Erstmals seit 1945 gibt es keinen einzigen kommunistischen Abgeordneten mehr im römischen Parlament. Während der Sieg der Rechten am 13./14. April zu erwarten war, kam die Niederlage der Bündnisliste La Sinistra l´Arcobaleno (Regenbogenlinke), bestehend aus Kommunisten, Grünen und Teilen der bisherigen Linksdemokraten, in diesem Ausmaß doch überraschend.
Bei den Umfragen schien bis Anfang April noch alles in Ordnung. Zwischen fünf und acht Prozent wurde der Regenbogenlinken prophezeit. Zumindest der Einzug in die Abgeordnetenkammer (hier gilt eine Vier-Prozent-Hürde) sollte damit gesichert sein, glaubte man. Erst ab acht Prozent, so die interne Sprachregelung bei Rifondazione Comunista (RC) und deren Partnern, könne man von einem Erfolg sprechen.
Mit nur 1,1 Millionen Stimmen (3,1 Prozent/s. Übersicht) ist die Linke nun freilich auf der ganzen Linie gescheitert. Selbst in der Toscana, der "roten Region" par excellence, kam sie nicht über 4,5 Prozent hinaus. Verglichen mit den Ergebnissen der beiden kommunistischen Parteien und der Grünen bei der Wahl 2006 hat das linke Bündnis fast drei Millionen oder zwei von drei Wählern verloren. Die meisten davon wählten diesmal Walter Veltronis Demokratische Partei (PD), viele auch die mit der PD verbündete Liste Italien der Werte des ehemaligen Korruptionsermittlers Antonio Di Pietro oder gar die offen rassistische Lega Nord. Schätzungsweise eine Million Linkswähler von 2006 sind diesmal gar nicht zur Abstimmung gegangen.
In der bisherigen Form wird die Regenbogenlinke nicht überleben
In den ersten Analysen der Geschlagenen wird unterschieden zwischen den Umständen, sprich "objektiven Faktoren", und eigenen Fehlern, die zur Niederlage führten. Nicht zu beeinflussen war die mediale Präsentation der Wahlentscheidung als Duell der starken Männer und ihrer Parteien. Veltroni hat es verstanden, die berechtigte Furcht vor dem rechten Bündnis aus Populisten, Rassisten, Post- und Neofaschisten für sich zu nutzen. Das Argument der - für die Regierungsbildung - "nützlichen Stimme" schadete der Linken, die Veltroni ungerührt ins Abseits stellte: Ein Aufguss des breiten Mitte-Links-Bündnisses, das 2006 Romano Prodis knappen Sieg über Berlusconi ermöglichte, kam für ihn nicht in Frage.
Fest steht, dass die linken Parteien für ihre Solidarität und Unterstützung, die sie der Regierung Prodi zuteil werden ließen, abgestraft wurden, weil dieses Kabinett die Hoffnungen auf soziale Reformen vollständig enttäuscht hat. Weitgehend unstrittig ist auch, dass sich die Regenbogenlinke viel zu spät konstituierte und dann - unter dem Druck des Wahltermins - als reine Listenverbindung durch die Parteiapparate förmlich dekretiert wurde.
Auch der Spitzenkandidat des Regenbogens, Fausto Bertinotti, kann über erlittene Blessuren und harsche Kritik aus den eigenen Reihen nicht klagen: Der Wahlkampf sei zu sehr auf ihn und seine Präsenz in den Fernsehstudios zugeschnitten gewesen, heißt es. Mit inzwischen 68 Jahren habe er auch nicht glaubhaft den Aufbruch des angeblich "neuen politischen Subjekts" verkörpern können. Auf Befremden und Missfallen stieß sein Ausspruch in einem Interview, der Kommunismus sei für die italienische Linke nur noch eine "philosophische und kulturelle Orientierung". Auch der Verzicht auf Hammer und Sichel als gemeinsames Symbol des Regenbogens habe sich demobilisierend ausgewirkt, sagen viele Kommunisten. Andere wenden ein, dass die beiden Gruppierungen, die mit diesem traditionellen Emblem antraten, ebenfalls scheiterten: Die Kommunistische Arbeiterpartei (PCdL) kam auf 0,6 Prozent, die 2007 von Rifondazione Comunista abgespaltene Kritische Linke (Sinistra Critica) auf 0,5.
In der bisherigen Form wird die Regenbogenlinke nicht überleben. Auflösungstendenzen gab es schon kurz nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses. Die Grünen werden von Veltroni umworben, ebenso die mit einem Prozent gleichfalls gescheiterten Sozialisten der Sinistra Democratica. Und die Mehrheit der Comunisti Italiani (PdCI) setzt auf die "Einheit der Kommunisten" - in der Hoffnung, neben der Sinistra Critica auch Teile von Rifondazione gewinnen zu können. Letzteres ist bis auf weiteres unwahrscheinlich.
Eine "Wiedervereinigung" der Kommunisten ist kein Königsweg
Nach dem Rückzug Bertinottis und der Demission des Sekretariats um Franco Giordano haben sich bei Rifondazione Comunista die Mehrheitsverhältnisse spürbar geändert. Auf der Sitzung des Nationalen Politischen Komitees - einer Art "kleiner Parteitag" - am vergangenen Wochenende hat sich die Fraktion um den bisherigen Sozialminister Paolo Ferrero knapp durchgesetzt. Ein provisorisches Sekretariat ist beauftragt, den auf Mitte Juli vorgezogenen Kongress vorzubereiten. Einer Wiedervereinigung der Kommunisten jedenfalls hat die neue Mehrheitsfraktion schon einmal eine Absage erteilt. Dass sich die Partei nicht in ein diffuses "neues Subjekt" auflösen wird, ist ebenfalls Konsens.
Mit anderen Worten, während die Linksparteien nach dem Desaster zu retten versuchen, was zu retten ist, sind die unorganisierten Betreiber linker Fusionen klar in die Defensive geraten. Aber auch sie wollen nicht aufgeben, sie wollen "eine einige und plurale Linke", die keine Auflösung der bisherigen Parteien, aber "neue Formen der (innerlinken) Demokratie" verheißt. So steht es in der Abschlussresolution ihres Kongresses in Florenz, abgehalten eine Woche nach der Wahl. Noch im Frühsommer - also wohl vor dem RC-Parteitag und der voraussichtlichen Konstituierung der "Vereinigten Kommunisten" - soll es ein weiteres nationales Treffen geben; an der Spitze der bis dahin federführenden Arbeitsgruppe stehen die Professoren Paul Ginsborg und Marco Revelli.
Man darf sich auf einen Sommer der Kongresse einrichten, eskortiert von einer "Antwort der Straße" auf den Triumph der Rechten um Berlusconi. Die Bewegungen gegen den Ausbau der Militärbasis in Vicenza oder gegen die Hochgeschwindigkeitstrasse Turin-Lyon bleiben zum Handeln entschlossen. Auch wenn sie alle unter Schock stehen, weil der Ansprechpartner in der Abgeordnetenkammer verloren ging. Über die entfallene parlamentarische Präsenz der Linken sind sogar konservative Politiker besorgt - sie befürchten eine Zuspitzung sozialer Konflikte, nicht zuletzt in den Betrieben. Ob die Linke das für Reanimation und Renaissance nutzen kann, bleibt offen. An Mutmachern fehlt es nicht. Auf dem Kongress von Florenz präsentierte sich die 78-jährige Luciana Castellina aus der Il-Manifesto-Gruppe als "lebender Beweis, dass man Niederlagen überstehen kann".
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