Zu dänischen Exportgarantien sollen künftig weniger Informationen nach außen dringen als bisher. So in etwa lässt sich der Standpunkt des Ministeriums für Industrie, Wirtschaft und Finanzen zusammenfassen. Vor sieben Jahren hat die Exportkreditagentur EKF mit Sitz in Kopenhagen eine Finanzierung genehmigt, die für den Ausbau einer Kupfer- und Molybdän-Mine in der armenischen Provinz Lori vorgesehen war (der Freitag 15/2019). Ob dabei Menschenrechte verletzt und der Umwelt Schaden zugefügt wird, erschien nicht weiter von Belang. Für das Minenprojekt Teghut gewährte der Staatsfonds PensionDanmark ein Darlehen von mehr als 350 Millionen Dänischen Kronen (etwa 52 Millionen Euro). Die Mittel waren für Investitionen gedacht, die für eine technologische Aufrüstung der Förderstätte im Norden des Landes sowie für Dienstleistungen verwendet werden sollten.
Was damit nach 2013 geschah, hat bewirkt, dass Böden und Flüsse im Umfeld der Mine verschmutzt wurden. Landwirte, vor allem Obstbauern, verloren ihre Existenzgrundlage. Bis heute steht die Festigkeit eines Damms in Frage, der Abwasser aus der Mine zurückhält. Sollte die Barriere brechen, könnte ein nahe gelegenes Dorf überflutet werden. Außerdem wurde ein großes unberührtes Waldgebiet in der bergreichen Region, in der viele bedrohte Tierarten leben, weitgehend abgeholzt. 2019 urteilte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, dass die Dorfbewohner nicht enteignet werden durften, als es um den Ausbau der Mine ging. Dies stelle eine Verletzung ihrer Menschenrechte dar. Deshalb sei der armenische Staat verpflichtet, ihnen zumindest eine Entschädigung zu zahlen.
Abgesichert durch die EKF-Garantie hatte PensionDanmark die Finanzierung des Teghut-Projekts unter der Bedingung gewährt, dass das armenische Bergbauunternehmen Vallex den Kredit nutzt, um das benötigte Equipment beim dänischen KonzernFLSmidth einzukaufen. Nach dem Darlehensabkommen sollte die Vallex-Bank VTB das Geld nach zehn Jahren an PensionDanmark zurückzahlen. 2017 zog die EKF plötzlich ihre Exportkreditgarantie für das Engagement in Armenien zurück. Augenscheinlich war aufgefallen, mit welch mangelhaften Umweltstandards dort gearbeitet wurde. Schon 2016 hatte eine parlamentarische Anfrage an das Außenministerium in Kopenhagen ans Licht gebracht, dass das EKF bereits im August 2013 von den Umweltrisiken wusste, die mit dem Ausbau der Kupfermine heraufbeschworen wurden. Ebenso kannte die Agentur die „demokratischen Unzulänglichkeiten im armenischen Entscheidungs- und Genehmigungsprozess“, wenn über ausländische Investitionen in Bergbauregionen zu befinden war.
Zwischenzeitlich hatte man das Gesetz novelliert, das den Umgang mit der Exportkredit-Agentur regelt. Unter anderem wurde eine weitgehende Schweigepflicht eingeführt; Mitarbeiter der Agentur müssen jetzt mit Strafen von bis zu zwei Jahren Gefängnis rechnen, wenn sie Informationen nach außen geben. Ein internes Memorandum des dänischen Wirtschaftsministeriums vom März 2020 zeigt, wie diese Änderungen des EKF-Gesetzes begründet werden.
Informationen nicht verfügbar
Das Ziel bestand offensichtlich darin, die Gesetzgebung zur Information über Umweltschäden außer Kraft zu setzen – zugunsten der Geschäftsaktivitäten der EKF. „Es war eindeutig die Intention erkennbar, den im Umweltinformationsgesetz vorgesehenen Zugriff auf aussagekräftige Dokumente einzuschränken“, so Oluf Jørgensen, Experte für Informationsfreiheit und Ex-Forschungsleiter der Dänischen Schule für Medien und Journalismus. Für ihn besteht kein Zweifel, dass die Gesetzesänderung eine Reaktion auf die Ergebnisse ist, die Anfragen zu Informationen über ein Projekt erbracht haben, das in Armenien eine starke Umweltzerstörung verursacht hat“.
In einem dem Autor von der dänischen linksgrünen Partei Enhedslisten zur Verfügung gestellten Memorandum vom März 2020 heißt es, der Teghut-Fall habe Unsicherheit darüber ausgelöst, wie Dänemarks Umweltinformationsgesetz zu interpretieren sei. Daher entschloss sich das Wirtschaftsministerium zu einer „Klarstellung“ des Gesetzes, das die Arbeitsweise der EKF regelt, damit es keinen Zweifel daran geben kann, dass die Agentur auf ein hohes Maß an Verschwiegenheit angewiesen ist. Eine Anfrage an das Wirtschaftsministerium in Kopenhagen zeigte, dass die EKF an der Änderung des Gesetzes beteiligt war, die sie faktisch von Dänemarks Umweltinformationsgesetz ausnimmt. Dokumente des Ministeriums enthalten Überschriften wie „Das Treffen mit EKF morgen betreffend“, „Vorlage für vorgeschlagene Gesetzesänderung“ und „Stand des EKF-Gesetzeszusatzes“. Obwohl die Agentur dem Staat gehört, ist sie vom dänischen Informationsfreiheitsgesetz ausgenommen. Daher können Oppositionspolitiker, Zivilgesellschaft und Journalisten die Gesetzgebung nicht nutzen, um sich Zugang zu im Besitz der EKF befindlichen Dokumenten zu verschaffen.
Als Enhedslisten im Februar Handelsminister Simon Kollerup von den Sozialdemokraten zu der neuen Gesetzgebung befragte, erklärte er, die Arbeit der Exportkreditagentur erfordere Vertraulichkeit. „Dänische Unternehmen und ihre Partner, die der EKF Informationen zu ihren Finanzen und ihrem Geschäft – etwa Darlehens- und Kreditauskünfte – geben, müssen sicher sein können, dass sie vertraulich behandelt werden.“ Und: „Sollten Zweifel an der Vertraulichkeit aufkommen, wird die EKF ihre Aufgabe nicht erfüllen können, die Exporte und Internationalisierung dänischer Unternehmen zu sichern und zu finanzieren. [...] In der Praxis könnte das bedeuten, dass dänische Außenhandelsunternehmen, darunter auch grüne Exporteure, Aufträge verlieren“. Oluf Jørgensen findet es „erstaunlich“, dass „die dänische Regierung und das Parlament öffentliche Aufmerksamkeit für die Umweltverschmutzung“ in Armenien vermeiden wollen. Es sei schon ungewöhnlich, „ein Gesetz zu ändern, um einen konkreten, noch laufenden Fall zu beeinflussen“.
Bei all den Anstrengungen der EKF und des Wirtschaftsministeriums, Informationen über die Teghut-Minen-Finanzierung zurückzuhalten, hat eine mögliche Kompensation für die betroffenen Gemeinden in der Umgebung der Mine bisher bestenfalls eine untergeordnete Rolle gespielt. PensionDanmark weigert sich energisch, seinen Anteil am Profit der Mine der lokalen Bevölkerung zugute kommen zu lassen.
„Die EKF und andere Unternehmen sind nach den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte verpflichtet, die Schädigung von Mensch und Umwelt zu vermeiden. Wenn Schaden entsteht, müssen die Betroffenen dafür einen Ausgleich erhalten“, sagt Lars Koch von ActionAid Dänemark, einer Organisation, die auf den Respekt der Menschenrechte bedacht ist, sofern die mit ökonomischen Interessen kollidieren. „Angesichts der großen Profite der EKF sollte es kein Problem sein, den Armeniern Entschädigung zu zahlen, deren Lebensgrundlage durch das Projekt zerstört wurde.“ Im Juli schließlich entschied die dänische Beschwerdekammer, dass die EKF das neue Gesetz nicht rückwirkend geltend machen kann, um Informationen zurückzuhalten. Andererseits urteilte sie, dass ein entscheidender Teil der Korrespondenz zwischen FLSmidth und PensionDanmark zur Teghut-Mine vertraulich sei und nicht veröffentlicht werden müsse. In Zukunft kann sich die EKF dann aber auf die neue Gesetzgebung berufen. „Die EKF muss glauben, dass die neue Pflicht zur Vertraulichkeit ihr das Recht gibt, von jetzt an alle Informationen geheimzuhalten“, befürchtet Jørgensen. „Das ist nicht tragbar.“
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