Angstbewirtschaftung als Geschäftsmodell

EU als Beispiel des Angstbewirtschaftungskonzeptes und Geschäftsmodell, Wachstum zu steuern, durch Subventionen dort zu befördern, andernorts durch deren Entzug zu unterbinden

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Herrscht in der EU Kulturpessimismus statt Freiheitsstreben als Grundsatzprogramm und Leitbild vom Geschäftsmodell der Angstbewirtschaftung?

Um von vornherein Missverständnissen entgegen zu treten, sei hier hervorgehoben, Angstbewirtschaftung hat nichts aber auch gar nichts mit Management, Strukturierung, Organisation, Regulierung von Angst zu tun, sondern bedeutet quasi, Zug um Zug, den ohnehin allgmeinen Level von weltweit vagabundierender Angst dort anzuheben, hier auf Frist gesetzt, über die Medien asymmetrisch demobilisiert abzusenken, insgesamt aber in der Tendenz anzustacheln und, von Region zu Region, gesellschaftlicher Schichtung zu geselschaftlicher Schichtung, Upper- and Under- Class, selelktiv unterschiedlich bewirtschaftet. als Wachstumsmarkt ertragsorientiert auszubeuten und ohne Haftung am liebsten als "No Name Globalplayer" von dannen zum mächsten Tatort zu ziehen

Das Konzept der Angstbewirtschaftung als globales Geschäftsmodell, mit "Fliegendem Gerichtsort", Wachstum zu steuern, durch Subventionen dort zu befördern, andernorts durch deren Abbau, gar Entzug zu unterbinden, über Krisen, Kriege, humanitäre Katastrophen unkontrolliert in sein Gegenteil, in Schrumpfungsprozesse, zu verkehren.

Steht dieses Konzept der Angstbewirtschaftung für ab- und anschwellende Krisenherde in der Peripherie ihres Geltungsbreichs, das seit Nine Eleven 2001, der Ausrufung des Nato- Ernstfalles am 12. Septmber 01 als Auftakt zum Krieg gegen den Internatinalen Terrorismus in wechselnden Koalitionen der Willigen real- existierend Fahrt aufgenommen hat, niemals Lösungen, wenn ja, nur durch die Ausweitung von Kampfzonen anzubieten?

Der Kulturpessimismus hat in zu allen Zeiten, in ungewissen sowieso, eine riesige Fangemeinde. Wer vermag da noch zu erkennen, was wahre Lebenskunst verheißt, Offenheit gegenüber der Zukunft nicht als Zumutung, sondern als Gestaltungsraum zu kommunizieren?


Kulturen vergangener Epochen werden allzu gerne, was unterhaltsam aber unbillig, unbesehen, über den Klee gelobt, Anders ist es mit den Kulturen der Gegenwart, die von Generation über Generation tief verwurzelt weit in die Vergangenheit zurückreichen

In Zeiten ausbleibendem Wachstums, schießen allerorten auf der Welt Ideen, Start Ups, wie Pilze aus dem Boden, deren einziges Sinnen und Trachten die Angst der Anderen als Geschäftsmodell in einer asymmetrisch aufgestellten Weltwirtschaft zum Objekt der Begierde macht, um exorbitantes Wachstum n kürzester Zeit zu generieren

Und so geschieht es dann ja auch stets von Neuem. Das sicherste Geschäft liegt heutzutage darin, von sicherer Warte aus, im Auge des Orkans, mit der Angst der Anderen Erträge zu erwirtschaften. Das ist das täglich Manna global vernetzter Politiker, das gerade in scheinbar von Endzeit, Verwüstung bedrohten Gesellschaften am ehesten"Oh Wunder, diese Flunder" gleichsam vom Himmel fällt..

Der tägliche Aufzug des allgemein Bedrohungshorizontes, Krisen, Kriege, Katastophen, Halunken, Exclusivberichte aus dem Casino Royal u. a. Speliunken, Sensationen, Mutationen, den uns unbebilderte, bebilderte Nachrichten der Hörfunk- und TV- Sender frei Haus liefern, tut das Seinige dazu. Dabei wird die Angst millionenfach, Auflagen- , Quotensteigerungen anstrebend, gleichzeitig verbreitet ins stabil verstetigte Wachstum getrieben. Dazwischen mit einigen Ausschlägen nach oben und unten, nach links und rechts, ab durch die Mitte

Kein Tag vergeht, da uns nicht dieser oder jener Anchorman zur besten Sendezeit zum täglichen, wöchentlichen, monatlichen, jahresendlichen Geleit, demoskopisch unterlegt mit düster prognostischen Szenarien unsere Reste an Zuversicht anprangert, .

Gouverner c'est prévoir, heisst das in Frankreich.

Ganze Industrien bewirtschaften mit undichtem Netz für die einen, mit doppeltem Boden die anderen unsere Zukunftsängste.

Aufgmerkt: Die Nachfrage nach solcher Art Dienstleistungen gegen allerlei Ungemach, Unbill, Unrat wächst nicht im gleichen Maß wie die realen Gefahren, sondern hat es sich zum Geschäftsmodell erkoren, diese mit unsichtbarer Hand in Höhen und Längen bei weitem zu übertreffen

Die Dienstleistungnachfrage steigt disproportional zur Vehemenz der Lautstärke und begriffsakrobatischer Virtuosität der Untergangspropheten, Kulturpessimisten mit Anmutungen von Kulturekel und Hass dazwischen mit ihren Wortverknüpfungen und Wortschöpfungen, wie Deutschangst.

Abrufbar hat sich so allseits, zu aller Primetime gegenwärtig, eine prekär labil flotierende Grundstimmung vieler Erdenbürger bemächtigt: Die Botschaft, die beste aller Welten habe ihre besten Tage längst hinter sich, ist da noch die mildere Aussage. Die Kollateralschäden einer angeblich beschleunigten Modernisierung würden zwangsläufig alle Errungenschaften nicht nur zunichte machen, sondern das Weltende geradezu mutwillig als "Apocalypse Now" Weltspeklakel peu a peu in Serie und in Szene setzen.


Den meisten Menschen verschlägt das den Atem, wenn sie sich nicht bereits ihrem Erschöpfungsschweigen überantwortet haben.

Selten, dass da einmal Jemand ruft "Stopp!

Wenn da dann tatsächlich jemand ruft «Haltet den Räuber!». ist es meist der Mörder, der bei einem Mordversuch gescheitert, unverdrossen Alarm schlägt, weil das Opfer mit dessen Dolch im Rücken das Weite sucht, um sich zu retten

Die professionell berufenen Phobiker für das hochbestallte Zukunftspanikorchester auf der Andrea Doria, die den Angsthaushalt der Leute verstetigen und intensiv betreuen, befeuern gute Geschäfte, die mit deren Angst vor Arbeitslosigkeit, Abstieg, Überschuldung, Ausgeschlossenheit, Existenzverlust, Naturkatastrophen durch Klimawandel, atomare GAU, kein Anschluss uter dieser Rufnummer, Vertreibung zu machen ist.

Sie stellen lediglich das konzertante Geleit kommerzieller Angstausbeute als Motor und als treuhänderischer Garant einer asymmetrisch ungerecht aufgestellten Weltwirtschaft

Denn sie sind nicht nur die Kehrseite alten Kulturpessimismus, sondern deren vorauseilende Truppenbetreuer, Hüter auf Großveranstaltungen mit Millionenpublikum bei überteuerten Tickets, , wie jetzt zur Fussball- Europameisterschaft in Frankreich.

Diese Angsthüter und Mahner vor übereiltem Fortschritt in die Moderne von unbekannten Gnaden sind keine Schöpfung unserer Tage.

"Modernitätskritik reicht bis ins frühe 19. Jahrhundert zurück. Er hat im Lauf der Geschichte immer neue Gelegenheiten gefunden, um alle Zuversicht in Hinsicht auf eine Verbesserung des Menschen fahren zu lassen. Und obwohl sich der Kulturpessimist gerne als einsamen Rufer in der Wüste inszeniert, vertritt er die durchaus weit verbreitete, ja modische Verdrossenheit eines vielleicht müden, aber keineswegs darbenden Geschlechts. Denn auf dem Fortschritt gründet doch gerade die Voraussetzung seines Gedeihens und paradoxen Geschäftsmodells." schreibt Roman Bucheli in der NZZ vom 10.6.2016, "Das Geschäftsmodell Pessimismus"

"Was nur ist aus dem wilden Freiheitspathos eines Schiller geworden, was aus der geschichtsphilosophischen Zuversicht Kants? Wie brannte noch das Feuer des Aufbruchs im Denken und Wirken der Romantiker – ehe sich ihrer die Ernüchterung bemächtigte. Freud sprach vom Menschen als dem unvollkommenen Prothesengott, der sich zwar manches schöne Gerät zur Lebenserleichterung schafft, aber im Umgang damit seine liebe Mühe bekundet. Fortschritt klingt immer verheissungsvoll, solange er nicht eingetreten ist. Indessen hat noch jede Ersparnis an Mühsal neue Beschwernis hervorgebracht. Auch aus solchen Kränkungen resultierte mannigfaltige Enttäuschung über die Errungenschaften der Moderne. Beistand in der Lebensbewältigung hatte man sich von ihr versprochen, nun bot sie Widerstand und erforderte Arbeit. "

Peter Sloterdijk diagnostiziert in seinem neuen Buch «Was geschah im 20. Jahrhundert?»unser aller «Ende der Sorglosigkeit».

Da diese Sloterdijk Message auf einen vorbereiteten Acker allgemein verbreiteten Pessiismus fällt, wird erwartungsgemäß Alarm geschlagen. Besorgte Bürger organisieren sich spätestens jetzt in der AfD, die Pegida marschiert dazu des Montags in Dresden und anderswo und ruft sich selbstvergwissernd

"Wir sind das Volk"

so als sei die Sorge ihr Programm. Eigentlich doch eine gute Nachricht. Bürgt doch die Sorge dafür. dass es was zzu sorgen gibt, denn nur wer nichts hat, der hat auch keine Sorgen.


Peter Sloterdijk registriert das sichtlich mit einigem, akademisch begründeten, Wohlbehagen, aber nicht im ermutigenden, sondern im entmutigenden Impetus, so will es mir scheinen. Niemand leugnet, dass es erheblichen Grund zu mancherlei Sorge gibt. Nicht, weil etwas abhanden gekommen ist , sondern da ist. Und nicht nur das, mit einer Million Flüchtlingen, die in 2015 nach Deutschland kamen, können, lt. SPD- Ministerpräsident Thorsten Albig, allein in Schleswig- Holsten 0.3 % zusätzliches Wirtschaftswachstum verbucht werden

Peter Sloterdijk zieht es vor, der Gegenwart, angesichts imminenter Bedrohungen, die das Zusammenleben der Menschen und nicht zuletzt auch ihr Überleben infrage stellen könnten, statt diagnostisch zu betrachten, was ist, allen eine «prognostische Intelligenz» ans Herz zu legen,

Slotrdijk meint sinngemäß:

"Vielleicht also käme es darauf an: die Anstrengung nicht gegen einen resignativen Pessimismus einzutauschen und die snobistische Anhänglichkeit an die Vormoderne als das zu erkennen, was sie ist – eine bequeme Attitüde."

Sigmund Freud (1856- 1939), Psychoanalytiker aus Wien, verlegte sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts mehr und mehr, weg von der Diagnose der Gegenwart von Symptomen, hin zu prognostisch symptomatischen Aussagen über die Zukunft des Menschseins

Überaus skeptisch blickte er auf das Dasein des Menschen, und nüchtern beurteilte er dessen begrenzte Möglichkeit zur Triebsteuerung.

Die Kulturgesellschaft sei mithin dauerhaft vom Zerfall bedroht. Die Diagnose konnte keine Therapie versprechen, denn es gab sie nicht. Was da an Diagnos war, war bei Lichte betrachtet, reine Prognose.

Auf erschreckende Weise bestätigte die Geschichte des 20. Jahrhunderts, wie berechtigt Freuds fehlender Optimismus hinsichtlich unserer Zivilisation war und weiter bleibt.

Ramon Bucheli in der NZZ.

"Aber soll die historische Erfahrung vollends von jeglicher Zuversicht – sei sie auch gegen jede Vernunft – abhalten? Doch die Despoten aller Zeiten und Färbung waren nie Apologeten des Fortschritts, vielmehr standen sie stets in der Tradition einer reaktionären Modernitätskritik."

Zu fragen bleibt, was war und ist mit den "linksgedrehten" Despoten, die sich über den Marxismus, Leninismus, Stalinismus, Maoismus den industriellen Fortschritt der Menschheit auf die Fahnen ihres real- exiswtierenden Sozialismus von 1917- 1991 geschrieben haben und weiter schreiben?

Erst wenn auch zu diesen Fragen Antworten vorliegen, wären richtige Schlüsse zu ziehen. Selbstredend träumen und assooziieren Menschen heute nachwievor noch Hegels Phantasien einer aus dem Weltgeist sich planvoll entfaltenden Menschheitsgeschichte, meine ich im Gegensatz zu Ramon Bucheli von der NZZ.

Selbstverständlich und nicht nur auf radikale Weise verwirrte Zeitgenossen und Terroristen aller politischen Farben vertrauen im Gefühl erhabener Ausgeschlossenheit weiter und immer wieder auf die Heilsversprechen fundamental angelegter Vorstellungen von säkularer, klerikaler Gesesllchaftsentwürfen,

"Auf die Arbeit an der Gegenwart und Zukunft braucht die pragmatische Vernunft darum nicht zu verzichten. Wie auch sollte sie, da sie nur dies kann? Gefragt sind mehr denn je gestalterische Kraft und Virtuosität." (Sloterdijk)

Wiederholt wird geneigten Anhängern zu Gehör gebracht, gerade der Kulturpessimismus böte auf dem Weg in eine ungewisse Zukunft ein willkommenes Korrektiv. Ich höre die Botschaft wohl, allein mir fehlt der Glaube

Umgekehrt wird ein Schuh daraus.

Da wo der Untergangspropheten Wahrnehmung in den Tunnelblick verfällt, gewinnt vielleicht die Besonnenheit an Betriebstemperatur, der Freiheit des Denkens bestehende Horizonte zu weiten, neue zu öffnen.

Teilhabe durch Mitarbeit an der Wirklichkeit

Einen Skeptiker, wie Peter Sloterdijk, wird sich dagegen verwahren, in Verbindung mit habituellem Kulturpessimismus und gar eines blinden Zukunftsglaubens gebracht zu werden. Sloterdijks Alleinstllungsmerkmal im Philosophenbetrieb von Konstanz über München, Budapest, Athen, Rom, Prag, Warschau, Sankt Petersburg bis Stockholm, Helsinki, Kopenhagen, Aarhus,zurück nach Edinborough, Oxford, Cambridge besteht darin, sich ganz dem deskriptiven, diagnostischen und kreativen Potenzial kritischer Vernunft zu verschreiben. So spricht er denn nicht per se vom

«Ende der Sorglosigkeit»

Konsequent liefert Sloterdijk als Betriebsanleitung eine

«spontane minima moralia»,

ein kleines moralisches Bündel an Losungen für die Gegenwart. Dazu gehören bei ihm die «Sorge um die Kohabitation der Erdenbürger» mit der er «zur Mitarbeit am Netzwerk der einfachen und höherstufigen Lebenskreise» ermutigt.

Dass Sloterdijk hierbei, wie ein ungestümer Wildfang auf der Weide. Entfernungen von einem Gatter. Lattenzaun zur nächsten Wirklichkeit auszuloten sucht, mag angehen, Es bleibt aber das Gefühl, dass ihm das Verweilen beim Weiden in der reinen Diagnostik nicht wirklich behagt. Weshalb er bei nächster Gelegenheit, wie jetzt zum Schluss meines Beitrags, ins Prognostische wie die Altvorderen ausbricht.

Sloterdijk setzt seinen Punkt auf den für ihn entscheidenden Begriff

«Mitarbeit».

Darin fände die Gegenwart das probate Mittel nicht nur gegen den geschichtsphilosophischen Pessimismus. Es hülfe auch gegen die Industrien der Angstbewirtschaftung wie gegen Auguren des Untergangs gleich welcher Couleur. Der Fortschritt kommt von allein, die Mitarbeit nicht. Sloterdijks Ansage mag ja stimmen.

Aber was ist, wenn eine EU, mangels realem Wachstums für seine Mitglieder, von Anfang an als Angstbewirtschaftungsmodell konzipiert, Krisenansagen wie die Luft zum Atmen, das angeblich permanent drohende Ende des €, das Brexit- Referendunm am 23. Juni 2016, den latent lauernden Grexit braucht, um in bevorzugten Regionen, wie Deutschland, England Wachstum zu generieren, in anderen, benachteiligten Regionen, wie Griechenland in sein Gegenteil, in einen Schrumpfungspozess der Wirtschaft zu verkehren?

Jedes Geschäftsmodell der Angstbewirtschaftung steht und fällt mit dem verbreiteten Glauben, dass diese die Wirklichkeit der Abweseneheit von Wachstum abbilde und zwar nicht Lösungen für die Vielen aber zumindest für die Wenigen alternativlos anbiete.

Welch ein vernetzt vorsätzlicher Trugschluß, ist doch die Welt, angesichts von Unterentwicklung, Ausschluß vom Weltmarkt, millioenfachem Elend, Mangel Zugang zu sauberem Wassr. Armut, Krankheit, Siechtum, Hunger, Kindersterblichkeit, Not, frühen Tod, Vertreibung, Flucht voller Wachstumspotenzialen

JP

http://www.nzz.ch/meinung/kulturpessimismus-der-untergang-als-geschaeftsmodell-ld.88033#kommentare
Das Geschäft mit der Zukunftsangst
Kommentarvon Roman Bucheli 10.6.2016, 12:20 Uhr

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Geschrieben von

Joachim Petrick

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Joachim Petrick

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