Für Silvio Berlusconi geht es am 9. und 10. April nur um die eine Frage: Erlaubt das Wahlvolk ihm - dem "Erfolgsmenschen" - die Fortsetzung seiner segensreichen Politik oder fällt es auf den von "Kommunisten gesteuerten Strohmann" Romano Prodi herein, der darüber hinaus (Originalton Berlusconi) das "Gesicht einer erschöpften Bulldogge" habe und wie eine "Mortadella aus Bologna" wirke. Bei einigem Realitätssinn freilich lässt sich dem Mitte-Links-Bündnis Unione nicht vorwerfen, allein auf seinen Spitzenkandidaten zu bauen, auch wenn man mit dem durchaus reüssieren kann. Der eher genügsam wirkende Bologneser Professor hat die bizarre Galionsfigur der italienischen Rechten vor zehn Jahren schon einmal klar geschlagen.
Verglichen mit dem während des Wahlkampfes aggressiv um sich schlagenden Premierminister erschien Prodi stets freundlich, seriös und kompetent - ein Staatsmann eben, dem es nicht schwer fiel, am 14. März das erste TV-Duell mit Berlusconi für sich zu entscheiden. Und dem es gelang, ein heterogenes Mitte-Links-Bündnis zusammen zu halten, zuweilen freilich mit unverblümt autoritären Methoden. So beendete Prodi den Streit um den Bau einer Autobahn mit einem Machtwort à la Schröder: "Die Piste wird gebaut - basta!"
Die entscheidenden Partner bei Unione - die Linksdemokraten und Margherita* - liegen nach letzten Umfragen bei 20 beziehungsweise 13 Prozent, während Rifondazione Comunista (PRC) als drittstärkste Kraft im Bündnis mit etwa sieben Prozent rechnen kann. Die restlichen Gruppierungen weisen Notierungen zwischen einem und drei Prozent vor: Die Rose in der Faust (Radikale und Sozialisten), die Grünen, die Liste des Ex-Staatsanwalts Di Pietro, die vom PRC abgespaltenen Comunisti Italiani (PdCI), die Rentnerpartei Partito pensionati und andere. Halten die Prognosen, was sie versprechen, dürfte Unione etwa 52 Prozent verbuchen. Damit wäre nicht nur Berlusconi abgewählt, sondern auch verhindert, dass Gianfranco Fini, der Führer der postfaschistischen Alleanza Nazionale (AN), bei einem Sieg des Rechtsblocks Berlusconis Erbe antreten könnte. Giorgio Bocca, ein ehemaliger Partisan, heute Kolumnist des Wochenblatts L´Espresso, schreibt dazu, es gehe gegen "die schwarze Pest, den dauernden italienischen (sic!) Faschismus oder etwas, das dem Faschismus schrecklich ähnlich sieht und das die italienische Luft unerträglich macht."
Das Programm von Unione allerdingsist für Wähler links der Mitte eher enttäuschend. Wirtschaftswachstum wird als Allheilmittel gegen Armut und prekäre Arbeitsverhältnisse gepriesen. Es gibt nur vage Bekenntnisse zu Kündigungsschutz, Mindestlohn und starken Gewerkschaften. Eine Erhöhung besonders niedriger Renten wird in Aussicht gestellt. In der Einwanderungspolitik will man den rechten Dreiklang aus "abschotten, diskriminieren, kriminalisieren" aufgeben, an "gerechten und wirksamen" Maßnahmen gegen illegale Einwanderung aber festhalten. Immerhin sollen die berüchtigten Flüchtlingszentren "überwunden", repressive Einwanderungsgesetze abgeschafft werden und länger in Italien lebende Ausländer das kommunale Wahlrecht erhalten. Außenpolitisch vereint das Programm Friedensbekenntnisse mit realpolitischen Trippelschritten, ergo sollen die italienischen Truppen erst dann aus dem Irak nach Hause zurückkehren, wenn "nach Konsultation mit den irakischen Behörden ... die Modalitäten geklärt" und nicht näher definierte "Sicherheitsbedingungen garantiert" sind - was immer das heißen mag.
Das Sofortprogramm einer Mitte-Links-Regierung unter Prodi müsse eine finanzpolitische "Schocktherapie" sein, fordert der linksdemokratische Parteisekretär Piero Fassino: mit Steuernachlässen für Investitionen im Süden sowie bei Forschung und Entwicklung. Um die zuletzt verschärften sozialen Gegensätze zu mildern, soll es staatliche Lohnzuschüsse geben - das alles erfordere "die Mithilfe aller, vor allem der Unternehmer und Gewerkschaften".
Nicht nur die Kommunisten, auch Teile der Linksdemokraten haben sehr viel radikalere Vorstellungen von dem, was geschehen müsste. Durchsetzen werden sie sich damit nicht, zumal sich nach dem Votum neue Konstellationen ergeben könnten. Umberto Bossi von der regionalistischen Lega Nord hat schon signalisiert, mit einer siegreichen Unione ins Geschäft kommen zu wollen, Ähnliches ist von einigen Christdemokraten aus dem Rechtsblock zu hören. Es gäbe bei Unione Kräfte, "die nur das Orchester, nicht aber die Musik" wechseln wollten, heißt es in einem Faltblatt von Rifondazione Comunista (PRC). "Nur mit der Bewegung, der realen Teilhabe lebendiger Menschen, der Gewerkschaften und sozialen Kräfte, lässt sich wirklich etwas ändern."
* Zusammenschluss kleinerer Parteien wie des Partito Popolare, des Rinnovamento Italiano und so weiter.
Die Parlamentswahl von 2001
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