Das Comeback des Cavaliere

Italien Silvio Berlusconi kehrt an der Spitze seiner Partei in die Politik zurück. Und relativiert seine Ankündigung bereits wieder. War er überhaupt jemals weg?
Diesmal scheint der Ex-Premier einigermaßen chancenlos
Diesmal scheint der Ex-Premier einigermaßen chancenlos

Foto: Christophe Simon/AFP/Getty Images

Völlig überraschend kam Silvio Berlusconis Ankündigung nicht, 2013 noch einmal als Spitzenkandidat seiner Partei Popolo della Libertà (PdL) anzutreten. Den Schlachtruf, er kandidiere, um zu siegen, kann man getrost ignorieren. Vorrangig geht es dem Ex-Premier um Schadensbegrenzung. Nach der erstinstanzlichen Verurteilung wegen Steuerhinterziehung drohen weitere Prozesse, deren unangenehme Folgen sich am ehesten auf politischem Wege abwenden lassen. Auch die ungewisse Zukunft seines Firmenimperiums lässt es ihm geraten erscheinen, weiter in der großen Politik mitzumischen.

Seltsamerweise decken sich die Eigeninteressen des Cavaliere mit denen seiner Parteigänger. Die 13 Monate nach seinem von den Euro-Partnern erzwungenen Rücktritt haben gezeigt, dass ohne ihn nichts geht bei der PdL. Unter der schwachen Führung von Parteisekretär Angelino Alfano zerfasert die Partei zusehends. Kaum zu glauben, aber wahr: Heute steht Berlusconi mit immerhin noch 20 Prozent Zustimmung um einige Prozentpunkte besser da als das Volk der Freiheit. Um das rechte Wählerpotenzial auszuschöpfen, ein neues Bündnis mit der Lega Nord zu knüpfen und auch in der bürgerlichen Mitte Partner zu finden, blieb Berlusconi gar nichts anderes übrig, als die Sache wieder selbst in die Hand zu nehmen.

Heißt der nächste Premier Bersani?

Mario Montis Ankündigung, er wolle zurücktreten, ist nach Lage der Dinge nur konsequent. Wenn die PdL, wie versprochen, nur noch das Stabilitätsgesetz mit beschließen will, dann aber in die Opposition wechselt, verliert Montis Regierung die Mehrheit. Bis zum Ablauf ihres Mandats im März wäre sie handlungsunfähig und den Attacken der Berlusconi-Partei hilflos ausgesetzt. Nun wird vor-aussichtlich schon im Februar abgestimmt – der Wahlkampf ist eröffnet und trägt paradoxe Züge. Während die Rechte sich auf Monti einschießt, verteidigt Mitte-Links dessen unsoziale Austeritätspolitik als alternativlos. Die von den EU-Partnern gelobten Reformen des Arbeitsmarktes samt aufgeweichtem Kündigungsschutz will das Mitte-Links-Bündnis auch nach einem Wahlsieg nicht antasten. Deren wichtigstes Wahlversprechen ist ein ausgeglichener Haushalt, möglichst schon im nächsten Jahr. Mit diesem Programm liegt die Demokratische Partei (PD) in Umfragen bei 38 Prozent und damit weit vor der PdL, die innerhalb von zwei Jahren von 30 auf 16 Prozent abgestürzt ist. Damit ist es so gut wie sicher, dass Italiens nächster Premier Pier Luigi Bersani heißt, Sozialdemokrat und Ex-Kommunist. Zweiter Sieger dürfte Beppe Grillo mit seiner populistischen Fünf-Sterne-Bewegung werden.

Eigentlicher Protagonist des Wahlkampfs wird indes Mario Monti sein. Auch wenn er voraussichtlich nicht kandidiert, liefert er das Leitmotiv: Es geht um ein Italien, das unter seiner Regentschaft wieder an internationalem Ansehen gewonnen hat – der Ertrag einer soliden, wenn auch schmerzhaften Sparpolitik. Damit will neben der PD auch der „dritte Pol“ der bürgerlichen Mitte punkten. Den Gegenpart aber wird ausgerechnet Berlusconi übernehmen. Die andauernde Krise, eine 2013 auf über zwölf Prozent steigende Erwerbslosen-Quote und ein Armutsrisiko für 28 Prozent der Italiener liefern ihm genügend Material für demagogische Attacken auf Monti und Partner.

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