Eine ganz köstliche Satire

Der Koch Alles, was im weitesten Sinne unter die Rubrik Do-it-yourself fällt, findet man auf YouTube zum Nachahmen. Natürlich auch Anleitungen für die Küche
Ausgabe 37/2014
Eine ganz köstliche Satire

Bild: Otto für der Freitag

Wenn man praktische Tipps braucht, dann ist eine Suchmaschine wie Google nur die zweite Wahl. Wie man sein Handy trocknet, ein Hochbeet anlegt, die Espressomaschine entkalkt oder einen Fahrradschlauch flickt: Das entreißt Youtube der abstrakten Welt der Schrift. Alles, was im weitesten Sinne unter die Rubrik Do-it-yourself fällt, findet man hier als Videoanleitung zum Nachahmen. Natürlich auch Handreichungen für die Küche.

„Die 50 besten Küchentipps der Welt“ nennt sich ein Programm, das eine ganz köstliche Satire ist. Um eine Geschmacksprobe zu geben: „Fleisch sauber mehlieren“ heißt es da in einer Folge. Mehlieren ist der erste Schritt für ein gutes Wiener Schnitzel, bevor man das Fleisch in Ei und Panade tunkt. Sie dachten, es würde reichen, etwas Mehl in einen Suppenteller zu geben, um die Fleischstücke darin zu wenden? Weit gefehlt. Dafür, erklärt unsere Youtube-Expertin, nehme man eine Gefriertüte, gebe Mehl und Fleisch hinein, halte sie zu und schüttle kräftig.

Ganz einfach und genial, wenn die Moderatorin nicht etwas Mühe hätte, die Fleischlappen in die Tüte zu bekommen und den Beutel dann auch noch so weit unten zuhält, dass sich im Inneren absolut nichts bewegt. Ich habe nur Kritik an der Kameraführung. Die Linse schwenkt zu schnell vom fertigen Produkt weg: Ein Schnitzel, bedeckt mit Mehlklumpen – die Pointe hätte ich doch gern noch ein bisschen länger ausgekostet.

Schön auch, gewissermaßen als Serie in der Serie, ist die ständige Beschäftigung mit der Avocado. Diese Frucht muss für viele Menschen eine echte Herausforderung sein. Folge eins: „Reife von Avocados erkennen.“ Ich merke das normalerweise daran, dass die Schale dunkel bis schwarz ist und beim Drücken leicht nachgibt. Doch auch das wäre zu simpel. Die Youtube-Expertin rät, den Stielansatz aus der Schale zu drehen. Dann sehe man das Fruchtfleisch. Ist es grün, sei die Avocado reif, ist es braun, überreif. Ein genialer Tipp, auch für den Einkauf. Der Haken daran: Im Lebensmittelladen sind Avocados meist noch unreif.

Aber auch das ist kein Problem. Amiena Zylla, die Expertin, die übrigens von der Esszeitschrift Eat Smarter vor die Kamera gestellt wurde, hat auch dafür einen besten Küchentipp der Welt parat: „Avocados schneller reifen lassen.“ Dafür solle man sie in Zeitungspapier einwickeln und in den Kühlschrank legen. Das hat was: Das Papier, eine Tüte ist sogar noch besser, fängt nämlich das Ethylen auf, das die Frucht abgibt und das ihr zugleich beim Reifen hilft. Ich frage mich nur, ob die Lagerung im Kühlschrank dabei wirklich hilfreich sein kann.

Hat man wie durch ein Wunder nun doch irgendwann eine Avocado, die man durch den Sehschlitz, siehe Folge eins, als reif genug einschätzt, hilft der nächste Tipp: „Avocados entkernen leicht gemacht.“ Kommen Sie bloß nicht auf die Idee, dafür die Finger oder einen Löffel zu verwenden. Der beste Küchentipp der Welt: Bohren Sie einen Korkenzieher in den Kern.

„Zwiebelschneiden ohne Tränen“ ist auch sehenswert. Nein, die Empfehlung, eine Taucherbrille aufzusetzen, wäre jetzt ein Kalauer. Der Ratschlag gestaltet sich viel origineller: Man schneide die Zwiebel unter Wasser. Im Video konkret in einer Auflaufform, die man mit Wasser gefüllt hat. Probieren Sie das mal aus. Wenn Sie die Zwiebelhälfte geachtelt bekommen und sich dabei nicht in den Finger schneiden, haben Sie Glück, so wie die Moderatorin, die augenscheinlich viel in dieser Unterwasserdisziplin geübt hat.

Ach, es gibt noch viel mehr Folgen, bei denen man Tränen lachen kann. Ich fürchte nur, dass nicht jeder die Satire erkennt.

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Geschrieben von

Jörn Kabisch

Stellvertretender Chefredakteur des Freitag von 2008 - 2012 und Kolumnist bis 2022, seitdem Wirt im Gasthaus zum Schwan in Castell

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