Chronik

vom 5. März bis zum 11. März 2009

Fatah und Hamas verhandeln

Das Ende des Schweigens

Alle wollen sie miteinander reden. US-Präsident Obama etwa mit gemäßigten Taliban. Fatah und Hamas, die verfeindeten palästinensischen Parteien, haben ihr Schweigen schon gebrochen. Vermittelt von der ägyptischen Regierung und unter dem freundlichen Blick der Friedensstifter aus nah und fern haben sie Gespräche zur Bildung einer Einheitsregierung aufgenommen. Sie sollen einen Monat dauern. Wenn sich die Lager verbünden sollten, müssen noch ganz andere reden lernen – in Europa und den USA, wo die Hamas als Terrororganisation geführt wird. Ob Benjamin Netanjahu, mutmaßlich der nächste israelische Verhandlungspartner, den Mund aufbekommt? KAB

Offener Brief an den DGB

Kopf und Kragen

Während auf der Kommandobrücke des Raumschiffs DGB unbeeindruckt Kurs auf die eigene Krisen-Demo im Mai gehalten wird, läuft im Maschinenraum die Debatte über die Politik der Führung: „Fast nicht wahrnehmbar“ seien die Gewerkschaften mitten in der Krise. Dass die Chefetagen nicht auch zu den Ende März geplanten Protesten aufrufen, halten viele Kollegen für „nicht nachvollziehbar“. In einem Offenen Brief der Gewerkschaftsbasis, der täglich neue Unterzeichner findet, wird jetzt ein Kurswechsel verlangt: „Abwarten ist keine Option“, heißt es da, „immerhin geht es um Kopf und Kragen der Lohnabhängigen“. Ob sich Kopf und Kragen des DGB davon beeindrucken lassen? TS

(Wahl-)Kampf um Opels Zukunft

Das böse I-Wort

Ein Regierungssprecher erfreute gerade mit der Auskunft, in der Koalition herrsche „klares Einvernehmen“ in Sachen Opel. Wie sich das anhört, weiß man, seit Wolfgang Schäuble laut über eine Insolvenz des Autobauers nachdachte. Die SPD erwiderte, sie würde sich nie und nimmer an dieser Debatte beteiligen, allein die Benutzung des bösen I-Wortes zeuge von Verantwortungslosigkeit. Mit solchen Sprüchen lassen sich zwar auch keine Jobs retten. Aber die SPD steht jetzt als die bessere Arbeiterpartei da. Nur Angela Merkel will sich wieder nicht festlegen: „Wir werden helfen, wenn der Nutzen für alle Menschen größer ist als der Schaden.“ Und man dachte schon, es sei umgekehrt. TS

Präsidentenwahl in El Salvador

Winkt die Zeitenwende?

Drei Tage vor der Präsidentenwahl am 15. März liegen Mauricio Funes, Kandidat der linken Frente Farabundo Marti (FMLN), und Rodrigo Avilo, Bewerber der regierenden rechten ARENA-Partei laut jüngsten Umfragen gleichauf. Funes hat eine Bresche ins bürgerliche Lager geschlagen, um auch dort Stimmen zu holen. Er will das Amnestiegesetz von 1993, das ultrarechten Todesschwadronen für ihre Verbrechen während des Bürgerkrieges (1980 – 1992) Straffreiheit zusichert, nicht aufheben. Eine Enttäuschung für viele Anhänger der FMLN, die als Guerilla einst El Salvador revolutionieren wollte. Ihr Vorbild waren die Sandinisten in Nicaragua. LH

Berlusconi trifft Gadaffi

Zelten auf La Maddalena

Während Guido Westerwelle wegen der FDP-Umfragewerte in der Sparte Triumphkrähen Erstaunliches vollbringt, gelingt Silvio Berlusconi Vergleichbares in der Disziplin „smarte Bonmots“. Anfang März zu Gast in Libyen, lud er Muammar al Gadaffi zum G8-Gipfel auf der Insel La Maddalena vor Sardinien ein. „Wir sind schon dabei, einen geeigneten Platz für dein Zelt zu finden“, beschied er Libyens Vorbeter. Kritiker seiner kraftvollen Rhetorik pflegt Berlusconi gern als „humorlose Blödmänner“ zu geißeln, die mit der Aura eines gebildeten Mannes nichts anzufangen wüssten. „Mein Latein ist gut genug, dass ich ein Mittagessen mit Julius Cäsar bestreiten könnte“, sagt Italiens Vordenker.LH

Hypo Real Estate

Was wusste Steinbrück?

Wurde im Fall Hypo Real Estate eine private Bank zum Nachteil des Steuerzahlers geschont? Während die Lex HRE immer noch ordnungspolitische Untergangsgesänge provoziert, fordert die Linksfraktion einen Untersuchungsausschuss, der die Vorgänge bei der HRE-„Rettung“ aufhellen soll. So erfolgte die Unterzeichnung der ersten Bürgschaft nur einen Tag nach Ablauf der Frist, in der noch die HypoVereinsbank für die Schulden hätte haften müssen. Geschah dies mit Absicht? Und was wusste der Finanzminister? Ob der Ausschuss auch die Unterstützung von FDP und Grünen erhält, ist offen. Man wolle, hieß es dort, das „schärfste parlamentarische Schwert“ nicht zu früh zücken. TS

Fotos: HAZEM BADER/AFP/Getty Images, akg/dpa, Ralph Orlowski/Getty Images, REUTERS (2), OLIVIER HOSLEt/Epa/dpa

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Geschrieben von

Jörn Kabisch

Stellvertretender Chefredakteur des Freitag von 2008 - 2012 und Kolumnist bis 2022, seitdem Wirt im Gasthaus zum Schwan in Castell

Jörn Kabisch

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