Günter Gaus "Gnade des frühen Lachers!"

Ehrlicher Makler Wüßten wir es nicht besser, könnte die Figur des hanseatisch ehrlichen Maklers, Günter Gaus, um sich u. a. Sicherheit zu garantieren, nur in das Mittelalter passen

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"Die Gnade des frühen Lachers fängt den Wurm!"

Heute, am 23. November 2012, wäre Günter Gaus (1929- 2004) 83 Jahre alt geworden.
Eine gute Gelegenheit Günter Gaus einmal von einer ganz anderen Seite her, mit der Farbe des Lachens auszuleuchten.

Günter Gaus, ein "Gern-das-Gegenteil-Sager", der ehrliche Makler, vom Scheitel bis zur Sohle der wahrhaftige Braunschweiger Hanseat, der sich stets darüber bewußt war, dass er im fremden Land, in fremden Regionen, Zonen, Blöcken des Kalten Krieges, auf "Gedeih & Verderb" im Wege eines "hanseatischen" Konzeptes des Wandels durch Annäherung auf Sicherheitspartner im Sinne von Gegenseitigkeit angewiesen war.

Wüßten wir es nicht besser, könnte die Figur des hanseatisch ehrlichen Maklers Günter Gaus nur in das frühe Mittelalter passen, in dem sich aus allen Teilen Europas, von London, über Bergen, Köln, Nürnberg, Prag, Stralsund, Riga, Tallin, Vilnius, MInsk, Kiew, Nowgorod, Rostock, Wismar, Lübeck, Stockholm, Kopenhagen, Vineta, Hamburg, Lissabon, Neapel, Genua, Venedig, Split, in einer Welt ohne gesicherte Strassen, Reiserouten, voller Wegelagerer zu Lande, Piraten auf den Meeren, Flüssen, durch wildfremde Regionen, Stammesgebiete, ordentliche Kaufleute, ehrliche Makler, abenteuerwillige Schiffseigner, gestandene Meister ihres Handwerks, der Wissenschaft, Theologie zusammengetan, um sich gegenseitig vor Ort und unterwegs verbriefte Sicherheit

"Ein Hanseat, ein Mann, ein zünftiges Wort unter vier Augen"

vor Überfällen, stammesfürstlicher Willkür zu garantieren

Die Überwindung des Kalten Krieges mit seinen Blöcken gegenseitiger Abschreckungspotentiale hatte gerade in den Jahren von 1945- 1990 nach diesen Qualitäten ehrlicher Makler, hüben und drüben, in Parteien, Gewerkschaften, Kirchen, Verbänden, Parlamenten, nach hervorragenden Protagonisten, wie Günter Gaus, mittenmang Literaten, Künstler, Sport- und Show- Stars, wie Udo Lindenberg, Christa Wolf, Günter Grass, Martin Walser, Freimut Duve, Joachim Schädlich, Kurt Masur, Stefan Heym, Heinrich Böll, Alexander Kluge, Monika Maron, Heiner Müller, Erich Loest, Günter de Bruyn, Stephan Hermelin, Hermann Kant, Nina Hagen, Bärbel Bohley, Rainer Fuhrmann, Konrad Weiss, Manfred Stolpe, Joachim Gauck, Marianne Birthler, Christoph Hein, Günter Kuhnert, Sarah Kirsch, , Reiner Kunze, Peter Hacks, Peter Huchel, Daniela Dahn, Wolfgang Ullmann, Friedrich Schorlemmer, Walter Jens, Siegfried Lenz, Wolf Biermann, Alexander Kluge, Jurek Becker, Manfred Krug, Bettina Wegner, Klaus Schlesinger, Jürgen Fuchs, Rudolf Bahro, Volker Braun, Marianne Sägebrecht, Jens Reich, Richard Schröder, Ulrich Plensdorf, Freya Klier, Stephan Krawczyk, Eva und Erwin Strittmatter, Anton Dresen, , Alfred Kurilla, Gerhard Zwerenz, Vera Wollenberger, Thomas Brasch, Klaus Gysi, Walter Janka, Günter Schürer, Jürgen Sparwasser, Franz Beckenbauer, Paul Breitner, u. u. geschrien.

Günter Gaus mag da nach den Wendejahren 1989- 9191 gedacht haben:

"Was hülfe es, wenn wir das Blocksystem im Osten wie Westen auflösen, Mauern schleifen, den Kalten Kriege erfolgreich beenden, wenn alle, gewonnenen Qualitäten an Wissen, an Erfahrungen, Diplomatie, dieses Blocksystem, diesen Kalten Krieg zu überwinden, für das Linsengericht eines flüchtigen Siegergefühls hier, eines Verlierergefühls da, in unserer Einen Welt, brachliegend, zerronnen sind?

Wenn dem so ist, dass diese Qualitäten ehrlicher Makler, ordentlicher Kaufleute, gestandener Handwerker in Politik, Wirtschaft, Finanzen, Kunst, Shows, Sport, Kultur, Musik, Entwicklung, Bildung, Ausbildung, Rechtstaatlichkeit , Handel, Wandel, Verkehr, Regeln der Diplomatie, Religion, Arbeitswelt, global und lokal, unterfinanziert, personell ausgedünnt, gar nicht mehr nachgefragt werden, ist kein Platz mehr für Hanseaten im mittelalterlichen Gründerverständnis, kein Platz mehr für Demokraten., denen, in Rage&Zorn, der Sinn nach

"Mehr Demokratie wagen",

denn nur nach eingeübten Attitüden vormalig demokratischer Gesinnung, zu Gebote steht.

"Dann nehme ich meinen Hut und will kein Hanseat, kein Demokrat mehr sein, der sein demokratisches Bewußtsein nur noch als sonntäglicher Grussaugust zu irgendwelchem Markte im Parzellierten Himmel des demokratischen Nirgendwo trägt, um irgendeinen dahergelaufenen, eingeflogenen "Geßler Hut", untertänigst gewogen, zu huldigen",

mag Günter Gaus laut vor sich hingesonnen haben.

So in etwa lautete dann folgerichtig eine der letzten Botschaften Günter Gaus in seinem letzten Lebensjahr:

"Hanseat, sprich Demokrat, wollte Günter Gaus nicht mehr sein, weil das ehrliche Makeln zwischen Ländern, Staaten, Klassen, Schichten, Gruppeninteressen, Europa und Nationen, Bund und Bundesländern, Bundesländer mit Bundesländern, Religionen, Kirchen, Konfessionen, Gewerkschaften und Verbänden, Berufen, Parteien, in die Depression gestürzt, zu versanden droht, außer für still wahrhaftige Hanseaten, einfach nicht mehr als "modern" angesagt, salonfähig, unterwegs, kommuniziert wird"

Ein Lacher postmortem geht noch!

"Der Lachende Hanseat" und Journalist, der Gute Bote von Reinbek am Sachsenwald bei Hamburg, der noch bessere Hirte und linkskonservative Meinungshüter in der Wochenzeitung der Freitag.
Diese alle und den "Weihnachtsnaschmann" vom Dienst, Günter Gaus, den gab es auch

Das Verkünden seines Urheberrechts auf die Redewendung

"Von der Gnade der späten Geburt"

mag Günter Gaus, augenzwinkernd, ewig, ein

"Innerer SPD- SED Reichsparteitag"

gewesen sein.

Persönlich viel wichtiger war Günter Gaus aber etwas ganz anderes und doch zugleich seelenverwandtes, nämlich sein angestammtes Hoheitsrecht auf die, geistlich kraus gefärbte, Redewendung:

"Von der herbeibefohlenen Gnade des frühen, intellektuell gefärbten, Lachers im Dunstkreis ernsthaft erhabener Mienen "ordenbehangener" Protagonisten des Offiziösen, die den Gruß des Geßler Hutes weisen!"

Schon als Jüngling trieb Günter Gaus, trotz alltäglich lauernder Anfechtungen in seiner Kinder- und Jugendzeit, als

"Gern-das-Gegenteil-Sager"

der dicke Schalck in intelligenter Schwarmgestalt, nicht etwa unerhört, hinter seinen Ohren im Nacken, sondern er gab diesen Schalck als frohe Botschaft vom schwarzen englischen Hanseaten Humor mit seiner eloquent beweglichen Zunge, laut und immer lauterer zum Besten des, offiziell im Dritten Reich versenkten, Zeitgeistes.

"Noch bevor die erste Briten- Bombe, nebenan, in die Braunschweiger Nächte kracht, habe ich mich als Pennäler über die unhaltbaren Verhältnisse hierzulande halb totgelacht"

Selbst da schon, bei der alexandrinisch klugen Redewendung

"Bei Gefahr und Höchster Not, verheißt der Mittelweg den sicheren Tod",

wollte Günter Gaus ausgerechnet auf diesem ausgebombten Mittelweg der jahre 1939- 1945 als "Gern-das-Gegenteil-Sager", als ehrlicher Makler, Brücken heilend, zu Werke gehen, sei es womöglich, dass es durch einen britischen Bombenschlag um ihn geschehen sei, so hätten die Briten nach Günter Gaus, jugendlich, hebephren kaltschnäuziger Devise nur halbe Schuld, denn halb war er, vor Lachen in diesem "lachhaft humorlosen" Völkerschlachten, schon vorher tot.

Christa Wolf erzählte bei Gelegenheit zeitnaher Nachrufe auf Günter Gaus im Jahre 2004 in der Tageszeitung (taz), als lebte er noch, davon, dass Günter Gaus eine diebische Freude daran gehabt habe, sie und ihren Mann nach der Wende 1989/90 zu einem besonderen "Italiener" in Berlin zu führen, der noch heute als Geheimtip gelte, dass ihnen beiden als Paar, angesichts der lukullischen Köstlichkeiten, die für sie, auf Günter Gaus eindringliches Geheiß, aufgetischt wurden, die Augen mit vielen Sternchen leuchtend, übergingen, das Wasser im Munde zusammenlief.

Und jetzt kommt die eigentlich diebische Freude Günter Gaus.

Günter Gaus saß, angesicht all der Köstlichkeiten an der gemeinsamen Tafel, zu denen er das Paar Wolf beim Italiener in Berlin verführt hatte, einfach bestens gelaunt, verschmitzt einladend lächelnd, da und aß mit Genuss, was er immer aß, Nudeln.

"Als Hanseat war Günter Gaus verdorben durch die DDR, meint die ostdeutsche Schriftstellerin Christa Wolf in dem besagten Interview mit der taz am 7. Mai des Jahres 2004.

Diese Deutung der Persons Günter Gaus bzw. des Hanseatenwesens durch Christa Wolf zeigt einmal mehr, wie selbst Freunde/innen Günter Gaus, unversehens, auf den Holzweg, gepflastert und gebrettert mit Stämmen gefällter Irrtümer, geraten können.

Gerade als Ständiger Vertreter der Bundesrepublik Deutschland, im Range eines Kanzleramtsministers in Personalunion eines Botschafters, in der Hauptstadt der DDR, in Ostberlin, hat Günter Gaus, wie nie zuvor und danach, sein Verständnis als Hanseat, als ehrlicher Makler zwischen den Welten, kreativ und einfühlsam, umsichtig, einfallsreich beim Netzwerkaufbau mit seiner Frau Erika und Tochter, Bettina, leben können.
JP


http://www.taz.de/1/archiv/archiv/?dig=2004/05/17/a0176
"Er war der Bundesbürger"

Interview: PATRIK SCHWARZ mit Christa Wolf


https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/warum-ich-kein-demokrat-mehr-bin

21.05.2004 | Günter Gaus
Warum ich kein Demokrat mehr bin

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Geschrieben von

Joachim Petrick

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Joachim Petrick

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