Erbschaftssteuer lt. BVG verfassungswidrig

Reichtumsberichte bleiben auf eine Datenerhebung des Vermögens hierzulande angewiesen, die seit dem BVG- Urteil 1997, die Vermögenssteuer sei verfassungswidrig, unterbleibt. Warum?

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Erbschaftssteuer, laut BVG- Urteil, verfassungswidrig, aber auf Frist bis 2016 gesetzt, in der gegenwärtig steuerlichen Veranlagungspraxis weiter zulässig, wie kann das sein?

Zum wiederholten Male pfeift das Bundesverfassungsgericht (BVG) die Bundesregierung, mangels juristischen Sachverstandes, zurück und fordert sie zum Nachbessern von jahrelang scheinlegal gültigen Gesetzen auf.

In diesem Fall geht es konkret bei der Veranlagung der Erbschaftssteuer darum, dass Firmenerben, die ohnehin, wie alle vermögensnahen Schichten hierzulande, wiederum per BVG- Urteil 1997 von der Vermögenssteuer freigestellt sind, gänzlich von der Erbschaftsteuer verschont werden, wenn sie, in aller Unschärfe formulierter Bedingungen, z. B. Wahrung bestimmter Lohnsummen, einigermaßen entsprechen. Familienunternehmen sollen beim Übergang auf die Erben steuerlich verschont werden, um Arbeitsplätze zu erhalten. Mit der Folge: Wer als Privater Aktien eines Unternehmens erbt, muss diese unter Umständen versteuern, wer im selben Wert Aktien des eigenen Unternehmens erbt, hingegen nicht.

Und nicht nur das, wer sein privates Hab und Gut, Gemäldesammlungen, darunter womöglich Gemälde nicht deklarierter Herkunft aus dunkler Vergangenheit im In- und Ausland, Immobilien, Haus und Hof, Wald und Wiesen, Seen, im In- und Ausland, Verwertungsrechte aus Patenten, als sognanntes Verwaltungsvermögen an sein Unternehmen zu treuen Händen buchhalterisch formal überschreibt, ist, soweit dieses Vermögen nicht 50 % des unternehmerischen Vermögens übersteigt, ebenfalls in Gänze von der Erbschaftssteuer freigesellt.

Da die Vermögenssteuer seit 1997 ausgesetzt, Vermögen in Deutschland gar nicht mehr veranlagt wird, bleibt die Einhaltung dieser unter 50 % Bedingung ungeprüft.

Ein zusätzlich geldwerter Vorteil für Vermögende ist, dass sie selbst die Verwaltungskosten ihres privaten Vermögens, das als Verwaltungsvermögen im eigenen Unternehmen gilt, legal als Betriebskosten ihres Unternehmens steuerlich absetzen können.

Diese ohnehin prekär großzügige Gesetzeslage reichte der schwarzrot Großen Koalition aus CDU/CSU/SPD 2005- 2009, trotz Neujustierungen 1995 und 2006, die jeweils durch BVG- Urteil als verfassungswidrig erklärt wurden, nicht, folglich wurde die Veranlagungspraxis der Erbschaftssteuer zu Gunsten von Konzernen, Kapitalgesellschaften um ein sogenanntes Modell

"Cash GmbH"

erweitert, mit dem Konzerne, mittelständischen Unternehmen gleich, die Ausnahme des Modells "Verwaltungsvermögen" zur 100 % Regel gemacht, in Fragen der Erbschatssteuer auf formales Verlangen, ohne weitere Belege, ganz steuerbefreit gestellt sind .

Allein für das Jahr 2012 hat sich der deutsche Fiskus 40 Milliarden Euro entgehen lassen und sich mit Steuereinnnahmen von 4.3 Milliarden Euro begnügt.

Dazu kommt der seltsam getimte Umstand, das ausgerechnet in dem Jahr, 1997, in dem es dem damaligen FDP- Politiker Otto Graf Lambsdorff endlich, angesichts von Sammelklagen in den USA auf Entschädigung wg. Zwangsarbeit, Vermögensentzug durch das Deutsche Reich in der Zeit von 1933- 1945, händeringend gelungen war, gegen massiven Widerstand in der deutschen Gesellschaft, Wirtschaft, Kirchen, Kommunen einen Entschädigungfond aufzulegen, das Bundesverfassungsgericht (BVG) paralell dazu, die Vermögenssteuer wg. verfassungswidriger steuerlicher Ungleichbehandlung von Geld- , Kapital- und Sachvermögen (Immobilien, Kulturgütern, Grund und Boden, Seen, Verwertungsrechten von Patenten u. u.) eine Veränderung, ohne Fristsetzung, angemahnt hat.

Die deutsche Politik hat auf dieses BVG- Urteil hin 1997 mit einer Aussetzung der Vermögenssteuer reagiert und dies bis heute, gleich welche Parteien Koalition, rotgrün, schwarzgelb, schwarzrot im Bund regierte, dabei belassen, ohne auch nur anzudeuten, dass sie im Sinne der Maßgabe des BVG- Urteils 1997 eine Veränderung steuerlicher Veranlagung von Vermögen hierzulande plane.

Die Folge ist, dass der Bundesregierung seit 1997 jedwede Vorstellung von Vermögenszuwächsen, mangels Datenerhebung, in Deutschland fehlt.

Um das zu ändern, gewinnt die Forderung an die Bundesregierung bundesweit an Fahrt, wenigsten für die Daten eines Reichtumsberichtes eine Vermögenssteuer zum 0 % Steuersatz zu erheben, um Transparenz über die Vermögensentwicklung in Deutschland zu gewinnen und gleichzeitig Argumente zu entkräften, Deutschland sei dabei die Schweiz in der weltweiten Bedeutung als Steuerparadies für Vermögende links und rechts zu überholen.

Merkwürdig gleichlautend ist in den Medien die Rede davon, das BVG habe das Erbschaftsgesetz gekippt, Das gerade hat das BVG eben nicht getan, sondern der Bundesregierung, dem Deutschen Bundestag bis Ende Juni 2016 für eine weitere Neujustierung eine Frist gesetzt und gleichzeitig, man lese und staune, die gerade per BVG- Urteil verfassungswidrig erklärte Veranlagungspraxis für die Erbschaftssteuer bis dahin, ohne Vorbehaltsklausel, gebillgt.

Eines scheint einmal mehr klar und deutlich. wenn es um privates Vermögen geht, setzen selbst Kapitalisten die Gesetze des Kapitals außer Kraft, indem sie ihr Vermögen nicht einmal anteilig dem Wirtschaftskreislauf wieder durch die Entrichtung einer Erbschafs- , Vermögenssteuer an den Staat zuführen wollen, sondern liever privatim fröhliche Despotie Urständ feiern, wie in vorindustriellen Zeiten, die sie doch angeblich einst bekämpft?
JP

http://www.br.de/nachrichten/bvg-erbschaftssteuer-100.html
Nach Erbschaftsteuer-Urteil
Schäuble plant rasche Reform
Stand: 18.12.2014

http://www.spiegel.de/spam/satire-spiegel-online-firmenerben-erbschaftssteuer-bvg-a-1009194.html
18.12.2014
BVG-URTEIL MACHT FIRMEN-ERBEN NERVÖS
"Vati, willst du ewig leben?"

http://www.bundesfinanzportal.de/brandenburg/item/1288-mehr-gerechtigkeit-bei-der-erbschaftssteuer-endlich-in-sicht-finanzminister-christian-g%C3%B6rke-zum-heutigen-bvg-urteil.html
Mehr Gerechtigkeit bei der Erbschaftssteuer endlich in Sicht / Finanzminister Christian Görke zum heutigen BVG-Urteil
geschrieben von Redaktion Mittwoch, 17. Dezember 2014 15:29

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Geschrieben von

Joachim Petrick

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