Neustart im Osten?

AfD Jan Bauer wurde bundesweit dafür bekannt, dass er aktiv eine Studierendenparlamentswahl manipulierte. Jetzt kandidiert er in Sachsen-Anhalt für die AfD.

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"Wie geht nochmal Demokratie?" fragte Heike Sonnenberger am 08.12.2011 auf dem Portal SPON. Hintergrund waren die kuriosen Umstände bei einer Wahl zum Studierendenparlament (StuPa) an der Universität Duisburg-Essen (UDE). Hauptperson in dem skurillen Stück: Der damalige AStA-Referent Jan Bauer. Jetziger Bürgermeisterkandidat der AfD im Salzlandkreis in Sachsen-Anhalt.

Urne wurde "sichergestellt"

Doch was war passiert? Der Wahlausschuss hatte eine Frist fehlerhaft angegeben. Der damalige AStA legte deswegen Beschwerde ein. In einem Eilentscheid hatte das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen entschieden, dass die Wahl fortgeführt werden solle. Zu entscheiden habe später der Wahlprüfungsausschuss. Diesem Gerichtsbeschluss, der nichts anderes bedeutete, als dass das normale Verfahren eingehalten werden sollte, wollte Bauer lieber nicht folgen. Es folgten Sperrung von Schlüsseln, das Sabotieren eines Druckers und - als die Wahl dennoch fortgesetzt wurde - schließlich das Entwenden einer Wahlurne. "Sicherstellen", nannte Bauer das damals. Wahlausschuss und AStA stritten daraufhin monatelang juristisch um die Herausgabe der Urne. Die Studierendenschaft hatte die Kosten des Verfahrens zu tragen: In vierstelliger Höhe.

Das Schlusskapitel dieser Chose ist hingegen banal einfach: Dem Wahlausschuss musste die Urne ausgehändigt werden, die Wahl wurde ausgezählt, die Einsprüche abgelehnt und die vorherige Koalition abgewählt. Ein paar Monate Galgenfrist hatte sich die Koalition jedoch herausholen könnte. Dies reichte zumindest um noch den Verkauf der AStA Service GmbH und des Studierendencafés KKC. Dass es dort nicht mit rechten Dingen zugeht, vermuteten viele.

Veruntreuungen in sechstelliger Höhe

Die Aufklärung dieser Fälle wird nun stattfinden. Am 30.08.2016 findet am Landgericht der erste Prozesstag statt. Zwei ehemalige Referenten, Borislav Schön und Oliver Bay, stehen vor Gericht. Es geht um etwa 450.000€, die die beiden in ihren aktiven Jahren veruntreut haben sollen. Unter anderem über Beraterverträge mit Dursun Safrak und die Gründung einer Limited in Großbritannien.

Auch Bauer profitierte von diesem Spiel. Neben seiner Aufwandsentschädigug organisierte er selbst noch Partys in dem Café. Die Miete erließ ihm der AStA, von den Gewinnen musste er nichts abführen. Die Werbung für die Events zahlte er aus seinem Etat für das Öffentlichkeitsreferat, aufgehängt wurden sie von einem Plakatierteam des AStA.

Ein problematisches Anspruchsdenken

Strafrechtlich wird Bauer voraussichtlich nicht belangt werden. Sollte der Prozess Anknüpfpunkte zu seinem Vergehen finden, so hat er gute Chancen, dass viele Bestände bereits verjährt sind. Dass die Staatsanwaltschaft mehr als fünf Jahre zur Prozesseröffnung brauchte, ist in diesem Kontext besonders bedenklich. Es bleibt jedoch, neben der Schmierenkomödie um die Wahl, eine Dokumentation eines problematischen Anspruchsdenkens. Abgerechnete Privateinkäufe, die fast ausschließliche private Nutzung eines Transportfahrzeugs, Rechnungen, die der Wirtschaftlichkeit widersprechen, aber aus der Druckerei eines guten Bekannten kommen. Ideologisch passt der autoritäre, oft auch rassistisch und sexistisch sich äußernde Bauer gut ins Konzept der AfD. Eine Alternative zum politischen Establishment bietet dieser sicher nicht. Viel mehr verkörpert er ein Macht- und Anspruchsselbstverständnis, dass die AfD zu bekämpfen vorgibt. Sich dazu erklären wird sich der Verband aber wahrscheinlich nicht müssen.

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