Bundesarbeitsgericht fällt Erstes Urteil

Mindestlohngesetz Das Urteil ignoriert, dass der Mindestlohn als arbeitsmarktpolitisches Instrument, ungeachtet der Rahmenbedingungen von Tarifverträgen, beschlossen wurde.

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Das Bundesarbeitsgericht hat als letzte Instanz vor dem Bundesverfassungsgericht in Fragen des Arbeitsrechts sein erstes Urteil zum gesetzlichen Mindestlohn, n. m. E. mit Mängeln behaftet, gefällt.

Das vorliegende Urteil wirft n. m. E. neben Antworten, bisher ungestellte Fragen auf, z. B. die Frage nach der Ungewissheit, bleibt durch das Urteil unbeantwortet, ob für Sonderzahlungen, wie Urlaubs- und Weihnachstgeld, gleichermaßen wie für das monatliche Einkommen sozialversicherungspflichtige Beiträge sowohl vom Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber entrichtet werden müssen, die mit dem wirklich gesetzlichen Mindestlohn von 8.50 €/Stunde bei gleicher monatlicher Arbeitszeit deckungsgleich sind?

Wenn nicht, entstünde, neben der gesetzlichen Soziakversicherung,, dem Staat zu Gunsten von Arbeitgebern, einmal der Klägerin ein geldwerter Schaden, den keines der Gerichte verhandelt hat, mit der Folge herabgesetzter Rentenanwartschaft, zum anderen würden falsche Anreize für Unternehmen gesetzt, nun erst richtig Sonderzahlungen kreativer Art aufzustocken, um den Arbeitgeberanteil für Sozialabgaben im Widerspruch zum wirklichen gesetzlichen Mindestlohn zu kürzen.

Mein erster Eindruck ist: Im Zusammenhang mit der Wertung von Sonderzahlungen als mögliches Entgelt bildet das vorliegende Urteil des Bundesarbeitsgerichts einen ersten Versuch ab, sich in die Tarifautonomie von in Verbänden organisierten, nicht organisierten Arbeitgebern, gewerkschaftlich organisierten, nicht organisierten Arbeitnehmen von Amtswegen über den Umweg der Interpretation von Sonderzahlungen als Entgelt einzumischen, statt diese als Gratifikationen, Boni, wie diese im öffentlichen Dienst, der privaten Wirtschaft, orientiert an Ertragslagen. Jahresabschlüssen als Wertschätzung für besondere Leistungen gang und gebe sind. anzuerkennen,

Andererseits vermittelt das Bundesarbeitsgericht mit seinem Urteil den Eindruck, dass gesetzicher Mundestlohn und Tarifverträge kompatibel miteinander vernetzbar sind. Das sind sie eben nicht, weil der gesretzliche Mindestlohn an Traifverträgen und Tarifautonmie Statt politisch gewollt, ein Fremdkörper im Tarifgefüge bleibt.

Auf jeden Fall hat das Bundesarbeitsgericht mit seinem Urteil eines offengelegt, dass Tarifverhandlungen über das Instrument des gesetzlichen Mindestlohns nicht mehr wirklich autonom sind, sondern dass der Staat als Partner am Verhandlungstisch Platz nimmt und sei es durch die Praxis des "Leeren Stuhles", der analog den Daumen nach oben heben, aber auch nach unten für den gesetzlichen Mindestlohn senken kann.

Fazit:

Richtig verstanden belehrt das Bundesarbeitsgerichtsurteil die deutsche Gesellschaft nach Recht und Gesetz über Tendenzen, die dem gesetzlichen Mindestlohn innewohnen, nämlich nicht nur Löhne zu erhöhen, sondern gegebenenfalls einer Krisen- , Kriegslage oder auch schon ohne diese den Lohn aus arbeitsmarktpolitischen Erwägungen per Sichelschnitt zu senken.

Tut da nicht auch für Deutschland spätestens, neben anderen EU- Ländern im Sinne euweiter Vereinheitlichung der Lebensverhältnisse, der politische Streik Not?

Insofern meine ich, dass hier die Stunde der Gewerkschaften schlägt, aus gegebenem Anlaß des gesetzlichen Mindestlohnes und dem vorliegenden urteil des Bundesarbeitsgerichtes das politische Streikrecht auch für Deutschland einzufordern, und dass, Gewrkschaften aufgerufen sind, über Tarifvertragsverhandlungen mit Arbeitgeberverbänden, und sei es durch tarifliche Streiks, durch Anrufung von Arbeitsgerichten bis zur letzen Instanz Klarheit zu schaffen.

Text des Urteils

Arbeitgeber können Sonderzahlungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld in klar umrissenen Fällen verrechnen. Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt entschied, die Sonderzahlungen könnten herangezogen werden, um den Anforderungen der gesetzlichen Lohnuntergrenze von 8,50 Euro/Stunde zu genügen.

Das gelte jedoch nur in den Fällen, in denen die Sonderzahlungen, vertraglich vereinbart, als Entgelt für tatsächlich geleistete Arbeitszeit dienten - entsprechend einem 13. Gehalt. Voraussetzung sei, dass dazu eine Vereinbarung mit dem Betriebsrat existiere. Durch das Urteil können Geringverdiener nicht immer mit Einkommensverbesserungen durch den Mindestlohn rechnen. (Az. 5 AZR 135/16)

Urteile der Vorinstanzen bestätigt

Das Bundesarbeitsgericht bestätigte mit seinem Urteil die Rechtsprechung der Vorinstanzen. Der Präzedenzfall für die erste höchstrichterliche Entscheidung seit Mindestlohneinführung vor knapp eineinhalb Jahren kam aus Brandenburg. Geklagt hatte die Angestellte einer Tochterfirma des Städtischen Klinikums in Brandenburg an der Havel. Sie arbeitet in der Cafeteria des Hauses und war der Ansicht, dass ihr die vereinbarten Sonderzahlungen zusätzlich zum Mindestlohn zustünden. Außerdem wollte sie die Berechnungsgrundlage für Mehrarbeits- oder Nachtzuschläge klären lassen.

Bundesarbeitsgericht
Urlaubs- und Weihnachtsgeld müssen nicht extra gezahlt werden

Die Grundvergütung der Frau betrug Anfang 2015 nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" knapp 1.400 Euro. Das entspricht einem Stundenlohn von lediglich 8,03 Euro, also deutlich unterhalb des gesetzlichen Mindestlohns. Der Arbeitgeber "löste" demzufolge das Problem, indem er das Urlaubs- und das Weihnachtsgeld nicht mehr jeweils einmal im Jahr zahlt, sondern über das gesamte Jahr verteilt, d.h. er überweist in jedem Monat jeweils ein Zwölftel. Auf diese Weise sei das Monatsgehalt der Klägerin, so die "Süddeutsche Zeitung", auf etwas mehr als 1.500 Euro und ihr Stundenlohn auf 8,69 Euro gestiegen.

Mindestens 25 Prozent Zuschlag für Nachtarbeit

Vor dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg war die Klägerin im Januar 2016 mit ihrer Forderung gescheitert. Die Richter entschieden, dass es sich bei den Sonderzahlungen im konkreten Fall um ein Entgelt für die normale Arbeitsleistung handele. Deshalb sei eine Anrechnung auf den gesetzlichen Mindestlohn möglich. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Falls ließen die Richter eine Revision beim Bundesarbeitsgericht zu.

Hinsichtlich der Nachtarbeit hatte das Bundesarbeitsgericht in Erfurt bereits im Dezember ein Urteil gesprochen. Festgelegt wurde unter anderem, dass allen, die nach 23 Uhr arbeiten, ein Zuschlag von mindestens 25 Prozent zusteht.

Mindestens 25 Prozent Zuschlag für Nachtarbeit

Definition Nachtarbeit laut Arbeitszeitgesetz: Nachtarbeit im Sinne des maßgeblichen Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) ist die Zeit von 23 bis 6 Uhr, in Bäckereien und Konditoreien die Zeit von 22 bis 5 Uhr (§ 2 Abs. 3 ArbZG)

Durch diese vermaledeite Debatte über den gesetzlichen Mindestlohn, befeuert durch das vorliegende Bunedesarbeitsgerichtsurteil, tritt der eigeneliche Skandal marginanilsiert in den Hintergrund, dass statt, wie zuvor, Arbeitgeber Bittsteller um Lohnsubvention mit Rechenschaftslegungspflicht, samt Busineesplan, sind, wird der Arbeitnehmer zum Bittsteller für Lohnsubvention und muss dabei, wie Norbert Blüm einst sarkastisch mutmaßte, noch Geld mitbringen, wenn er arbeiten will, sein Restvermögen vor dem Schonvermögen verfrühstückenen, während die Kapitalseite, bestens unterhalten, frohlckend, in höhnisches Gelächter verfällt. Was dabei tunlichst übrsehen wird ,sind nicht nur der anschwellende Verfall der guten Sitten in dr Arbeitswelt, sondern dazu auch eine Verwahrlosung des Betriebsklimas in Zwe-i bis Drei. Klassengesellschaften,. und dem Schwinden der Motivation zu Innovation.

Das Ganze hat ein Geschmäckle, wie die Umkehrung des Verursacherprinzips im Umweltschutz, wenn dann ein Unternehmen ungefiltert, ungestört massiv Umweltschäden anrichtet, darf die Kommune zum Bund als Bittsteller um Subvention für die Eindämmung und Behebung der Umweltschäden marschieren und bekommt dann vom Bund zu hören, ihr seid auf einem guten Weg, aber erst einmal müsst ihr euer Tafelsiber als restvermögen vor dem Schonvermögen herausrücken, dafür am freien Kapitalmarkt als Pfand verfrühstücken, bevor ihr was vom Bund, vom Land bekommt, während die Verursacher gepudert und gepampert unbehelligt bleiben


JP

http://www.mdr.de/nachrichten/politik/inland/bundesarbeitsgericht-entscheidet-ueber-mindestlohn-100.html
Bundesarbeitsgericht zum MindestlohnSonderzahlungen sind anrechenbar

http://www.rechtsindex.de/arbeitsrecht/5411-anrechnung-von-sonderzahlungen-auf-den-gesetzlichen-mindestlohn
Anrechnung von Sonderzahlungen auf den gesetzlichen Mindestlohn?

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Geschrieben von

Joachim Petrick

Aktuelles: Meine sichere Route- Refugee-Airlift - Petition "Luftbrücke für Flüchtlinge in Not" an die MdBs des Bundestages erhofft Debatte

Joachim Petrick

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