Die lukrative Kundschaft der HSBC

Syrian Connection Wenn es um Vermögensverwaltung ging, wandten sich arabische Despoten und ihr innerer Kreis gerne an den Bankenkonzern HSBC. Syrien stellt offenbar keine Ausnahme dar.

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Das legt nun ein us-amerikanischer Senatsbericht1 nahe. Über Jahre hinweg verwaltete die HSBC Genf einen Trust auf den Cayman Islands für die heute unter EU-Sanktionen2 stehende Familie Makhlouf. Begünstigter des Trusts war der Oligarch Rami Makhlouf3, Cousin von Präsident Baschar al-Assad. Er gilt als reichster Mann Syriens, als zentrale Schaltstelle staatlicher Korruption – und als Finanzier des Regimes4, das mit seiner Familie eng verknüpft ist.

Der Beitrag war für den Alternativen Medienpreis 2013 nominiert - Kategorie: Internet.

Bereits im Februar 2008 war „Mr. Five Percent“, wie Rami Makhlouf in syrischen Geschäftskreisen und Medienberichten genannt wird5, vom US-Finanzministerium mit Sanktionen belegt worden. Vermögenswerte wurden eingefroren, Handelsbeziehungen mit ihm für US-Staatsbürger unter Strafe gestellt. Das Office of Foreign Assets Control(OFAC)warf ihm vor, seine engen Verbindungen zum Assad-Regime zu nutzen, um regelwidrige Geschäftsvorteile zu erlangen.6

Ob bei der Vergabe von Mobilfunk-Lizenzen7 oder beim Import von deutschen Luxusautos8: Geschäftspartner und Konkurrenten hatten dem Vernehmen nach harte Bandagen zu spüren bekommen – Kritiker mussten mit Schlimmerem rechnen. Der syrische Abgeordnete Riad Saif landete fünf Jahre hinter Gittern, nachdem er Makhlouf öffentlich der Korruption bezichtigt hatte.9 Ein Sprecher Makhloufs hatte die Anschuldigungen jedoch stets zurückgewiesen.10

Interner E-Mail-Verkehr

Auch bei der HSBC wurden die Sanktionen des US-Finanzministeriums zur Kenntnis genommen. Eine Woche nachdem das OFAC die Sanktionsliste um Makhloufs Namen ergänzt hatte, tauschte sich Compliance Personnel von HSBC Cayman und HBUS, der us-amerikanischen Tochter der HSBC, über den Trust aus, wie aus gruppeninternem E-Mail-Verkehr hervorgeht. Aufgrund der US-Sanktionen informierte HSBC Cayman die US-Vertretung über das trust relationship und fragte nach, „welche Handlungen (…) die HSBC-Gruppe (bzgl. Rami Makhlouf/Anmerk.d.Verf.) unternommen“ habe. 11

Bedenken an dem von der HSBC Geneva verwalteten Trust, dessen Gründer Ramis Vater Mohamad Makhlouf ist, hatte die HSBC Cayman offenbar schon im August 2007 geäußert. Damals habe ein namentlich genannter Mitarbeiter der HSBC Geneva versichert, „die Geschäftsbeziehung sei auf einem Gruppen-Level geprüft und die Entscheidung getroffen worden, die Geschäftsbeziehung fortzusetzen“, wie der Senatsbericht zitiert.12 Da HBUS auch im Februar 2008 nicht direkt involviert war, berichtete die Bank auch nicht der US-Finanzaufsicht OFAC.13 Im Gegenteil: Auf Nachfrage des Ausschusses legte sich HBUS später fest, keine Verbindung zu Rami Makhlouf gehabt zu haben.14

Ermittlungsverfahren eingestellt

Die HSBC in Genf blieb scheinbar ebenso unbeeindruckt von den US-Sanktionen. Es gibt Hinweise, dass sich die Geschäftsbeziehung mit der Familie Makhlouf im Allgemeinen, deren Vermögen bereits im Jahr 2006 auf etwa 3 Milliarden US-Dollar15 geschätzt wurde, und Rami Makhlouf im Speziellen fortsetzte. So bestätigte die Schweizer Bundesanwaltschaft nun auf Anfrage, dass im Zusammenhang der Causa Rami Makhlouf und HSBC ein Ermittlungsverfahren wegen Geldwäsche geführt, allerdings am 31. Januar 2012 eingestellt worden sei – und verwies auf ein Urteil des Bundesstrafgerichts.16

Die Richter hatten Mitte Januar 2012 festgestellt, dass die Schweizer Sanktionen, die im Mai 2011 rechtskräftig wurden17, nicht auf vier Nummernkonten des syrischen Geheimdienstchefs Hafez Makhlouf, Rami Makhloufs Bruder, angewendet werden dürften. Sowohl Hafez als auch Rami sind trotz Anonymisierung zweifelsfrei in dem Urteil zu identifizieren. Insgesamt 3 Millionen Euro wurden freigegeben, da das Geld einerseits für Verpflichtungen aus einem Immobilien-Deal vor den Sanktionen bestimmt gewesen sei, andererseits der Vorwurf der Geldwäsche trotz vieler Indizien nicht ausreichend belegt sei.18

Trotzdem, so entschied das Bundesverwaltungsgericht einige Monate später, sei die Sperrung der Gelder von Hafez und Mohamad Makhlouf „gesetzmäßig, im öffentlichen Interesse liegend und verhältnismäßig“. Beide hatten gegen ihre Aufnahme in die Schweizer Sanktionsliste Beschwerde eingelegt.19

Keine Auskünfte zu Personen

Ob von der Sperrung mögliche Anlagen der Familie Makhlouf bei der HSBC betroffen sind, ist unklar. „Wir halten weltweit alle Sanktionen ein“, schrieb eine Sprecherin auf Anfrage. Die HSBC könne keine Auskünfte über Personen geben – weder um zu bestätigen, noch um zu verneinen, ob sie Kunden seien.20

Auch an anderer Stelle ist es schwer, mehr zu erfahren. Das für die Durchsetzung der Sanktionen zuständige Schweizer Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) macht keine Angaben zu Personen oder Geldinstituten. Lediglich, dass zum jetzigen Zeitpunkt etwa 100 Millionen Schweizer Franken syrischen Vermögens eingefroren seien, sagte Sprecherin Marie Avet auf Anfrage.21

Auch die Eidgenössische Bankaufsicht FINMA gibt keine Auskunft darüber, welche Geschäftsbeziehung mit Political Exposed Persons (PEP) gemeldet, welche überprüft und welche beanstandet wurden.22 DerMeldestelle für Geldwäscherei MROS wurden 2011 allerdings nur sieben Fälle in Zusammenhang mit syrischen Geldern zugetragen – ihr Gesamtvolumen belief sich auf rund 27,3 Mio. Schweizer Franken. Alle standen im Verdacht mit Bestechung zu tun zu haben.23

Kritik von NGOs

Mangelnde Transparenz – das ist, was eine NGO-Allianz aus mehreren Initiativen bereits mehrfach hinsichtlich der Schweizer Bankenaufsicht bemängelt hat. „Ohne die Information, welche PEP-Beziehungen überprüft und welche beanstandet wurden, kann das Verhalten der Banken nicht adäquat beurteilt werden“, konstatiert Andreas Missbach von der „Erklärung von Bern“. „Nur dann könnte die Öffentlichkeit beurteilen, ob die Banken ernsthaft versucht haben, die Vorgaben umzusetzen.“ 24

Die Bundesanwaltschaft bestätigte auf Anfrage, dass weiterhin gegen syrische Staatsangehörige ermittelt wird. Der Verdacht in allen Fällen: Geldwäsche.25

Update 19.2.2015: Nachdem bereits das HSBC-Datenleak "Swiss Leaks" die Connection bestätigt hat, haben sich nun Reporter von Al-Araby al Jadeed, dem ICIJ und ARIJ des Themas angenommen. Ergebnis: Das Geschäftsverhältnis zwischen der HSBC und dem Makhlouf-Clan ist noch enger als gedacht. Außerdem sind neue Proxy-Firmen, Anlagen und dubiose Geschäftspartner aufgetaucht.

Update 6.4.2016: Auch in den Panama Papers taucht Rami Makhlouf auf. "Offenkundig scherten sich entscheidende Leute bei Mossfon nicht wirklich um die Sanktionslisten der Amerikaner und Europäer (...)", schreibt die SZ. Mit einer der über Mossack Fonseca installierten Firmen unterhielt auch die HSBC Geschäftsbeziehungen, wie BBC berichtet. Zitat aus einer internen Email (Februar 2011): "The HSBC compliance department of the bank not only in Geneva but also in their headquarters in London know about Mr Makhlouf and confirm that they are comfortable with him."

1 Permanent Subcommittee On Investigations: HSBC Case History, S. 176/177

2 EU-Sanktionen, Annex II

3 Permanent Subcommittee On Investigations: HSBC Case History, Dokumente im Anhang

4 http://www.guardian.co.uk/world/us-embassy-cables-documents/100578

5 http://www.nytimes.com/2011/05/01/world/asia/01makhlouf.html?pagewanted=all

6 http://www.treasury.gov/press-center/press-releases/Pages/hp834.aspx

7 http://www.ft.com/cms/s/0/e29a73f8-6b78-11e0-a53e-00144feab49a.html#axzz22u77T7cj

8 http://www.marketplace.org/topics/world/protesting-syrian-elite

9 Volker Perthes: Geheime Gärten - Die neue arabische Welt, Berlin 2002, S. 259

10 http://www.ft.com/intl/cms/s/0/e29a73f8-6b78-11e0-a53e-00144feab49a.html#axzz22u77T7cj

11 Permanent Subcommittee On Investigations: HSBC Case History, S. 176/177

12 Permanent Subcommittee On Investigations: HSBC Case History, S. 176/177

13 Permanent Subcommittee On Investigations: HSBC Case History, Dokumente im Anhang

14 Permanent Subcommittee On Investigations: HSBC Case History, S. 176/177

15 http://www.herzliyaconference.org/_Uploads/2590Bashars.pdf, S. 379

16 s. Email-Korrespondenz mit Bundesanwaltschaft, 6.8.2012

17 http://www.seco.admin.ch/themen/00513/00620/00622/04669/index.html?lang=de

18 http://bstger.weblaw.ch/cache/pub/cache.faces?file=20120111_BB_2011_95.htm&query=BB.2011.95&ul=de oder auch http://www.20min.ch/finance/news/story/Schweiz-rueckt-3-Millionen-raus---fuer-Assads-Cousin-19449478

19 s. Urteile Bundesverwaltungsgericht, B-3488/2011 und B-5196/2011 vom 14. Juni 2012

20 E-Mail-Korrespondenz mit HSBC, 16.8.2012

21 Telefonat mit SECO, 6.8.2012

22 Telefonat mit FINMA, 15.8.2012

23 http://www.fedpol.admin.ch/content/dam/data/kriminalitaet/geldwaescherei/jahresberichte/jb-mros-2011-d.pdf

24 Telefonat mit EvB, 15.8.2012

25 E-Mail-Korrespondenz mit Bundesanwaltschaft, 16.8.2012

Co-Autor des Beitrags ist Jens Jüttner
Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
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