Helmut Kohl, die Haut, die sich traut

Deutungshoheit DER SPIEGEL überlässt Altbundeskanzler Helmut Kohl, bar jeder Selbstkritik, unkommentiert die Deutungshoheit über sein politisches Wirken und Schaffen

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Altbundeskanzler Helmut Kohl zieht als "übermütige" Haut, die sich traut, gegen Parteifreunde, Weggefährten, nah und fern, vom Leder, nur sich selber verschont er, ohne Sinn für Selbstkritik, geschweige denn sein Scheitern als vergeblicher Förderer der Glasnost und Perestroika in der UdSSR, als allzu zart besaitete Mimosen Haut

Altbundeskanzler Helmut Kohl selbst betrachtet in dem Buch von Heribert Schwan und Tilmann Jens

"Vermächtnis. Die Kohl Protokolle",
256 Seiten, Heyne Verlag, seine und die Rolle der Ostdeutschen auf dem Weg zur Deutschen Einheit unambitioniert nüchtern:

"Es ist ganz falsch, so zu tun, als wäre da plötzlich der Heilige Geist über die Plätze in Leipzig gekommen und hat die Welt verändert", sagt Kohl. Die Vorstellung, die Revolutionäre im Osten hätten in erster Linie den Zusammenbruch des Regimes erkämpft, sei dem "Volkshochschulhirn von Thierse" entsprungen: "Gorbatschow ging über die Bücher und musste erkennen, dass er am Arsch des Propheten war und das Regime nicht halten konnte. Und wenn er den Kommunismus erhalten wollte, musste er ihn reformieren, so kam ja die Idee mit der Perestroika."

Von einem Lob auf den Duzfreund Michail Gorbatschow, den letzten Staatspräsidenten der UdSSR, ist, anders als in vielen Interviews, Reden zur Wendezeit 1989- 1991 in diesen Prokollen von Helmut Kohl nur als Fussnote etwas an Hintergrundrauschen zu erahnen:

""Von Gorbatschow bleibt übrig, dass er den Kommunismus abgelöst,hat, zum Teil wider Willen, aber de facto hat er ihn abgelöst. Ohne Gewalt. Ohne Blutvergießen. Sehr viel mehr, was wirklich bleibt fällt mir nicht ein"

Nach einem Lob klingt das so herunter gedimmt nicht wirkich, schon gar nicht nach einem geschichtlichen Verständnis der eigenen Rolle des promovierten Historikers Dr. Helmut Kohl. des eigenen Scheiterns, trotz und wg. der gelungenen Einheit Deutschlands, mit Blick auf die sich 1990 bereits abzeichnende Entwicklung auf dem Balkan und in der Wetl, und schon gar nictht was die Lage in Osteuropa 1990, die eigentlichen Tendenzen, Bestrebungen der Gasnost und Perestroika mit Michail Gorbatschow, dem UdSSR Staatspräsidenten und Generalsekretär der KPdSU an der Spitze anbelangt.

Statt der UdSSR 1991 zu helfen wurde Saddam Hussein von den USA im Irak nach dem Ende des Krieges mit dem Iran 1988 hochversuchuldet außer Kontrolle geraten "Aus Versehen" von der Leine gelassen", um in den ersten bzw. zweiten Golfkrieg 1991 in einer Koalition der Willen von 16 Staaten, Deutschland war als Co- Finanzier mit 12 Milliarden DM beteiligt, zu ziehen.

Dem SPIEGEL, der in seiner Ausgabe 41-18- 2014 vorige Woche mit der Titegeschichte aufwartete

"Helmut Kohl. Die Abrechnung"

merkt zwar bei diesem Punkt an, (S. 20):

"Nun könnte man der Ansicht sein, das die Abwicklung eines ganzen Imperiums keine schlechte Lebensbilanz ist, schon gar nicht in den Augen eines Christdemokraten wie Kohl. der eigentlich immer gegen den Kommunismus gekämpft hatte. Kohl sah die Sache so "Gorbatschow ist gescheitert".

Aber damit lässt es der SPIEGEL- Autor der Titelgeschichte Renè Pfister bewenden, anstatt seiner Chronistenpflicht zu genügen, nun auch einmal Helmut Kohls Haltung zur Glasnost, Perestrioka Michail Gorbatschows und dessen Bestrebungen als Großer Komunikator weltweit atomarer, konventioneller Abrüstung mit dem Ziel der Auflösung der militärisch- industriellen Komplexe der Supermächte in den Blöcken des Kalten Krieges als politische außen- und sicherheitspolitische Bilanz wirklich auf den Prüfstein zu stellen.

Die Tasache, dass Michail Gorbatschow in seinem Streben letztendlich weltweit, auch von Bundeskanzler Helmut Kohl im Regen stehen gleassen wurde, erweist sich heute nach 25 Jahren mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit als ein wesentlicher Grund für das Aufbrechen vieler bewaffneter Konflikte in der Welt, bis hin zu Kriegen, voran in Syrien, der Ukraine, Libyen, im Irak, im Nahen Osten insgesamt, in Afghanistan, Pakistan, in Südsudan, Zentralafrike, Somalia, Mali und das Wiedererstarken von vorhandenen und neu entstehenden militärisch- industriellen Komplexen in der Ukraine, in Saudi- Arabien, Katar, China, Indien, Japan, Brasilien bei ständig exorbitant ansteigenden Wachstumsraten im weltweiten Waffenhandel.

Und nicht nur das, die Bürgerwegung in der DDR wird als gescheiterte "System- Change" Veranstaltung in Helmut Kohls Protokollen zitiert und unkommentiert vorgestellt, ohne dass Renè Pfister die Zielrichtung der DDR- Bürgerwegung mit Runden Tischen in allen Bezirken der DDR richtig stellt, verdeutlicht, dass es dem Neuen Forum als Kern der DDR- Bürgerbwegung nicht um einen Systemwechsel, noch um die Deutsche Einheit zu diesem frühen Zeitpunkt ging, sondern um eine Reform der sozialistischen Zivilgesellschaft in der DDR.
JP
https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/stimme-auf-band
JÜRGEN BUSCHE 10.10.2014 | 06:00 11
Stimme auf Band
Helmut Kohl Das neue Buch über den Altkanzler sorgt für großen medialen Wirbel – und ist doch nichts anderes als ein Racheprotokoll
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/helmut-kohl-augstein-ueber-vermaechtnis-die-kohl-protokolle-a-996187.html
Dokumente des Altkanzlers: In Kohls Kopf
Donnerstag, 09.10.2014 – 13:30 Uhr
Eine Kolumne von Jakob Augstein

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Geschrieben von

Joachim Petrick

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Joachim Petrick

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