Generalsekretär und Bundestagsabgeordnete Michael Kretschmer bezeichnete die umstrittenen Äußerungen seines Parteikollegen als „Einzelmeinung".

Das sieht Christian Richter von Initiative Zwei gleich Zwei anders: „Wer Blechschmidts Äußerungen als Einzelfall oder Privatmeinung abtut, redet die tatsächliche Verbreitung solch menschenfeindlicher Standpunkte in der CDU klein.“ Die Initiative setzt sich für die Gleichstellung homosexueller Paare ein. Richter hält es für „offensichtlich, dass es enorme homophobe Strömungen in der sächsischen CDU gibt“.

Inhaltlich kein Stück distanziert



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