Gerechtigkeit jetzt!

Sozialstaatlichkeit Dieser Artikel ist ein Beitrag zur sozialen Gerechtigkeit in der Bundesrepublik Deutschland, sowie innerhalb der Europäischen Union.

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Kreis Kleve – Aktuell gibt es auf Campact eine Aktion. Dabei geht es um die Menschen in Notlagen. Ihnen kann jetzt geholfen werden.

Hier der Text auf Campact:

Großkonzerne rettet die Bundesregierung in der Corona-Krise mit Milliarden – aber die Ärmsten der Gesellschaft gehen beinahe leer aus. Schon vor Corona waren die Regelsätze für Sozialleistungen viel zu niedrig. Durch die Pandemie sind die finanziellen Belastungen für viele Menschen noch weiter angestiegen – sie brauchen deshalb mehr Unterstützung.

Fordern Sie jetzt Corona-Nothilfen für die Ärmsten!

Appell Empfängerinnen und Empfänger:

Die Bundesregierung

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Covid-19-Pandemie mit all ihren wirtschaftlichen und sozialen Folgen ist eine Herausforderung für uns alle. Doch sie trifft die Ärmsten in der Gesellschaft besonders hart. Sie warten noch immer auf angemessene Unterstützung.

Wir fordern daher ...

  • ... die bedarfsgerechte Anhebung der Regelsätze auf mindestens 600 Euro für alle Menschen, die auf existenzsichernde Leistungen wie etwa Hartz IV angewiesen sind. Denn schon vor Corona fehlte es den Armen an Geld für eine ausgewogene, gesunde Ernährung und ein Mindestmaß an sozialer, politischer und kultureller Teilhabe.

  • ... für die Dauer der Krise einen pauschalen Mehrbedarfszuschlag in der Grundsicherung von 100 Euro pro Kopf und Monat. Denn es entstehen durch Corona zusätzliche Bedarfe durch wegfallende Schulessen, Preissteigerungen bei Obst und Gemüse, Mehrausgaben für Hygieneartikel und Masken oder Spielzeug und Bücher für Kinder im Lockdown.

  • ... für die Dauer der Krise ein Verbot von Zwangsräumungen und die Aussetzung von Kreditrückzahlungen, um einkommensarme Menschen vor Corona-bedingtem Wohnungsverlust und Existenznot zu schützen.

5-Minuten-Info: Corona-Nothilfen

Was fordert das Bündnis ?

Das Bündnis fordert eine Anhebung der Regelsätze staatlicher Grundsicherung auf 600 Euro und eine monatliche Corona-Nothilfe in Höhe von 100 Euro. Beides soll die ärmsten Menschen der Gesellschaft davor schützen, während und nach der Pandemie noch weiter an den Rand gedrängt zu werden. Zu dieser Gruppe zählen Bezieher*innen von Hartz IV (Arbeitslosengeld II), Arbeitnehmer*innen mit so geringen Einkommen, dass sie aufgestockt werden müssen, sowie Menschen, die eine Altersgrundsicherung erhalten oder sich in einem laufenden Asylverfahren befinden. Nötig wären dazu Änderungen der geltenden Hartz-IV-Gesetze, des Asylbewerberleistungsgesetzes und der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung.

Warum benötigen Bezieherinnen und Bezieher von Sozialleistungen

mehr Geld ?

Durch die Corona-Pandemie entstehen allen Menschen Mehrkosten, etwa für Masken oder Hygieneartikel. Diese zusätzlichen Ausgaben treffen Bezieher*innen von Sozialleistungen jedoch deutlich härter. Hinzu kommen andere finanzielle Belastungen, die erst auf den zweiten Blick sichtbar werden: Im Lockdown verbringen Familien mehr Zeit zu Hause, das treibt die Stromkosten in die Höhe. Zudem verlieren viele Aufstocker*innen, die beispielsweise in der Gastronomie oder der Kosmetikbranche arbeiten, ihren erlaubten Zuverdienst.

Arme Familien sind von Schul- und Kita-Schließungen auf mehreren Ebenen betroffen
: Es entfällt das tägliche Schulessen, gleichzeitig steigen die Lebensmittelpreise. Die Familien müssen zudem zusätzliches Spielzeug und Lernmaterialien bereitstellen: Um im digitalen Klassenzimmer zu sitzen, braucht jedes Kind einen Computer oder zumindest ein Smartphone, Kopfhörer sowie schnelles und stabiles Internet.

Obwohl sich die Corona-bedingt steigenden Kosten auf die Ärmsten am gravierendsten auswirken, ist gerade diese Gruppe von der Regierung bislang kaum durch Corona-Hilfen unterstützt worden.

Warum müssen die Regelsätze staatlicher Grundsicherung generell erhöht werden ?

Das Ziel einer staatlichen Grundsicherung ist es, den Mindestbedarf eines Menschen zu decken und ein Leben in Würde zu garantieren. Dabei geht es nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts ausdrücklich auch um ein Mindestmaß an Teilhabe. In der Realität leben Menschen, die in Deutschland von staatlicher Grundsicherung abhängig sind, unter der Armutsgrenze. Eine ausgewogene Ernährung, Fahrten zur Familie, einen Weihnachtsbaum, Bücher zum Deutschlernen oder einen Volkshochschulkurs – all das können sich Bezieher*innen von Grundsicherung oftmals nicht leisten. Zur „kulturellen Teilhabe“ sind für Kinder und Jugendliche 15 Euro im Monat vorgesehen. Davon lässt sich nicht einmal ein Kinobesuch mit Popcorn und Getränk zahlen, geschweige denn Beiträge und Ausstattung für Musik- oder Tanzschule. Die Regelsätze staatlicher Grundsicherung waren also bereits vor Corona viel zu niedrig.

Der Grund für das allgemeine Auseinanderklaffen von Regelsätzen und tatsächlichem Bedarf ist das vielfach kritisierte Berechnungsverfahren der Regierung. In diesem Verfahren werden zur Ermittlung dessen, was ein Mensch in Deutschland zum Leben braucht, Stichproben von Einkommen und Verbrauch der einkommensschwächsten 15 Prozent herangezogen. Kritisiert wird dabei, dass auch Personen mit eingerechnet werden, die selbst Anspruch auf staatliche Grundsicherung bzw. Bezuschussung hätten, diese aber beispielsweise aufgrund bürokratischer Hürden nicht beantragen. Zudem nimmt die Bundesregierung viele Streichungen vor und berücksichtigt im Regelsatz nur einen Teil der so ermittelten Ausgaben armer Haushalte. Expert*innen kritisieren, dass diese Kürzungen willkürlich und methodisch unsauber sind, so dass die Regelsätze im Ergebnis viel zu niedrig ausfallen.

Warum sind Menschen überhaupt auf staatliche Unterstützung angewiesen ?

Es gibt viele Gründe, warum Menschen auf staatliche Grundsicherung angewiesen sein können: zu niedriges Einkommen, Krankheit, Pflege und/oder Erziehung von Angehörigen, Ausbildung oder Qualifizierungsmaßnahmen, Überqualifizierung, Beschäftigungsverbote für Geflüchtete. All diese Faktoren beeinflussen die Möglichkeiten einer Person, am Arbeitsleben teilzunehmen, und können in unserer Gesellschaft zu Verarmung und Vereinsamung führen.

Was sollte die Regierung noch tun, um die Ärmsten der Gesellschaft während Corona zu unterstützen ?

Eine wichtige Maßnahme wäre ein Kündigungsmoratorium für Mieter*innen, also ein befristeter Zahlungsaufschub. Damit lässt sich verhindern, dass Menschen aufgrund von temporären Einkommenseinbußen durch die Coronakrise in die Lage geraten, ihr zuhause verlassen zu müssen. Auch Rückzahlungsforderungen für Kredite sollten in dieser Ausnahmesituation ausgesetzt werden, damit Menschen nicht in Existenznot geraten.

Würdige Lebensbedingungen für Geflüchtete und Obdachlose in Zeiten einer Pandemie – und auch darüber hinaus – erfordern die Auflösung von Sammelunterkünften und stattdessen eine dezentrale Unterbringung, z. B. in gerade leerstehenden Hotelzimmern oder unvermieteten Wohnungen.

Wie kann der Staat sich das leisten ?

Der Staat lässt sich die Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie einiges kosten: Neun Milliarden Euro für die Lufthansa, eine dritte Finanzspritze für die TUI in Höhe von fast zwei Milliarden Euro und eine Milliarde Euro für Flughäfen zeigen, dass Gelder fließen, wenn der politische Wille da ist. Es ist also eher eine Frage der politischen Prioritätensetzung, ob auch Menschen in finanzieller Not staatliche Unterstützung erhalten.

In Zeiten von Corona ist Solidarität wichtiger denn je. Eine derzeit diskutierte Möglichkeit der Finanzierung ist beispielsweise eine europaweite Covid-Solidaritätsabgabe auf hohe Vermögen, Unternehmensgewinne, Finanztransaktionen und die höchsten Einkommen. Zusätzliche Gelder für Haushalte mit niedrigem Einkommen können sogar die Konjunktur stärken, da sie von den Empfänger*innen meist unmittelbar wieder ausgegeben werden müssen. Die Finanzkrise 2008 hat gezeigt, dass Staaten durch Verschuldung während der Krise in der Lage waren, Wirtschaftseinbrüche deutlich abzuschwächen. So konnten sie in den Folgejahren der Krise beachtliches Wachstum generieren und ihre Staatsverschuldung erneut senken.

Wer unterstützt unsere Forderungen ?

Die Forderungen werden von einem breiten Bündnis aus 41 Gewerkschaften und Verbänden getragen: Ver.di – Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft, der AWO Bundesverband, der Sozialverband VdK, die Diakonie Deutschland – Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung, Der Paritätische Wohlfahrtsverband Gesamtverband, der Sozialverband Deutschland, der Volkssolidarität Bundesverband, die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, der Deutsche Kinderschutzbund Bundesverband, das Deutsche Kinderhilfswerk, PRO ASYL, der Evangelische Verband Kirche-Wirtschaft-Arbeitswelt (KWA), die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, der Deutsche Kulturrat, der Deutsche Mieterbund, die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland, die Tafel Deutschland, der Bundesverband anthroposophisches Sozialwesen, die Deutsche Gesellschaft für Verhaltenstherapie (DGVT), die Deutsche Gesellschaft für Soziale Psychiatrie, der Dachverband Gemeindepsychiatrie, der Bundesverband Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft, die DEUTSCHE DIABETES FÖDERATION, Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe - DBfK Bundesverband, der Deutsche Wohlfahrtsverband für Gehör- und Sprachgeschädigte GSW, foodwatch, BAG Streetwork / Mobile Jugendarbeit, die Bundesinteressenvertretung schwuler Senioren (BISS e.V.), das PARITÄTische Bildungswerk Bundesverband, die Koordinierungsstelle gewerkschaftlicher Arbeitslosengruppen, ADRA Deutschland, die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung, die NaturFreunde Deutschlands, das Advent Wohlfahrtswerk, der PFAD Bundesverband der Pflege- und Adoptivfamilien, Sanktionsfrei, das Sozialwerk des dfb (Dachverband), der Verband Deutscher Schullandheime und das Zukunftsforum Familie.

Jimmy Bulanik

Nützlicher Links im Internet:

https://aktion.campact.de/corona-nothilfen/appell/teilnehmen?utm_source=homepage&utm_medium=cms

https://www.der-paritaetische.de/presse/aufruf-soforthilfen-fuer-arme

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Jimmy Bulanik

Jimmy Bulanik ist ein international langjährig erfahrener Experte gegen Rechtsextremismus, Rechtsterrorismus sowie dem innerstaatlichen Handelns.

Jimmy Bulanik

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