Adieu "Richie", Richard von Weizsäcker

Nachruf Richard von Weizsäcker wurde zu Lebzeiten und wird posthum von vielen hoch geachtet, von nicht ganz wenigen richtig verehrt, auch wenn er in der CDU umstritten bleibt.

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Richard von Weizsäcker (1920- 2015), oder das munter tönende Pfeifen nach dunkler Zeit für Neues bereit.

Richard von Weizsäcker ist am 31. Januar mit beinahe 95 Jahren verstorben

Richard von Weizsäcker wurde zu Lebzeiten und wird posthum von vielen hoch geachtet, von nicht ganz wenigen richtig verehrt, auch wenn er in den Reihen der CDU/CSU als deren einstiges Mitglied ohne Stallgeruch umstritten bleibt.

Prägend bleibt Richard von Weizsäcker insbesondere mit seiner Rede vom 8. Mai 1985 im Deutschen Bundestag zum vierzigsten Jahrestag des Ende des Zweiten Weltkrieges, in der er eindeutig bemüht war, stellvertretend für alle Deutschen, was sage ich, alle Europäer aus dem Schatten des Nationalsozialismus zu treten, ohne diesen als "identitätsstiftend" unkenntlich machen zu wollen.

Zum Zeitpunkt seiner Rede im Deutschen Bundestag zu Bonn Bad- Godesberg am 8. Mai 1985 im Gedenken an das Kriegsende am 8. bzw. am 9. Mai 1945 mag das Gefühl einer Zäsur für einen Moment gegolten haben und stimmen, hatte doch der damalige Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl es zu jener Zeit noch für gut befunden, den sowjetischen Generalsekratär der KPdSU Michail Gorbatschow mit dem NS- Propagandaminister Dr. Joseph Goebbels zu vergleichen, mit dem US Präsidenten Ronald Reagan zum Gedenken nicht etwa nach Auschwitz- Birkenau, sondern zum Soldatenfriedhof in Bitburg zu fahren, auf dem, neben gefallenenen GIs der US Army, Soldaten der Deutschen Wehrmacht, auch gefallene Angehörige der Waffen- SS ehrenhalber begraben liegen.

In der Rückbesinnung scheint sich der damalige Bundespräsident Richard von Weizsäckers vor allem, "schlafwandlerisch" sicher parteilich eingebettet, einem längst mehrheitlich bestehend geschichtlichen Selbstverständnis der Deutschen Hüben und Drüben bedient zu haben, ohne in die Verlegenheit kommen zu wollen, der europäischen Zukunft zugewandt, über alles Blockdenken des Kalten Krieges hinweg, als Voll- Jurist das brennende Thema der Rehabilitation und Entschädigung von europaweit Millionen Zwangsarbeitern, von NS- Verfolgten, Homosexuellen, Juden, Sinti, Roma, Deserteuren auf die gesellschaftspolitische Agenda zu setzen. Das geschah, mehr oder weniger, erst nach der Amtszeit des Bundespräsidenten Richard von Weizsäckers.

Nicht wenigen Deutschen erscheint Richard von Weizsäcker als Lichtgestalt mit Leichtathletik Drei- Kampf Sportabzeichen, ist es ihm doch gelungen, wovon Politiker träumen, aber kaum erleben:

"Über Jahrzehnte hinweg galt er auf wundersame Weise, einmal laut als Regierendnder Bürgermeister von Westberlin, von Wolfgang Neuss kumpelhaft "Richie" gerufen, einmal leise im Hintergrund als unangefochten moralische Instanz im deutsch- deutschen Land in der Mitte Europas.

Richard von Weizsäckers Auftritt, Habitus, untadeliger Frisur und Lebenführung vom Scheitel bis zur Sohle, mit Gattin und vier Kindern, entsprach alle Wochentage dem

"Herrn Mustermann nebst angetraut patenter Ehefrau"

entprach so sehr dem Selbstbild der Deutschen, der am Samstag, den 31. Januar 2015 im Alter von 94 Jahren in Berlin verstarb, als schauten sie im SPIEGEL- BILD ihr Ebenbild, wenn R.v.W.ihnen manchmal vornehm, häufig hemdsärmelig, unbekümmert aufgeräumt erschien.

Von 1950 bis 1953 arbeitete Richard von Weizsäcker als wissenschaftliche Hilfskraft bei der Mannesmann AG in Gelsenkirchen. 1953 wechselte er in die Rechtsabteilung der Mannesmann AG nach Düsseldorf. Im Juli 1955 erhielt er Prokura und wurde 1957 Leiter der wirtschaftspolitischen Abteilung. Ende Juni 1958 schied Weizsäcker bei Mannesmann aus und war bis 1962 persönlich haftender Gesellschafter des Bankhauses Waldthausen, zu dem über seine Frau familiäre Beziehungen bestanden. Danach war er von 1962 bis 1966 Mitglied der Geschäftsführung des Chemie- und Pharmaunternehmens Boehringer Ingelheim in Ingelheim am Rhein. Boehringer Ingelheim lieferte im Folgejahr 1967 720 Tonnen Trichlorphenolatlauge an Dow Chemical. „Mit großer Betroffenheit“ habe er erst Jahre nach seiner Tätigkeit bei Boehringer von Agent Orange erfahren, sagte von Weizsäcker[– eine Aussage, die auch angezweifelt wurde.(s. wikipedia)

Richard von Weizsäcker bekleidete, nachdem er als Unternehmer und Manager bei dem Chemie- und Pharmakonzern Böhriger aufhörte, in seinem Leben viele politische Ämter und Funktionen. Er war Abgeordneter des Deutschen Bundestages in Bonn- Bad Godesberg und dessen Vizepräsident, er war Leiter der Grundsatzkommission der CDU, Regierender Bürgermeister von Berlin, Kirchentagspräsident und Staatsoberhaupt.

Über seinen Tod hinaus wird, neben Kontroversen, die er anregte, Entscheidungen, z. B. als Regierender Bürgermeister 1982 die Regie der S- Bahn in Westberlin durch die Deutsche Reichsbahn (DR) der DDR in Ostberlin durch deren Ankauf zu beenden, seinen Innensenator Lummer auf die Hausbestzerszene von der Leine zu lassen, seine Rede vom 8. Mai 1985 im Gedächtnis bleiben.

Am 40. Jahrestag des Kriegsendes, am 8. Mai 1985, assistiert von seinem persönlichen Referenten Friedbert Pflüger, fand Bundespräsident Richard von Weizsäcker im Deutschen Bundestag jene Worte, die bis heute über Grenzen politischer Lager hinweg als über alle Maßen fällig und erlösend empfunden werden: Der Tag sei für die Deutschen kein Grund zum Feiern, so ist es in von Weizsäckers Rede nachzulesen, wohl aber ein "Tag der Befreiung vom menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft" gewesen.

Wie das in den Köpfen der Deutschen zusammengehen sollte?, Richard von Weiszsäcker muss es seismografisch ergründet, gut beraten, oder beides, aus ganz persönlicher Motivlage so empfunden haben.

"Befreiung ohne Gefühl der Erlösung, des Sinnen und Trachtens nach Feiern?"

Oder war seine Rede eigentlich noch auf ein weitergehendes Ziel ausgerichtet, wie Friedbert Pflüger in einem Jahre später erschienem Buch

"Mit der Macht der Moral"

bekundet, wovon er von Weizsäcker dringend abriet, cora Weltöffentlichkeit anzumahnen, den letzten Kriegesgsfangenen der Alliierten. den Stellvertreter des Führers Adolf Hitler, Rudolf Hess, aus Spandauerfestungshaft zu entlassen?

Die untertänige Anmahnung der Entlassung Rudolf Hess aus seiner Haft wg. menschenrechtlicher Bedenken war nicht neu, das hatten verschiedene Regierende Bürgermeister von Westberlin, darunter Willy Brandt, Bundesknazler Helmut Schmidt, Helmut Kohl ebenfalls vergeblich versucht.

Aber anlässlich des vierzigsten Jahrestages des Endes des Zweiten Weltkrieges erschien diese Anmahnung in der Rede des Höchsten Repräsentanten der Bundesrepublik Deutschland damals vielen absolut unheilschwanger deplaziert unangemessen.

Die Anmahnung ließ Richard von Weizsäcker in seiner Rede weg, was blieb, waren seine ausgesuchten Formulierungen, die, anbahnend, wohl zu dieser Anmahnung hinführen sollten.

Unmissverständliche will Richard von Weizsäcker seine damalige Rede als Distanzierung vom Faschismus verstanden wissen. die den Nationalsozialismus als unauslöschbaren Bestandteil deutscher Geschichte definiert.

In seinem Ausdruck "Befreiung" ist wundersam eine Vorstellung angelegt, die Mehrheit der Deutschen sei vom nationalsozialistischen Regime in Geiselhaft genommen worden - und nicht etwa Teil dieses Gewalt- und Terror- Systems gewesen.

Eine Wortwahl, die auf den ersten Blick, nachdenklich Anstoss gebend, mutig wirkt, gelchwohl als Botschaft gelten kann, willige Helfer, Mitläufer per se zu entlastend, auf eine neue Innerlichkeit beim Blick auf die Vergangenheit zu verweisen.

War das nicht ganz dem Verständnis seines Vaters Ernst von Weizsäcker geschuldet, der als Staatsekretär und SS- Brigadeführer im Auswärtigen Amt zu Zeiten des Außenministers und Sektbarons Joachim von Rippentrop dem NS- Regime treu zu Diensten war und es angemessen fand, später als reichsdeutscher Botschafter beim Vatikan dem damaligen Papst Pius XII druckvoll zu verdeutlichen, dass die Deportation römischer Juden nach Auschwitz dringend geboten sei, um den Vatikan vor unwägbar harten Maßnahmen des NS- Regimes zu schützen.

Vorher war Ernst von Weizsäcker in Frankreich als Staatssekretär im Auswärtigen Amt dokumentiert aktiv geworden, die Deportation 6000 französischer Juden nach Auschwitz auf besorgte Nachfrage aus dem Führerhauptquartier wg. möglicher diplomatischer Verwicklungen, auszudrücklich mit seinem handschriftlichen Zusatz versehen "Kein Einspruch" zu befürworten.

Richard von Weizsäcker, der als Student der Rechtswissenschaften sein Sturium für zwei Jahre unterbach, um bei der Verteidigung seines Vaters Ernst von Weizsäcker vor dem Nürnberger Kriegsverbrecher Gerichtshof im "Wilhemstraße- Prozess" bis 1949 zu assistieren, hat lebenslang das Urteil gegen seinen Vater als unrechtmäßigen Willkür- Akt der Siegermächte empfunden, weil sein Vater im damailgem Kirchenasyl des Vatikan für den Fall seiner Zeugenvernehmung durch das Hohe Gericht, Zeugenschutz und sicheres Geleit hin und zurück garantiert worden sei.

Nun war der Zeuge Ernst von Weizsäcker, wie andere Zeugen, darunter Eugen Kogon, Marie-Claude Vaillant-Couturier, als ehemalige Untergrundkämpferin, Ex-General Erwin Lahousen, beide mit die wichtigsten Zeugen der Anklage, zunächst im legendären Nürnberger Zeugenhaus untergebracht, nicht etwa Zeuge der Anklage, sondern Zeuge der Verteidigung jener Weggefährten im Auswärtigen Amt des Dritten Reiches, die nun, wie Joachim von Ribbentrop, Hermann Göring, Rudolf Hess, Karl Dönitz, Albert Speer, Baldur von Schirach, Generalfeldmarschaf Wilhelm Keitel u. a. auf der Anklagebank saßen. Hatten jene ihren "Spießgesellen" Ernst von Weizsäcker genötigt, sein sicheres Kirchenasyl im Vatikanstaat zu Rom zu verlassen, um als deren Entlastungszeugen vor dem Internationalen Nürnberger Kriegsverbrecher Tribunal aufzutreten?

Gustav Heinemann, einer jener Vorgänger des Richard von Weizsäckers im Amt des Bundespräsidenten, der dem demokratischen Aufbruch im geteilten Deutschland bis heute unvergessen bleibt, hatte während der dunklen Zeit in Deutschland von 1933- 1945, auf persönlich riskante Weise Flugblätter für die Bekennende Kirche hergestellt und verbreitet.

Der ehemalige Bundeskanzler Willy Brandt, gilt bis heute als Ikone der Sozialdemokratie, der Sozialistischen Internationale, hatte, erst in Norwegen, dann in Schweden, vom Dritten Reich als gewisser "Herbert Frahm", letzter Wohnort Lübeck, ausgebürgert, zur Fahndung ausgeschrieben, ein Leben als Widerstandskämpfer im Exil geführt.. Für ihre Vergangenheit im Widerstand gegen das NS- Regime konnten beide kaum im Nachkriegsdeutschland mit Bewunderung durch Mehrheiten rechnen, galten sie doch vielen im Land der Täter über Jahrzehnte hin immer noch als Vaterlandsverräter

Richard von Weizsäcker wurde dagegen als strebsam braver Sohn aus bestem Hause, wohlgefällig sein dunkles Haupthaar gescheitelt, das frühzeitig in himmlisch anmutendem Silberglanz erschien, ihm den Spitznahmen "Silberlocke" eintrug, als Vorbild eines "Guten Deutschen" im Hier und Jetzt der Neuen Zeit parteiübergeifend medial überaus wohlgesonnen kommuniziert.

Wer wollte ihm das vorwerfen. Dazu war die nationale, war die internationale Gemengelage im Kalten Krieg zusehr mit Vorsatz verfahren, zu komplex und kompliziert. als dass nicht Menschen mit politischer Weitsicht das Potenzial in Richard von Weizsäcker entdeckten und zu aktiivieren suchten, dass er als Person, ganz unabhängig von seinem familären Hintergrund, bot,

Richard von Weizsäcker (R. v. W.) hat sich nicht nur als Präsident des deutsch- deutschen Evangelischen Kirchentages 1981 in Hamburg, sondern lebenslang bis zu seinem Tod intensiv und schmerzhaft mit der Frage politischer Schuld auseinandergesetzt. Wohl besonders auch aus persönlichen Gründen.

Manchmal wirkte R. v. W. dabei durchaus sperrig, wenn er als ehemaliger Kirchentagspräsident der Moderatorin Sandra Maischberger 2010 zu seinem 90zigsten Geburtstag auf deren Frage"

"Glauben Sie an Gott?"

unwirsch entgegnete: "Darauf antworte ich nicht. Das mit oder ohne Gott ist eine persönliche Angelegenheit. Diese Frage gehört sich einfach nicht!"

Auf eine weitere Frage "Was sind Sie heute von Beruf?",

antwortet Richard von Weizsäcker kühn: "Zeitzeuge"

- Richard von Weizsäcker 2010 in einem Gespräch mit der FAZ als Zeitzeuge zum Auswärtigen Amt von Frank Schirrmacher befragt:

"Es geht hier nicht um meinen Vater“

Richard von Weizsäcker ist bis zuletzt nicht als Zeitzeuge in Erscheinung getreten, der die Öffnung der Archive des Auswärtigen Amtes zur wissenschaftlichen Forschung gefördert, gefordert, geschweige denn das persönliche Archiv seines Vaters Ernst von Weizsäcker der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt hätte.

Richard von Weizsäcker hat als Zeitzeuge in der Weise von sich wunderlich die Rede gemacht, dass er einerseits davon berichtet, dass Seinesgleichen damals im Dritten Reich, voran sein Vater Ernst von Weizsäcker (bekennender Angehöriger der SS), Juden aus reiner Sympathie und Menschenliebe nahe gelegt hätten, frühzeitig, außerhalb des Geltungsbereichs des Dritten Reichs, das Weite im Ausland zu suchen, um Leib, Seele, gar Teile des Vermögens, vorher käuflich veräußernd, zu retten.

Andererseits aber im Brustton unerschütterlicher Überzeugung verkündet, seine Familie habe von den Konzentrations- , gar Vernichtungslagern des NS- Terror- Regimes erst nach 1945 wie viele andere aus der Zeitung erfahren.

Selbst noch in dem vorliegenden Gespräch der FAZ mit Richard von Weizsäcker und Frank Schirrmacher klingt ein ungeheuerlicher Unterton an, wenn Richard von Weizsäcker bekundet, dass sein Vater, Ernst von Weizsäcker 1936 Thomas Manns Ausbürgerung eingeleitet hat, habe er erst jetzt durch das vorliegende Buch „Das Amt“ erfahren, gleichzeitig aber merkwürdig „unscharf“ beiläufig einen Ton anschlägt, als gebe es auch Gründe für Thomas Manns Ausbürgerung, samt Enteignung dessen Vermögens durch das Dritte Reich:

„Wir haben wohl einige politische Stellungnahmen Thomas Manns, vor allem aus der Zeit der „Betrachtungen eines Unpolitischen“, nicht für seine stärkste Seite gehalten. Aber sein Riesenwerk „Joseph und seine Brüder“ haben wir immer als genial empfunden.“ -

Richard von Weizsäcker (* 15. April 1920 in Stuttgart; † 31. Januar 2015 in Berlin) in gesicherten Lebensverhältnisse hinein geboren, die, trotz Nachkriegszeit, der Erste Weltkrieg war noch keine 16 Monate zuende, im Himmel gemacht zu sein schienen.

- Bildungsbürgerlich allseitig respektiert. Der Vater Ernst von Weizsäcker, als Korvettenkapitän kaiserlicher Marine 1918 entlassen, war inzwischen im Diplomatischen Dienst der Weimarer Republik und verweilte dort auch nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten am 31. Januar 1933. -

Auch wenn der Adelstitel der Weizsäckers erst im Jahre 1916, mitten im Ersten Weltkrieg mit kaiserlich- königlichem Siegel Württembergs versehen, verliehen worden war

- immerhin war Großvater Carl von Weizsäcker von 1906 bis 1918 Ministerpräsident des Königreichs Württemberg. Richards älterer Bruder Carl- Friedrich ward 1912- 2007 verstorben, noch als Bürgerlicher geboren -

eher als nachrangiger "Etagenadel" galt, der Adelstand nach dem Ersten Weltkrieg 1919 in Gänze durch die Weimarer Rebublik als gesellschaftlicher Stand abgeschafft, alle vorherigen Adelstitel null und nichtig waren, so wurden diese doch weiterhin, anders als in der Republik Österreich, als auffällig "schlichter" Bestandsteil des Namenszuges "belanglos" fortgeführt

Richard von Weizsäcker war nun eine dieser Persönlichkeiten in Deutschland, die dem, was an gesellschaftlichem Stand, gemäß Weimarer Verfassung 1919, Grundgesetz (GG, 1949), nicht mehr galt, durch ganz persönlichen Einsatz von Glanz, Habitus, Mimik, Gestik, rhetorisches Vermögen, wieder Nimbus, Rang und Namen, wenn auch auf dünnem Regenbogenrpesse Eis

"Wer mit uns den Fahrstuhl hinauf fährt, fährt auch wieder hinunter!",

zu verleihen wussten.

Der Schlüssel zum Wirken Richard von Weizsäckers mag darin liegen, dass er in harter Zeit des Kalten Krieges, der organisierten Unterlassungen im geteilten Deutschland, Hüben und Drüben,, NS- Verbrechen überhaupt und vor allem frühzeitig Gerichtsverfahren zuzuführen, Überlebende des Holocaust, Opfer von Verfolgung, Vertreibung, Berufsverboten durch das NS- Regime, Zwangsarbeiter zu entschädigen, lebenslang versuchte, in alle Richtungen versöhnliche Tonlagen zu suchen, sei es in den braunen Nebel, sei es in sozialisitische Experimente, Friedensprojekte, oft, auf Ausgleich sinnend, seltsam brückenschlagend, gelungen zu finden.

So empfand Richard von Weizsäcker frühzeitg die bedingungslose Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze als Ausdruck konkreter Entspannungs- und Friedenspolitik.

Zu einer Zustimmung zum Moskauer Vertrag von 1970, in dem die Grenze zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR als unverletzlich erklärt wurde, konnte Richard von Weizsäcker sich dagegen nicht durchringen. Gleichwohl rang er in der CDU/CSU mit einem gewissen Erfolg gegen ein Nein. Wo für ihn Grenzen aufttauchten, galt ihm Stimmenthaltung als Ausweg.

Aber das kennt man ja, das war in der rotgrünen Koalition bei der Frage der Zustimmung dzu Einsatz der Bundeswehr im Kosovo- Krieg 1999 ohne UNO. Mandat ebenso wie in anderen Parteien bei anderen Gemengelagen

Besonders hervorzuheben ist die Haltung Bundespräsident Richard von Weizsäckers auf dem Höhepunkt rechtsextremer Ausschreitungen gegen Ausländer hierzulande (Rostock- Lichtenhagen, Mölln, Lübeck, Solingen) zu Beginn der 90er Jahre

Richard von Weizsäcker wandte sich, wenn auch vergeblich, gegen eine quasi Allparteien- Phalanx im Deutschen Bundestag aus CDU/CSU/FDP/SPD, die die Beschneidung des Rechts auf Asyl 1994/95 durch eine entsprechende Änderung des Grundgesetzes für sakrosankt erklären ließ.
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Damals wetterte Richard von Weizsäcker aufgebracht gegen die bundesdeutsche "Politikastenschicht" , sie erliege einer "Machtversessenheit in Bezug auf Wahlkampferfolge".

Mit Blick auf den deutsch- deutschen Vereinigungsprozess mahnte Richard von Weizsäcker, sich zu vereinen lernen hieße:

"Teilen lernen".

Wer Gründe für den Respekt vor der Lebensleistung Richard von Weizsäckers sucht, hier kann er diese ungetrübt finden.

Adieu "Richie"
JP

http://www.stiftung-sozialgeschichte.de/joomla/index.php/de/component/content/article/87-zeitschrift-archiv/135-einer-dem-man-glaubt?tmpl=component&print=1&page=

„Einer, dem man glaubt“

Richard von Weizsäckers Erinnerung an Vater und Zeitgeschichte

Friedbert Pflüger „Richard von Weizsäcker. Mit der Macht der Moral“
Deutsche Verlags-Anstalt (DVA), München 2010
ISBN 9783421044457

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Geschrieben von

Joachim Petrick

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Joachim Petrick

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