Chronik

vom 12. bis 18. März 2009

Lieberman designierter Minister

Kehraus für den Frieden

Israels Durchmarsch nach rechts gewinnt an Tempo. Der designierte Premier Benjamin Netanyahu will Avigdor Lieberman als künftigen Außenminister, auch wenn er sich damit sehr viel politischen Gegenwind einhandelt. Der Vorsitzende der ultranationalistischen Partei Unser Haus Israel lässt selten eine Gelegenheit zu antiarabischen Statements verstreichen, er will das Westjordanland weiter besiedeln und hält Syrien für einen Schurkenstaat, dessen Bestimmung allein darin besteht, Israel auf ewig die Golan-Höhen abzutreten. Passend zu diesen Bekenntnissen soll der ehemalige Generalstabschef Moshe Yaalon neuer Verteidigungsminister werden. LH

Rentenerhöhung im Wahljahr

Kreuz des Ostens

Mal eine „gute Nachricht“: Im Westen steigen die Renten um den Wert mehrer Schachteln Likör-Pralinen. Im Dedoron-gebeutelten Osten fällt das Plus gar noch großzügiger aus. Der zuständige SPD-Minister spricht von einem „schönen Beweis für die Kraft des Sozialen“. Eine Erhöhung, die den Namen auch verdient, gab es zuletzt 2002 – vor Bundestagswahlen, die bekanntlich im Osten entschieden werden. Auch damals hatte es dort ein überdurchschnittliches Plus gegeben. Sonderboni als Wahlnachhilfe? Nicht doch. Die Regierung erklärt den DDR-Aufschlag mit plötzlichen Änderungen in der Statistik über die Löhne. Und solche „guten Nachrichten“ glauben wir natürlich sofort. TS

Wahlprogramm der Linkspartei

Konsequenter Realismus

Für das Wahlprogramm der Linken, das jetzt eine „erste Lesung“ im Parteivorstand durchlaufen hat, wünscht sich Dietmar Bartsch „konsequenten Realismus“. Ein Wettrennen der Forderungen helfe nicht weiter, sagt der Bundesgeschäftsführer. Hintergrund ist der parteiinterne Streit über Alternativen zu Hartz IV. Aber nicht nur diese Debatte köchelt heftig in der Linken, auch bei anderen „Knackpunkten“ wird es zwischen den Flügeln wieder Auseinandersetzungen geben – wie zuletzt in der EU-Frage. So wird von Wahlpapier zu Wahlpapier intern der eigene Kurs bestimmt. Dass Wähler die dicken Parteisprech-Konvolute lesen, ist unwahrscheinlich. Nicht nur bei der Linken. TS

Steinbrück beleidigt Eidgenossen

Aufgescheuchte Indianer

Ideen findet er selten, Feinde dagegten häufiger. Finanzminister Steinbrück besaß so viel diplomatisches Feingefühl, die Schweizer im Streit um Steueroasen mit aufgescheuchten „Indianern“ zu vergleichen, die man „in Angst und Schrecken“ versetzen wollte. Der Rückgriff auf den immer wieder gern servierten Kulturchauvinismus in den Farben der BRD verschaffte dem deutschen Botschafter einen Termin im Berner Außenministerium. Steinbrück ist übrigens der Mann, der einst die Autobahnen verkaufen wollte, die Heuschrecke Lone Star mit der IKB-Bank beglückte und noch im September 2008 glaubte, die Finanzkrise werde Deutschland in Ruhe lassen. LH

GM hält an Opel fest

Guttenberg auf Bittgang

Beschwichtigung galt schon immer viel in der Politik. Bei der Opel-Krise hilft sie, Hoffnungen zu strecken. Aber zu hoffen gibt es wenig nach den Terminen von Wirtschaftsminister Guttenberg bei General Motors und US-Finanzminister Geithner diese Woche. Schon gar nicht für die Opel-Belegschaften. Die deutsche Marke vom GM-Konzern abzutrennen, bleibt ein frommer Wunsch. Nicht einmal Patente kann Detroit abtreten, weil die längst an den US-Staat verpfändet sind. Der Bundesregierung bleibt nur, weitere Milliarden springen zu lassen und damit den Automarkt außer Kraft zu setzen. Eine Konzernrettung, bei der vom EU-Wettbewerbsrecht nicht mehr viel zu retten wäre. LH

Köhlers Vorsprung

Minus 2, plus 1

Die Wiederwahl des Bundespräsidenten gilt als einigermaßen sichere Sache. Dank Sachsens CDU wird jetzt noch einmal genau nachgerechnet. Weil Landtagsabgeordnete bei einer Vorabstimmung an der falschen Stelle ihr Kreuz machten, verlor die schwarz-gelbe Mehrheit in der Bundesversammlung zwei Sitze. Gesine Schwans Freude währte kurz, denn eine mögliche Überläuferin aus dem „bürgerlichen Lager“ hat sie schon wieder eingebüßt: Gabriele Pauli verzichtete auf die Teilnahme an der Wahl, da ihre Partei sich auf Horst Köhler festgelegt hat. Der CDU-Mann wirbt derweil ganz zeitgeistgemäß für eine „ökologische Revolution“. Nur von Peter Sodann hat man lange nichts mehr gehört. TS

Fotos: Jim Hollander/AFP/Getty Images, Eckelt/Caro/Ullstein Bild, Axel Scmidt/ddp, Wolfgang Kumm/DPA, Michael Trippel/Ostkreuz, Steffen Kugler/DPA

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Geschrieben von

Jörn Kabisch

Stellvertretender Chefredakteur des Freitag von 2008 - 2012 und Kolumnist bis 2022, seitdem Wirt im Gasthaus zum Schwan in Castell

Jörn Kabisch

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