Frisst „Beamtenmonster“ seinen Dienstherrn?

Beamtenrepublik? Widersteht das deutsche Beamtenwesen als Fels in der Brandung der Wellenschläge der Agenda2010/Hartz IV- Gesetze, loyal, allein dem Erhalt seiner Kaufkraft verpflichtet?

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Frisst „Beamtenwesen“ seinen Dienstherrn?, mit Haut und Haaren, wenn ja, wie es das unverbrüchliche Beamtengesetz, von alters her, befahl, wenn der Dienstherr seine Beamten nicht, entsprechend verbrieften Besoldungsstatut, entlohnen will?

Beamtenrepublik Deutschland?

Am Beamtenwesen kann Deutschland kaum genesen!, ist doch die Demokratie keine Monarchie, in der Staatsbedienstete ihrem Dienstherrn auf Gedeih & Verderb, sei er Monarch, sei er Despot, Idiot, aber nicht dem Rechtsstaat mit seiner Gesetzgebung, Gewaltenteilung loyal verpflichtet sind, oder doch?

Jörg Schönenborn, der ARD- Spitzenbeamte in der C- Eier Besoldungsgruppe? vom Presseclub, hat es geschafft, sein vor Wochen gegebenes Versprechen einzulösen, das Thema "Beamtenbesoldung und Pensionen" mit Kennern der Materie auf die Tagesordnung des Presseclubs zu setzen.

Am Sonntag, den 11. August 2013, war es um 12.03 Uhr so weit.

Zur Einstimmung gab Jörg Schönborn gleich zum Besten, in den 70ziger, 80ziger jahren des Zwanzigstens Jahrhunderts sei Deutschland randvoll beamtet worden.

Deshalb habe er für den aktuellen "Presseclub" den Aufmacher gewählt:

"Beamtenrepublik Deutschland - können wir uns unsere Staatsdiener noch leisten?

Während die Rentenanwartschaften, ohne Aussicht auf eine gesetzliche Mindestrente, von 70 % des letzten Einkommens im Wege der Agenda2010/Hartz IV Gesetze seit 2003 auf 43 % zusammen geschnurrt sind, sind den Beamten, bei einer garantierten Mindestpension von 1. 450.- €/Person/Monat, weiter 71 % ihres letzten Einkommens als Pension sicher.

Nicht gerechnet die Sonderprivilegien, wie Beihilfe zu medizinischen Behandlungen, Krankenhaus- und Rehabilitationsaufenthalte, Gesundheitspflege, Medikamente, verbilligten Urlaub, günstige Darlehn.

Mit Fug und Recht darf heute behauptet werden, wir leben in keiner Klassengesellschaft im historischen Sinne, sondern es ist viel schlimmer, wir leben in einer Gesellschaft, die es geschafft hat, innerhalb von Berufsgruppen, ganze Branchen Abgrenzungsrealitäten zu schaffen, die gen Himmel schreien.

So unterrichtet ein Lehrer in Klasse 6 A in der Besoldungsgruppe 13 A, unkündbar, mit einem Brutto- Gehalt von 6 bi 7 Tausend €/Monat, während ein angestellter Lehrer in der Klasse 6 B nebenan, mit einem monatlichen Brutto- Gehalt von 3000.- €/Monat, jeder Zeit kündbar, wenn nicht gar als Saison Lehrer mit monatlichen 800,. €, vorlieb nehmen muss, der vor den Sommerferien in die Arbeitslosigkeit geschickt wird, um nach den Sommerferien, bei Glück und guter Laune der Verhältnisse, wieder prekär eingestellt zu werden

Das Gleiche geschieht im Sicherheitsbereich in Stadien, Flughäfen, Objektschutz, mit Polizisten, an Hochschulen unter Dozenten, Professoren, Lehrbeauftragten, in Kliniken unter Ärzten, Pflegern, Krankenschwestern, Seniorenheimen unter Altenpflegerinnen, an Theatern unter Regisseuren, Schauspielern, tontechnischem Personal.

Was ist das für eine angebliche loyale Beamtenkörperschaft, die, repressiv tolerant, Kollegen/innen zweiten und dritter Kategorie mit deckungsgleichen Arbeitsplatzbeschreibungen neben sich duldet?

Das Setting einer jeden Berufsgruppe, sei sie weniger, sei sie hochqualifiziert, schlägt sich seit etwa zwanzig Jahren mit dem Phänomen der "durchlässigen" Zwei- bis Drei- Klassengesellschaft herum, in der jeder im Gefühl lebt, womöglich schon Morgen die Arschkarte der kollegialen Sau von nebenan ziehen zu müssen.

Auf diesem Hintergrund gedeiht, blüht und wuchert jeder Auswuchs von Mobbingsituationen von oben herab und von unter herauf, ab durch die Mitte bis an den Rand, hinein in anwachsend dauerhafte Krankenstände unter dem Personal

Nur die Beamten scheinen wie ein monolithischer Block lächelnd von allem ungerührt, unangetastet.

Was macht eigentlich das Beamtentum seinem Wesen nach aus?

Das Beamtentum auf gesamtstaatlicher Ebene wurde das erste Mal im Jahre 1794 von dem preußischen König Friedrich I in ein Landesgesetz gegossen, damit sich der Gesamtstaat Preußen sichtbar gegenüber den Sonderrechten, landesherrlichen Privilegien, der Fürstentümer im Lande bei der Personalentwicklung mit allein dem Königshaus loyalen Beamten abzugrenzen vermochte.

Artikel, § 33, Absatz 5, des Grundgesetzes (GG) formuliert althergebrachte Grundsätze des Berufsbeamtentums in Bund, Ländern, Gemeinden seien mit der ausdrücklichen Maßgabe zu wahren, dass diese sich den wandelnden Verhältnissen in der Gesellschaft anzupassen haben.

Daraus könnte und müsste, zwingend, gerichtsfest eine Loyalität der Beamten gegenüber den sich wandelnden Verhältnissen, des Landesherrn, der Gesetzgebung des Rechtsstaates, Dienstherrn abgeleitet werden können.

Das hieße u. a., dass Beamte ihr, bis dato unangefochten geltendes Forderungseigentum (Begriff bei Professor Paul Kirchhof), per voraus eilendem Gehorsam, zur Entschärfung, gar Behebung, einer Finanzkrisenlage, ungefragt, anteilig zur Disposition stellen.

Erlebt haben wir seit 2003 etwas anderes.

Die Retter in der vermeintlichen Finanznot des Staates, wurden, ungefragt, Rentner, Arbeitnehmer, Alleinerziehende, deren Forderungseigentum im Wege der Agenda2010/Hartz IV- Gesetze, um, sage und schreibe, bis zu 40 % gekürzt wurde, ganz zu schweigen von dem, altersdiskriminierend, asymmetrischen Absturz gesetzlich genehmigten Schonvermögens von Rentnern in Fragen der Gesundheits- und Altersvorsorge, von vorher € 500,-/ Lebensjahr bis zum Beginn des Rentenalters auf eine Pauschale von 2. 600.- €/Person.

Das Ergebnis ist, heute gibt es deutschlandweit ganze 18 Personen mit der Höchstrente von 2. 800.- €/Monat.

70 % aller Rentner liegen weit unter der garantierten Mindestpension der Beamten von 1. 450.- €/Monat.

Die durchschnittliche Pension aller Beamten liegt gegenwärtig bei 2.500.- €/Monat mit der Aussicht auf eine dynamisierte jährliche Erhöhung, entsprechend den tariflichen Abschlüssen im Öffentlichen Dienst.

Bei den Rentnern wurde die Dynamisierung der Rente, sprich Anpassung an die allgemeine Lohnentwicklung, seit der Entscheidung Bundeskanzler Dr. Konrad Adenauers im Wahljahr 1957 mit der absoluten Mehrheit für die CDU/CSU, anders als bei den Beamtenpensionen durch die rotgrüne Bundesregierung im Wege der Durchsetzung der Agenda2010/HartzIV Gesetze per sogenannten Nachhaltigkeitsfaktor ausgehebelt.

Inzwischen laufen im Bund 500 Milliarden €, in den Bundesländern, Gemeinden noch einmal zusätzlich 1, 5 Billionen € an zu erwartende Pensionen für Beamte im Ruhestand bis 2050 auf.

Der Beamtenbund meint dazu

"Pacta sunt servanda",

kein Geld zu haben, weil bestehende Rückstellungen aufgelöst, neue nicht gebildet wurden, kann für den Staat nicht bedeuten, berechtigten Forderungen von gegenwärtig 1, 5 Millionen Beamten in Bund, Ländern, Gemeinden nicht zu entsprechen.

Dass Beamte selbst heutzutage nicht streiken dürfen, ist nur die halbe Wahrheit. In Wahrheit streiken diese durch Dienst nach Vorschrift und partizipieren, ungefiltert, am Erfolg von Streiks der Angestellten im Öffentlichen Dienst.

Auch die Behauptung, Beamte würden mit ihrem Dienstherrn, dem Staat, einen Vertrag auf Lebenszeit schließen, weshalb der diesen fürsorglich im Alter alimentiere, damit der seinen Lebensstandard halten kann, stimmt nicht mehr.

Die Entsprechenden Gesetze wurde unbemerkt durch die Öffentlichkeit von einer parteiübergreifenden Koalition und Allianz der über 36 % Beamten im Deutschen Bundestag dahingehend geändert, dass Beamte problemlos in die Wirtschaft wechseln können und dabei ihre Pensionsansprüche ohne Abschläge mitnehmen dürfen.

"Der Bundestag ist einmal voller, einmal leerer, aber immer voller Lehrer!"

Das unselige starre Festhalten an den Privilegien des Beamtentums führt bereits jetzt, sichtbar, zu einem verhängnisvollen Umweg, sich dieses Problems in Bund, Ländern, Gemeinden durch die Hintertür von Private Public Partnership (PPP), von Anreizen für die Auslagerung staatlicher Aufgaben an die Privatwirtschaft und da insbesondere durch die anschwellende Zunahme der Gründung und Ausweitung von Privatschulen mit staatlicher Anerkennung, auf dem kalten Wege, per Auskehrung des Beamtenwesens selbst im hoheitlichen Bereich, wie Geheimdiensten, zu entledigen.

JP

http://www.wdr.de/tv/presseclub/

Sonntag, den 11.08.2013

Beamtenrepublik Deutschland - können wir uns unsere Staatsdiener noch leisten?

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Geschrieben von

Joachim Petrick

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Joachim Petrick

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