Björn Höckes völkischer Lauf zu sich selbst

Geschichtsrevisionismus Weit gefehlt, AfD will alles andere nur keinen Geschichtsrevisionismus. Es soll sich so anfühlen, so wirken, aber niemals sein Es geht um "Instandbesetzung" der Mitte

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Die Vorstellung, man solle den ermordeten Juden Europas ein steinernes Denkmal setzen, aus dem dann eine weitere Etappe für die Busse der Stadtrundfahrt wird - nächster Halt: sechs Millionen Tote - leuchtete wahrhaftig nicht jedem ein, schreibt Jakob Augstein in seiner Spiegel Kolumne "Deutsche Schande/NPD/Björn Höcke" .

Das habe sein Vater, der alte Augstein 1998 zur Hochzeit des Für und Widers beim Planen, im Vorfeld des Holocaust Mahnmal Baus in Berlin formuliert , wie wir es heute kennen

Rudolf Augstein, gestorben 2002, hat die Einweihung des Holocaust Mahnmals am 15. Dezember 2004 nicht erlebt,

Bei seinem und dem Protest der Empörung von Martin Walser 1998 mit seiner Friedenspreisrede des Deutschen Buchhandels in der Frankfurter Paulskirche ging es ihnen n. m. E. um zweierlei Gefahrenabwehr, einmal Auschwitz als Moralkeule für den nächsten Krieg zu instrumentalisieren, wie es dann der rotgrüne Außenminister Joschka Fischer auf dem Langen Marsch durch die Institutionen in den Kosovokrieg 1999 versuchte

"Ich habe Eines gelernt. Nie wieder Auschwitz! Nie wieder Krieg" ,

das andere Mal einem möglichem Aufleben neu erstarkten Antsemitismus in Deutschland, eingedenk brennender Asylbewerber- , Einwandererheime in Mölln, Lübeck, Solingen, Rostock-Langenhagen, durch die Verhinderung eines so monströs empfundenen Holocaust Mahnmals in der Mitte der Hauptstadt Berlin, den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Das mag in der Sprache der Empörung, des Eiferns statt der Sprache der Sorge, Befürchtungen keine wirklich belastbare Idee gewesen sein, aber sie kam aus freiem Sinn und wachem Herzen. Das in Abrede zu stellen, Martin Walser, Rudolf Augstein posthum in die rechte Ecke stellen zu wollen, oder für die AfD zu vereinnahmen, wie es Björn Höcke postfaktisch versucht, erscheint mir als neuer Dorn der Schamlosigkeit ohnegleichen.

Der AFD Frontmann Björn Höcke aus Thüringen ist da nämlich ganz entgegengesetzt unterwegs, der will für die Segel des Antisemitismus in Deutschland, mit Verweis auf das bestehende Denkmal deutscher Schande, wie er es nennt, mitten in der Hauptstadt Berlin, postfaktisch zum neuen Sturm blasen, wenn er als selbsternannter Dr. Schrill in aller Unschärfe, aber um so schärfer im brüllenden Sprachduktus, aus seinem völkischen Bauch heraus, eine 180 Grad Wende deutscher Erinnerungskultur ins Dunkeldeutschland einfordert..

Jakob Augstein geht bei seinem Text n. m. E. zu Lasten seines Vaters von einer Kollektivschuld aus. die zu recht umstritten ist, weil hier wirkliche Verbrecher einer Generationshorde Gelegenheit erhalten, den großen Rest der Generation als Komplizen unterzuhaken, für Grenzwertiges zu instrumentalisieren, bei ihnen mental unterzutauchen, die sie bitte schön im Korpsgeist kamaradschaftlich zu decken.haben.

Martin Walser ist Jahrgang 1927, Rudolf Augstein Jahrgang 1923

Jakob Augstein scheint irgendwie fassungslos auf der Suche nach schlagenden Begriffen zu sein, wenn er in seiner Kolumne, von der Wirklichkeit gekränkt? lakonisch wie geschichtsvergessen mit Blick auf den Dresdener Auftritt des AfD- Frontmanns Björn Höcke schreibt

"Will die braune Bestie niemals sterben?"

Der Nationalsozialismus passte nie in das Boulevard- Format "Bestie", auch wenn die Briten sich darin bis heute auszuprobieren, denn der war mitten unter den Deutschen, Europäern, ja selbst in den USA, Südamerika hatte er begeisterte Anhänger in Massenorganisationen, von Philosophen wie Martin Heidegger (1889- 1976) "Sein und Zeit" mit Elan, wie er Arnulf Baring in seiner Errinnerung ungebrochen zum Glühen bringt, zum völkischen Träger der Revolution auf dem Weg in eine blühend Tausendjährige Zeit gehoben.

Der alte Augstein gehörte, anders als Augstein junior schreibt, eben nicht zur Generation der Täter, sondern wird als solcher vereinnahmt, der auch nicht an der deutschen, europäischen Schuld buchstäblich zerbrach. sondern, wenn überhaupt, daran, als "Blitzmerker" Leutnant einer Artillerie Einheit Deutscher Heere in deutschbesetzter Ukraine bis 1945 nichts von dem Holocaust geahnt zu haben.

In einem Spiegel-Gespräch um das Jahr 1995 mit Martin Walser klingt das bei Rudolf Augstein eher anders. Da will er Walser nicht glauben, dass Familie Walser nichts mitbekommen habe, seine Familie sei sich von vornherein 1933 klar darüber gewesen, Hitler bedeutet Krieg.

Rudolf Augstein 1998: "In uns, die wir von der 'Endlösung' nichts wußten, sträubte sich alles, und es dauerte, bis wir uns als Deutsche zu der Erkenntnis durchringen konnten, daß ein einmaliges Verbrechen geschehen war."

Björn Höcke deutet die Erkenntnis Rudolf Augsteins 1998 im Jahr 2017 so : Man wollte uns unsere kollektive Identität rauben, man wollte uns mit Stumpf und Stiel vernichten, man wollte unsere Wurzeln roden. Und zusammen mit der nach 1945 begonnen systematischen Umerziehung hat man das auch fast geschafft."

Wer ist hier völkisch unterwegs?, wenn nicht Björn Höcke.

Wenn Björn Höcke aufrichtig wäre, müsste er lauthals ins Publikum rufen:

"ich bin derjenige, vor dem Rudolf Augstein, Martin Walser immer gewanrt haben",

statt sich deren 1998er Worte zur Beute machen zu wollen.

.JP

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/afd-und-npd-hoecke-zeigt-gefaehrlichkeit-der-afd-kolumne-augstein-a-1130720.html
AfD und Nazis
Deutsche Schande
Eine Kolumne von Jakob Augstein
AfD-Funktionär Höcke

http://www.taz.de/Bjoern-Hoecke-und-das-Holocaust-Mahnmal/!5376704/
Björn Höcke und das Holocaust-Mahnmal
20. 1. 2017
DINAH RIESE
Volontärin
Geschichtsrevisionisten der Mitte

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Geschrieben von

Joachim Petrick

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Joachim Petrick

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